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OF ILLINOIS
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l'iiifessor il<T V:i(lifiii,itik in Züiirli
Erster Jahrgang.
Zürich,
In C o ni lu i s s i o n bei S. Höh
1856.
OriicK von Ziiicher und tiiiier in Zr-rich
Inhalt.
Seite
Aiusler, über die mechanische Bestimmung des Fläclien- inhaltes , der statischen Momente und der Trägheits- inomonte ebener Figuren , insbesondere über einen neuen Planimeter . , 41. 101
Cloetta , über das Vorkommen von Inosit, Harnsäure etc.
im thierischen Körper 205
Oamer, die nähern Bestandtheile und die Nahrungsmittel
der Pflanzen 71. 141
I) enzler, welchen speciellen Wcrth von (1 +a+i^i)'' + '^'' gibt die Binomialreihe, welchen die logarithmisclie Reihe für log. (l+a-t-bi), und gegen welche Grenzen hin con-
vergirt der ßinomialcoefficient | '') für y = od ? :\Sii
Escher, Brief von L. v. Buch, im Jahr 1850 an II. Prof. Meer über dessen Abhandlung: »Die Anthrazitpflanzen der Alpen,« in den Mittheil, der Naturf. Gesellschaft"
in Zürich, T. 2. pag. 129 -IXi
Frey und Lebert, Beobachtungen über die gegenwärtig im Mailändischen herrschende Krankheit der Seiden- raupe . der Puppe und des Schmetterlings . 374 llartmann und Mousson, aus einem Expertenberichte
über die Quellen von Pfäfers, Canton St. Gallen . KVi Heer, über die fossilen Insekten von Aix in der Provence i Mousson, über den Löss des St. Galler-Rheinthales 242
Uaabi', Anwendung der imaginären Zahl zur Darstellung des Satzes des Parallelogranmis , wie des Parallelepi-
perlons der Kräfte 223
Sidler, sur unc scrie alwbriijuc ..... 18()
Wolf, Mittheilungen über die Sonnenflecken . 151, 262
Mittheilungen über Sternschnuppen und Feuerkugeln 301
■•r
* 625817
Seite,
II cor. Sclineel'all mit Wüiiikmii . . . . K5
Entdeckung fossiler Pflanzen in Loile .... !)2
Aus einem üriei'e von E. Stiilir •iS.j
Heusser, Notiz über die KrvslaiH'oi lu des Aldelivd-Ainmoniak l!)2
— Xotiz iihei die Kryslalilorm des Pennin I fJö Hofmeister, Ciironik der in der Schweiz hcobachtetcii
\aturerscheinun<ien .... ijö. 200. 2!).j ill) .Moiisson, aus einem Briefe von Ilrii l)r Schläfli aus Katum .
19. Mai 1850 I!)()
Verzeicliniss der von Herrn. Dr. Schläfli einjjekommenen
mahicolo^'ischen Sendung ...... 39.;
.\us dem Briefe eines jungen Zürchers im Dienste der
amerikanischen Freistaaten 399
— und Griiffe, .4uszüg:e aus Briefen des Herrn Dr. Scliliifli
aus Schumla, 22. Juni 1856 . . . .389
Schinz, Eadem immutata resurgo .... 280 Siegfried, literarische Notizen über Bücher, Zeitschriften und Karten, insoweit sie die Natur- und Landeskunde der
Schweiz betrefl"en 88. 198. 279 403.
Wulf, zur Gescirichte der Optik ... 87
— Ergänzungen zu .Mairan's » Liste des apparitioiis de l'Aurore boreale.« ....... I9(>
— J. E. Fischer .199
— der grosse Schweizerische .\tlas und die damit in Ver- bindung stehenden Karten einzelner Kantone . . 274
— Auszüge aus Briefen . . 91. 290
— Ludwig Lavater 294
— Jakob Wiesendanger 295
— Saverien's Würdigung' der Bernoulli .... 295
— .\uszug aus Guggenbühl's »W'yn Rechnung der statt Zürich
Von Ano t421. Jahrs biss ulT disse u'egeiiw artige Ziet « . 407
50Q> r. I
Teljer
die fossilen Insekten von Aix
in der Provence.
Von Dr. Oswald Heer.
Die Geologen und Palaeontologen arbeiten Hand in Hand um die grossen Umbildungen , welche die Erde in ihrem festen Gerüste, wie in ihren organischen Erzeugnissen erfahren hat, auszumitteln und daraus die ewigen Gesetze kennen zu lernen , welche in der Entwicklungsgeschichte der Erde und ihrer Schöpfun- gen sich offenbaren. Wie man die Aufgabe der Pa- laeontologie so zu fassen anfing, musste sie ihre Un- tersuchungen über alle organischen Körper ausdehnen. Wenn auch die Meeresmollusken, mit welchen sie sich früher vorherrschend beschäftigt hat, ihres häu- figen Vorkommens und ihrer guten Erhaltung wegen, immer das wichtigste Mittel zu Feststellung der geo- logischen Horizonte an die Hand geben werden, so dürfen sie doch keineswegs der einzige Massstab blei- ben, nach welchem die Entwicklungszeiten der Erde bemessen werden. Die Landpfianzen und die Land- thiere sind von ebenso grosser Bedeutung , ja in viel- facher Beziehung noch viel wichtiger, da die Lebens- alter der Species bei ihnen kürzer als bei den Mee- resmollusken, da sie ferner allein uns ein Bild von der Physiognomie der Erde in den verschiedenen Weltaltern geben, sie allein auch uns die Entwick- lungsgeschichte der Schöpfung bis in die höher orga-
1
2 Heer, fossile Insekten von Aix.
nisirten Wesen hinauf, verfolgen lassen. Es ist diess von den höhern Thieren anerkannt. Es gilt diess aber auch von der Insektenschöpfung', welche uns in der Jetztwelt in einem so unendlichen Reichthuni von For- men entgeg^entritt. Auch sie ist das Resultat einer unendlich langen Entwicklungszeit, deren Studium für die Erforschung der Erdgeschichte fruchtbringend sein wird. Freilich sind uns von dieser Entwicklungsge- schichte erst wenige 3Iomente zur Kenntniss gekom- men. Es erscheinen die Insekten in der Steinkohlen- formation mit den ersten , daher ältesten Landthieren unserer Erde, als grosse Termiten, Kakerlaken, Heu- schrecken und Sumpflibellen; im Keuper treten die Coleopteren hinzu und schon im Lias entfalten sie sich zu sehr mannigfaltigen Formen, die zum Theil noch von sehr abweichender Bildung sind , zum Theil aber schon die Prototypen der jetzt lebenden Insekten darstellen und ihnen in einzelnen Arten nahe kommen. Aus den Oolithen Englands , dem weissen Jura Nord- bayerns (Solenhofen) und aus dem Wealden haben wir eine nicht unbeträchtliche Zahl von Arten, die uns von der weitern Entwicklung dieses Thiert^'pus wäh- rend der unendlich langen Zeit der jurassischen Bil- dungen einige Kunde geboji. In der Kreide dage- gen fehlt derselbe vollständig. Wir haben natürlich nicht anzunehmen , dass es damals keine Insekten ge- geben habe. Es müssen aber immer ganz besondere Bedingungen da sein, um diese kleinen, zarten Thiere in solcher Art in das Gestein zu legen, dass sie für alle Zeiten ihre Formen behalten. Diese waren in der Kreidezeit entweder nicht da oder, was noch wahr- scheinlicher ist, wir haben die Lokalitäten, wo diess der Fall ist, noch nicht entdeckt. Wir stossen daher
Heer, fossile Insekten von Aix. 3
hier auf eine grosse Lücke in der Entvvicklungsge- sciiiciite der Inseklenschöpfiing-.
Wahrend in den ersten sekundären Formationen die Kakerlaken und Termiten vorlierrschen , dann aher auch die Coleopteren und Rhynchoten zalilreicii er- s/'heinen , die Fliegen aber und liymenopteren noch sehr selten sind, treten im Tertiärland die Insekten in allen Ordnungen, mit Ausnahme der Schmetterlinge (welche erst in der jetzigen Schöplung- ihre reiche Ent- lallung erhalten haben und daher die jüngsten Insek- ten sind) in zahlreichen Arten und Gattungen auf. Die wichtig-sten Lokalitäten für diese tertiären Insekten sind das Bernsteinland, Oeningen, Kadoboj und Aix.
Es sind zwar in neuester Zeit noch an verschie- denen anderen Orten welche gefunden worden, so in Monod ob Rivaz, in den Mergeln von Lausanne und in den Braunkohlen von Grasset im Egerthale in Böh- men ; allein nur vereinzelt oder in sehr fragmentari- schem Zustande. Die mannigfaltigste Insektenfauna besitzt, nächst dem Bernstein, unstreitig Oeningen, wel- ches in neuester Zeit wieder eine Menge der interessan- testen neuen Formen geliefert hat, die uns sehr wichtige Aufschlüsse über vorweltliche Verhältnisse geben. Das Museum des Polytechnikums zu Zürich besitzt gegenwär- tig eineSammlung von 715 Arten (in 1323 Exemplaren) von Oeninger Insekten. Aber auch von Radoboj ist uns eine beträchtliche Zahl von Arten bekannt geworden und keine anderweitige Lokalität hat so viele Indivi- duen geliefert wie diese. Von Aix ist die Zahl der genauer bekannten Arten noch gering. Es rührt diess indessen nur von dem Umstände her, dass die In- sekten dieser Lokalität noch nie einer g4?nauen Un- tersuchung: unterworfen worden sind. Es hat zuerst
4 Heer, fossile Insekten von Ais-
Marcel de Serres auf dieselben aufmerksam gemacht •) und ein Verzeichniss der von ihm g-esammellen Arten g-egeben, in welchem aher nur die Genera bezeichnet sind. Zu selber Zeit (1828) waren die Herren Mur- chison und Lyell in Aix und brachten eine Sammlung von Insekten zusammen, über welche Curtis2) einpn kurzen Bericht gegeben, und von 12 Arten die Ab- bildungen geliefert hat. Es sind diess überhaupt die ersten guten Bilder fossiler Insekten und verdie- nen schon desshalb hier rühmlicher Erwähnung. Cur- tis hat sich damit hegnügt , die Genera zu bezeichnen, zu welchen die abgebildeten Thiere gehören, ohne die Arten festzustellen. Achtzehn Jahre später gab ein anderer englischer Entomolog, W. Hope in Ox- ford 3), ein Namensverzeichniss einer Zahl von In- sekten, die er von Aix erhalten hatte, und fügte die Beschreibungen und Abbildungen von drei Species hinzu; einzelne Arten aber wurden noch von Ger- mar^), Boisduval und Saussure beschrieben, sodass die Zahl der abgebildeten Arten auf 19 anstieg, wel- che ich in meinem Insektenwerk 5) um 11 Arten ver- mehrte, so dass nun die Gesammtzahl 30 Species be-
') Annalcs des sciences natureUes, 182S.
2) Edinburgh new pbilosophical Journal, for Oktober 1829.
3) Observations on the fossiles Insectes of Aix, transactions of the Entomological Society of London, IV. S. 250.
^) Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellschaft , I. S. 52. Boisduval sur une empreinle de Lepidopt^re. Annales de la So- ciete entomolog. de France, IX. S. 371. Saussure in Guerins re- vue et maga/.in de Zoologie IV. 1852, p. 580.
') Die Insektenfauna der Tertiärgebilde von Oeningen und Radoboj , III. Theil im XIII. Bande der Deukschriften der Schweiz, naturforschenden Gesellschaft.
Heer, fossile Insekten von Aix. 5
trägt; immerhin noch eine sehr kleine Zalil, daher jede Bereichenini» hier wilUvomnien sein muss.
Es hat mir Herr R. Murchison in London seine Sammlung- von Aixer-Insekten zum Bestimmen iiber- sandt, welche mir um so erwünschter war, da sie die Mehrzahl der von Curtis darg-estoilten Stücke enthielt. Ferner lihergab mir Herr R. Blanchet in Lausanne eine Reihe von Arten, weiche er in seinem Museum aufbewahrt, wozu noch eine Sammlung- kömmt, wel- che ich vor 5 Jahren, bei meiner Anwesenheit in Aix, erworben hatte. Diese drei Sammlung-en haben mir die ftLnterialien zu der vorliegenden kleinen Arbeit g-eliel'ert, welcher ich einige Bemerkungen über die Fundstelle dieser Thiere voraussenden will.
Aix ist eine ziemlich ansehnliche Stadt , welche an der frühern Strasse von Marseille nach Avignon liegt, jetzt aber durch die Eisenbahn von dieser gros- sen Verkehrslinie abgeschnitten ist. Von der weiten, vom Flüsschen Are durchzog^enen Thalmulde, in wel- cher die Stadt sich ausbreitet, erheben sich beiderseits niedrige Hügelketten, welche aus tertiärem Kalk und Mergeln bestehen, die grossentheils als Süsswasser- bildungen sich erwiesen haben. Nur in der Nähe der Stadt lieg^t über diesen eine Schicht marinen Sandes, welcher grosse Austern uiuschliesst. Diese marine Bildung- gehört, mit der von Marseiile und 31ontpellier '), mit der marinen Molassc der Schweiz zusammen. Es
^) iMan sehe Paul Gervais de RouviUc descriplion geologique, des environs de Monlpellier, 1853, pag. 180, das lableaii. Es finden sich in dieser marinen Bildung, dieOstrea longiroslris, Turrilella tercbralis, Cardium ciliare, C. echinatum, Pecten scabrellus, P. Beudanli , Oxyrliina Desori, 0. Iiaslalis, die auch in unserer marinen Melasse vorkommen. Man sehe auch S luder, Geologie der Schweiz, S. 457.
5 Heer, fossile Insekten von Aix.
stand damals wohl das Meer, welches das weite Thal- hecken zwischen dem Jura und unsern Alpen ausfüllte, durch das Rhonelhal mit dem Mittelmeer in Verhin- 6ung. Da der Süsswasserkalk unter dem marinen Sande liegt, so muss er älter sein. In diesem Süss- wasserkalk lieg^en reiche Gypslag^er, welche schon seit langer Zeit ausg-ebeutct werden. Steigt man von Aix etwa eine Stunde lang an dem nördlich gelegenen Hügel in die Höhe, so gelangt man zu diesen (iyps- brüchen, von welchen aus man eine schöne Aussicht über eine weite , sehr wohl kultivirte Landschaft ge- niesst. Es gehen an mehreren Stellen durch das weisse Kalkgestein Stollen in die Erde, die aber schon nach wenigen Klaftern diess Gypslager erreichen und hier horizontal verlaufen. Es sind diese Stollen ganz tro- cken und von angenehmer Temperatur. Die Stollen sind durch die etwa IV2 Meter machtige Gypsschicht getrieben. An ihrer Sohle liegt ein fester Kalk, in welchem einzelne schöne Insekten, namentlich Bibio- nen , ferner einzelne Aestchen der Callitris Brongniarti Ung. und hier nnd da Fische gefunden werden. Das Dach des Gypslagers wird von einem weissgrauen, äusserst feinkörnigen Kalkmergel, von etwa V2 Fhss Mächtigkeit, gebildet, welcher in eine Menge ganz dünner Blätter zerfällt, ähnlich der Insektenschicht des untern Bruches von Oeningen. Von diesen Blättern enthalten die mittleren die schönsten Insekten. Würde man diese Mergel in gleicher Weise, wie die der Oenin- ger Insektenschicht im Winter ins Wasser legen und dann dem Frost aussetzen, würde er wahrscheinlich ebenfalls in die einzelnen dünnen Blätter zerlegt wer- den können und so eine Menge Insekten liefern, die jetzt verloren gehen. Jetzt werden nur diejenigen
Heer, fossile Insekten von Aix. 7
von den Arbeitern aufgehoben, welche zufällig- zum Vorschein kommen , ohne dass sorgfaltig nach den- selben gesucht wird, wie diess in Oeningen der Fall ist. Die meisten finden sich in diesem feinblattrigen Gestein, wo auch einzelne Blätter einer Facherpalme (Sabal Lamanonis Brongn. spec.) zum Vorschein kom- men, wahrend die Callilris nur in dem Kalke der »Sohle sich finden soll. Unter diesem Gypslager folgen wei- ter Mergel und Kalk und etwa 30 — 40 Fuss tiefer unten ein neues Gypslager, unter welchem wieder Mergel und noch tiefer ein drittes Gypslager sich fin- den, auf das weitere Kalkgebilde folgen. Dieses ganze System von SUsswasserbildung hat daher, wie Mur- chison in seiner Abhandlung über Aix gezeigt hat, eine bedeutende Mächtigkeit. Alle Insekten sind aber aus dem obersten Gypslager. Die Lage dieser Insek- ten führenden Kalkmergel unter der marinen Bildung lässt vermuthen, dass dieselben unserer untern Süss- wassermolasse entsprechen und somit den untern La- gen der miocenen Formation angehören. Diese Ver- muthung wird durch die Blätter- wie Insekteneinschlüsse bestätigt. Zwar sind bis jetzt erst wenige Pflanzen von Aix bekannt geworden, diese aber stimmen fast durch- gehends mit solchen überein , die wir in unserer untern Süsswassermolasse haben, näinlich die Sabalpalme , eine Zimmtart (Cinnauiomum lanceolatum), Podocarpus eocenica Ung. und Pinus hepios Ung. , wozu noch die Callilris Brongniarti kommt, eine Cypresse, die zwar in unserer Schweizerflora noch nicht gefunden wurde, aber in Oesterreich in der untern miocenen- Formation (in Badoboj , Häring und Sagor) eine grosse Verbreitung hatte. Von den GO Inseklenarten, wel- che die oben erwähnten drei Sammlungen von Aix
Q ilecr, fossile Inscklen von Aii.
enllialten, sind vier Arien inOeningen, neun aber auch in üadoboj «»efunden worden ; also über doppelt so viel an letzter Lokalität, obwol Oening-en viel naher bei Ai.\ lieot und überdiess seine viel reichere Fauna auch mehr VerjJileichungspunkte darbietet. Mit Radoboj gemeinsam hat Aix : Aphrophora spumifera, Prolo- myia Huckiandi, Pr. lygaeoides, ßibio morio, Myce- tophila Meigoana, Formica capito, F. minutula und F. oculata; mit Oeningen : Bibio moestus, B. fusiformis, Pseudophana amatoria und Cassida Blancheti. Die ge- meinsamen Arten linden sich also vorzüglich unter den Fliegen und Ameisen, welche auch in der jetzigen Schöpfung eine sehr grosse Verbreitung haben. So gering daher auch die Zahl der genauer bekannten Aixer-Insekten ist, zeigt sie uns doch, dass diese In- sektenfauna derjenigen von Radoboj näher stehe, als der von Oeningen. Es spricht sich diess auch dadurch aus, dass mehrere von den Aix eigenthümlichen Arten, solchen von Radoboj nahe verwandt sind, so die Limnobia Murchisoni der L. formosa, die Myceto- phila pallipes der M. amoena, die Mycetophila morio der M. nigrilella. Es dürfen daher die Mergel von Aix und Radoboj unbedenklich als gleichzeitige Bil- dungen betrachtet werden. Leider ist aber von die- sen beiden Lokalitäten die geologische Stellung noch nicht sicher ausgemittelt. Unger (fossile Flora von Sotzka S. 12) hiilt Radoboj für etwas jünger als Sotzka und rechnet das letztere zum Eocenen. Vergleichen wir indessen die Flora dieser beiden Lokalitaten mit derjenigen unserer untern Süsswassermolasse, so wer- den wir eine grosse Uebereinstimmung finden ; 52 Ar- ten von Sotzka und 50 Arten von Radoboj besitzt auch unsere Schweizerflora , daher Sotzka sowol wie Ra-
Heer, fossile liisckleii von Aix. 9
doboj mit den ältesten Gliedern unserer Molasse zu- sammengebracht werden dlirfen und nach meinem Da- fürhalten zur untern miocenen-Formation gerechnet werden müssen. Sie sind Glieder einer Flora, welche wahrscheinlich einst über einen grossen Theil von Europa verbreitet war, das freilich damals eine ganz andere Gestalt gehabt haben nuiss , als g-egenwartig'. Da Aix mit Kadoboj übereinkonmit, mnss auch diese Lokalitat zur selben Formation gehören und ist daher mit unserer untern Süsswassermolasse zusannnen zu- stellen, womit die Annahme von d'Orbigny sliunnt, welcher die Gypse von Aix zu seinem Falunien bringt. P. Gervais de Rouville ') dagegen parallelisirt die Gypse von Aix mit denjenigen von Montmartre, oder dem oberen Parisien, halt sie also für Eocen und bezeich- net sie, nebst den untern Süsswasserbildungen von Montpellier mit dem Namen: Sestien. Seine Angabe gründet sich auf das Vorkommen eines Zahnes von Palaeolherium medium Cuv. und von Xyphodon gely- ense Gerv. bei Montpellier. Letztere Art bietet in- dessen keine Vergleichuniispunkte dar, und auch der Zahn des Palaeotherium dürfte nicht entscheidend sein, da diese Gattung auch in unserer Molasse (P. Schin- zii. Meyer) vorkommt, üeberdiess kann sich noch fragen , ob die Gebilde , welche bei Montpellier diesen Zahn umschlossen, nicht alter sind als die Gypse von Aix , wie wir dann ferner nicht zu übersehen haben , dass die Insekten von Aix in dem obersten , also
*) Geologie de Montpellier, pajj. 173. Erhält sie gleichzeitig rail Mauremont, Cnnton Waadl. Die Siisswasserinolassc von Lau- sanne lind die Lisnile von Vovay stellt er aher irrlliüinlich mit dieser Lokalität zusammen, Avclcbe zum oberen Parisien gehört.
10 Heer, fossile Insekten von Aix.
jüngsten Gliede der mächtigen Süssvvasserbildungen dieser Gegend sich finden.
Kehren wir zu unsern Insekten zurück, werden wir den grossen Reichthum an niückenartigen Fliegen (ßibionen und Pilzniücken) hervorzuheben haben, wo- rin Aix mit Oeningen , Radoboj und den Bonnerkohien übereinstimmt, so dass das Dominiren dieses Insekten- typus und das starke Hervortreten von Protomyia, einer eigenthümlichen Gattung aus der Gruppe der Blumennlücken, das ganze Tertiärland charakterisirt. Seltener sind in Aix die Ameisen , welche in Radoboj die Hauptmasse der dortigen Insekten ausmachen und auch in Oeningen häufig sind; doch fehlen auch in Aix die Blattläuse nicht, welche zu diesen Ameisen in so nahen Beziehungen stehen. Am auffallendsten ist, dass in Aix noch keine grösseren Bupresten ge- funden wurden. Sie können hier jedenfalls nicht die- selbe Rolle gespielt haben wie in Oeningen, wo sie in zahlreichen Formen erscheinen und die Hauptmasse der Holzkäfer daselbst bilden. Da die Bupresten schon mit dem Keuper beginnen, im Lias die Mehrzahl der Coleopteren ausmachen, ebenso im Oolith und Wealden ein sehr wesentliches Glied der Insektenfauua bilden, und im Tertiärlande nicht nur in Oeningen häufig sind, sondern auch in den Bonnerkohlen, in Rivaz, wie auch in Radoboj und Salcedo in Oberitalien gefunden wurden , kommt ihnen eine grosse geologische Be- deutung zu. Es müssen daher wohl ganz besondere Verhältnisse daran Schuld sein, dass sie in Aix feh- len, oder doch noch nicht gefunden wurden. Dagegen sind die Phytophagen und die Rüsselkäfer zum Theil in denselben Gattungen vertreten wie in Oeningen und auch hier sind unter den letztern die vorherrschend
Heer, fossile Insekten von Aix. 11
am Ufer lebenden Cleonen, welche sich besonders benierküch machen.
Die Schmetterlinge sind auch in Aix sehr selten, doch ist ein prächtiger Tagschmetterling (Cyllo se- piilta) von Boisduval abgebildet worden , an welchem sogar noch die Farben der Flügel erhalten waren. Mir sind nur zwei Nachtschmcttcrlinge bekannt ge- worden und auch diese in sehr fragmentarischem Zu- stande. Dagegen haben wir zwei Schlupfwespenarten, welche ihre Eier wahrscheinlich in Raupen gelegt haben.
Sehen wir noch nach inwiefern diese Insekten uns einen Einblick in das Aussehen des tertiären Aix gestatten , werden wir denselben etwa Folgendes ent- nehmen können: Die Libellenlarven und Wasserkäfer (Hydrobius obsoletus), wie die Fische und Mollusken (Melania scalaris Sow., Lymnaeus, Planorbis, Unio, Cyclas und Neritina) lassen nicht zweifeln, dass die Kalkmergel von Aix eine Süsswasserbildung seien. Wahrscheinlich war hier ein Seebecken, in welchem diese Thiere gelebt haben. Das Ufer des Sees war wohl zum Theil morastig und hier dürften die Grä- ser (Poacites Schimperi H.) und die Sabalpalmen (Sabal Lamanonis) gestanden, hier am Ufer des Sees, nach Analogie der lebenden Arten, auch die kleinen Bembidien, Xantholinen , Philonthen, Lithocharis, Ste- nus und die CIconen gelebt haben. Die meisten In- sekten weisen indessen auf feuchte Waldgriinde hin; hier ist der Tummelplatz der Limnobien , der Xylophagen und der so zahlreichen Bibionen, deren Larven im faulen Holze und in feuchter , fetter Walderde leben ; hier auch der Aufenthalt der Pilzmücken , deren Larven von Fleischpilzen sich nähren, welche also in diesem
{2 Heer, fossile Insekten von Aix.
tertiären Walde von Aix nicht gefehlt haben können, da drei Arten von Mycetophila von da auf uns ge- kommen sind. Auch die Corticaria melanophthahna hat wahrscheinlich in solchen Pilzen gelebt. Unter den Rinden der Bäume aber wohnte der Hylesinus fa- cilis, ohne Zweifel auch die Hylurgen , Bostrichen, Scolyten und Apate-Arten, welche Hope in seinem Verzeichnisse erwähnt. Der Pachymerus Murchisonii und P. Bojeri gehören in die Gruppe des Pachymerus Pini F. welcher in Nadelholzwäldern lebt, und dürfen daher mit dem Pinus hepios Vng. in Beziehung gebracht werden, welche langnadlige Föhre wohl mit der Cy- presse (Callitris Brongniarti) an der Bewaldung der Hügelketten Theil nahm. Dass indessen auch Weiden oder Pappeln sich vorfanden, dürften der Bythoscopus muscarius und die Aphrophora spumifera anzeigen, de- ren analoge lebende Arten besonders auf den Blättern und Zweigen dieser Bäume sich umherlreiben, die Pseudophana amatoria aber lässt eine Eichenart er- warten. Auch krautartige Pflanzen können indessen nicht gefehlt haben; derHeterogasterantiquus entspricht deiii jetzt auf Nesseln lebenden H. urticae F. und der zierliche Pachymerus pulchellus dem P. pictus Seh., welcher oft massenhaft auf Nesseln erscheint; die Cassida Blancheti setzt Synantheren voraus und die Thrips antiqua und Ililarites bellus deuten auf blumen- reiche Waldgründe hin. Wir haben uns daher das tertiäre Aix wohl als eine Landschaft zu denken , in welcher ein See von einem morastigen mit Sabalpalmen besetzten Ufer umgeben war ; der nahe Wald war gebil- det von Zimmtbäumen, Eichen und Podocarpen, an den trocknen Stellen wohl von Föhren und Cypres- sen und unterbrochen von Wiesengründen. Um die
Heer, fossile Insekten von Aix. 13
Palmen des Sumpfes (laltertcn l)unt<refleckte Schmet- terlinge'), im Walde drin aber lebten ganze Ileerden von Blmnenmücken, lebten die zahlreichen Pilzmücken, Pachymeren und Holzkäfer , während zierliche Laui- käferchen , Slaphylinen und Cleonen am Ufer des Sees sich herumtrieben. Dürre und sandige Lokalitäten, wie sie jetzt in der Provence so häufig sind , schei- nen nicht da gewesen zu sein, daher denn auch die Insekten zu fehlen scheinen, welche soJche bewohnen; so die Melanosomata, welche jetzt im südlichen Frank- reich und Spanien so häufig sind. Da die Fische zum Theil in eigenthümlich zusammengekrümmter Lage vor- kommen, dürften zeitenweise alle organischen Wesen des Sees, oder bestimmter Stellen des Sees, plötzlich getödtet worden sein; vielleicht durch Entwicklung giftiger Gase, welche auch den über das Wasser fliegenden Insecten den Tod brachten , und so die An- häufung dieser Thiercben im Kalkmergel erklären dürften.
Die Mehrzahl der Insekten von Aix zeigt den mit- telmeerischen Charakter, daneben aber kommen ein- zelne Typen vor, die diesem Ländergebiete gänzlich fremd sind. Die Gattung Hipporhinus findet sich gegen- wärtig nur am Cap und in Neuholland , Cyllo nur im indischen Archipelagus und die Lithocharis varicolor entspricht einer nordamerikanischen Art.
') Die Cyllo sepulta von Aix ist nach Boisduval der C. Roh- ria zunächst verwandt, welche nach Blume auf den Sundainseln um die Palmen flattert, von welchen sie vielleicht als Larve lebt.
14 Heer, fossile Insekten vuii Aix.
Beschreibung der Arten. 1. Coleoptera.
1. Bembidium infenium ni. Taf. I. F'ig^. 1.
B. pronoto obcordato , elytris obsolete slriatis ; pedibus nigris.^ tibiis pallidis.
Ganze Lunge ly4 Linie ; Läng-e der Flügeldecken l Lin., Breite beider Y^ Lin. (Mus. Blancbet.)
Ein kleines Thicrchen, welches wahrscheinlich zur Gruppe Peryphus in der Gallung Bcnihirlium gehört; doch ist es zur genauem Vergleichung zu stark zusammengedrückt.
Kopf gross, mit einem deuthchen Fühler. Es sind 9 Glie- der erhalten; leider fehlen die zwei ersten; das drille ist cy- lindrisch , wahrscheinlich nicht in der ganzen Länge erhalten ; die folgenden sind alle unter sich fast gleich , das letzte oval. Der Vorderrücken ist am Grunde eingezogen und scheint recht- winklige Hinterecken zu haben. Die Flügeldecken sind oval, stark zusammengedrückt und die Streifung grossenlheils ver- wischt. Die Flügeldecken, Fühler und Schenkel sind dunkel- farben , die Vorderschiene dagegen hellfarben.
2. Stenus prodromus m. Taf. L Fig. 3.
St. niger , confertissime punclulatus, elytris pro- noti longitudine.
Ganze Länge 2 Vi L. ; Breite des Vorderrückens V» L.; Länge der Flügeldecken V: L., Breite der ein- zelnen V4 L.; Länge des Hinterleibes P/s L. ; Breite 3/8 L. (Z. ü. S.)
Hat die Grösse , Farbe und Punclalur des Stenus buphthal- mus Grav. Der Kopf ist nicht ganz erhalten; die Augen sind an der Seite grossenlheils zerstört; auch der Vorderrücken ist in seiner Form nicht genau zu bestimmen ; er scheint am Grund und Vorderseile wenig eingezogen zu sein und weicht dadurch
Heer, fossile Insekten von Aix. 15
von Stenus ab. Die Oberseite ist solir dicht und fein punktirt. Die Flügeldecken sind breiter als dtu" ^'orderru(•ken , aber von derselben Länge; sie sind hinten gerade gestutzt und sehr fein und dicht punktirt. und ebenso auch der Hucken des Hinter- leibes. Dieser ist lang, etwas gebogen und spitzwärls aihnälig etwas verscluTiälert.
3. Lithocharis varicolor m. Taf. I, Flg. 2.
L. hrevis, subdepressa, capile rotuiidalo , pronoto paiilo latioi'e; hoc siibquadrangulo , elyti'is truncalis; pallidus, capite, elylrorum basi , abdominis segmenlis penultiaiis nigro-fuscis.
Ganze Läng-e S'A Lin.; Länge des Kopfes yj L. ; Breite fast V4 L. ; Läng-e des Vorderrückens V^ L.; Breite V2 L. ; Flügeldeciven V2L. lang-; Hinterleib IV4 L. lang. (M. Murch.)
Hat die Tracht eines Rugilus , allein der Vorderriicken ist vorn nicht zusammengezogen. Er hat dieselbe Form , wie bei Lithocharis . wie denn auch die übrigen Verhältnisse für diese Gattung sprechen. Es kann dafür auch die eigenthümliche Färbung angeführt werden , welche ganz in dieser Weise bei Lithocharis vorkommt. Allerdings gibt es keine europäischen Arten von solcher Grösse , wohl aber mehrere amerikanische, von denen die Lithocharis corticina Grav. (Paederus) Erichs. Staphyl. IL S. 619, aus dem nördlichen Amerika unserer Art am nächsten stehen dürfte. Hat auch einen kürzeren , fla- chen Körper und ähnliche Färbung.
Der Kopf ist fast kreisrund ; die Augen sind klein. Auf der Stirn scheint eine erhabene Leiste zu sein. Die Fühler sehr undeutlich , doch sieht man einzelne runde Glieder. Der Vor- derrücken hat in gerader Richtung verlaufende Seiten ; Vorder- und Hinterecken sind zugerundet ; er ist weder vorn noch am Grunde verschmälert. Die Oberseite ist flach und hat eine schwache Längsfurclie , die jederseits von einer schwachen Kante eingefasst ist. Es ist derselbe etwas schmäler als der
16 Heer, fossile Insekten von Aix.
Kopf. Innerhalb des Randes bemerkt man ringsum eine ein- gedruckte Linie.
Die Flügeldocken sind kurz ; sie sind nicht länger als der Kopf und auch kaum breiter ; hinten sind sie gerade gestutzt ; auf der Oberseile flach. Der Hinterleib ist ziemlich kurz, bat l»;ir;illele Seiten und ist hinlen stumpf zugerundet. Die Seilen sind mit einem deutlichen Rande versehen. Es sind alle 7 Seg- mente zu erkennen.
Das Thierchen ist hellfarben, der Kopf, der Grund der Flügeldecken und das vierte und fünfte Hinterleibssegment sind schwarzbraun.
4. Xantholinus West woodianus m. Taf. I.
Fig. 6.
X. pallidiis, pronoto obcordato, margine im- presso.
Ganze Länge S^/s Li'i- (M. Murcli.)
* Curtis in Edinburgh new philos. Journ. ofOctober 1829, t. VI, fig. 1.
Curtis rechnete dieses Thierchen zu Lathrobium, allein bei den Arten dieser Gattung ist der Vorderrücken am Grunde nicht zusammengezogen , wohl aber ist diess bei Xantholinus der Fall, welche Gattung Arten von ähnlicher Tracht einschliesst. Es hat die fossile Art die Grösse des Xantholinus tricolor F. (Staphylinus), weicht aber durch den tiefen Eindruck am Rande des Vorderrückens von allen lebenden Arten ab.
Der Kopf ist gross , aber seiner seitlichen Lage wegen in seiner Form nicht zu bestimmen. Er hat ein ziemlich grosses, ovales Auge und eine hervorstehende Oberkiefer. Vom Fühler ist nur ein Stück erhalten ; das erste Glied ist das längste und cy- lindrisch , die drei folgenden sind sehr kurz und rund. Der Vorderrücken ist nach vorn stark erweitert, daher wohl ver- kehrt herzförmig. Sein Rand ist von einem tiefen Eindruck eingefasst, welcher Eindruck nicht von dem umgebogenen Rande herrühren kann , da er auch nach dem Rücken zuläuft. Die Flügeldecken sind von selber Länge und liinten gerade gestutzt. Die Beine haben lange Hüften , ziemlich starke Sehen-
Heer, fossile Insekten von Aix. 17
kel, aber kurze Schienen. Der Hinterleib ist lang und schmal und ehvas gebogen. Am letzten Segment erkennt man zwei Styli, welche zur Seite der Spitze stehen.
Das ganze niedliche Thierchen ist hellfarben.
5. Philonthus Bojeri m. Taf. 1. Fi«'. 4.
P. linearis, capite ovali, pronoto subquadrato, ab- domine lanceolato, fusco-nigro.
Ganze Länge 3V2 Lin. (M. Miircli.)
Ein kleines , wenig deutliches Thierchen , von der Grösse des Philonthus varians , doch zur Lienauern V'ergleichung zu un- vollständig erhalten. Der Kopf ist oval, hat kleine schwarze Augen. Der Vorderrücken vorn und am Grunde gestutzt; er scheint viereckig gewesen zu sein. Die Flügeldecken sind kaum langer als der \ orderrücken , aber so stark zerdrückt, dass ihre Form nicht zu bestimmen. Der Flügel reicht fast bis zur Hin- lerleibsspitze und es ist die Schulterader zu erkennen. Der Hinterleib ist lanzettlich und undeutlich gegliedert. Er ist braun- schwarz.
6. Philonthus Mal^celll ni. Taf. I. Fig. 5. P.pronolo lateribus rolundato, coleopteris qiiadratis,
abdomine conico, pallido, segmento penultinio nigri- cante.
Ganze Länge 33/4 Lin. (M. Miu'ch.)
Ist von der vorigen Art leicht zu unterscheiden. Ist niim- licli kürzer und breiter und die Seiten des Vorderrückens ge- rundet.
Der Kopf ist , wie das ganze Thierchen , stark zerdrückt , er ist ziemlich gross , vorstehend , mit kleinen Augen. Die Ober- kiefern stark und vorstehend. Der Vorderrücken an den Sei- ten gerundet. Flügeldecken viereckig , kaum länger als der Vor- derrücken. Die Hinterbeine allein erhalten. Die Schenkel rei- chen wenig über den Leibrand hinaus und haben dünne Schie-
18 Heer, fossile Insekten von Aix.
nen. Der Hinlerleib ist kegelfürmig , die sieben Segmente deut- lich abgesetzt ; die zwei kleinen Slyli zu sehen.
7. Hydrobius obsoletus ni Taf. I. Fig-. 19.
H. subhemiphaericus, pronoto basi triincalo, sterno mag^iio, abdoinine breviusculo.
Ganze Länge 3</2Lin., Länge des Vorderrückens 1 Lin., Länge der Flügeldecken V/^ Lin. , Breite am Grunde SVs Lin. (3L Murch.)
Ist etwas grösser als H. fuscipes L. und viel mehr gerun- det; er hat mehr die Gestalt des Cyclonotum orbiculare, ist aber viel grösser. Er liegt von der Bauchseite vor, daher die Sculptur der Oberseite nicht zu ermitteln ist. und da auch die Unterseite sehr zerdrückt, ist die Bestimmung dieses Thier- chens schwierig und noch nicht sicher gestellt.
Der Kopf ist stark zerdruckt und der Vorderrand ist gros- sentheils zerstört. Der VorderrUcken ist nach hinten allmählig erweitert; die Seiten beschreiben Bogenlinien. Die Brust ist lang, daher die Hinterbeine weit hinten inserirt ; sie haben starke Schenkel , welche etwas über den Leibrand hinausragen, und dünne Schienen, mit einem Längsstreifen ; der tarsus, der für die Bestimmung so entscheidend wäre , ist leider nicht er- halten. Die Flügeldecken sind vom Grunde aus breiter als der Vorderrücken und erweitern sich noch ein wenig, runden sich dann aber nach hinten zu. Auf der linken Seite ist indessen der Rand nur theilweise erhalten; auf der rechten sieht man den umgelitzten Rand. Längs der Naht war ein Streif. Der Hinterleib ist kurz und stumpf zugerundet.
8. Corticaria melanophthalma m. Taf. L Fig. 7.
C. pallida oculis nigris, pronoto basi constricto, medio carinato, basi transversim impresso, elytris le- viter striatis, striis subtilissime punctulatis.
Heer, fossile Insekten von Aix. 19
Ganze Lansfe \'-% Liii., Länge des Vorderrückens Vs Lin., der Flügeldecken V4 Lin. (M. Blanchet.)
Ein zierliches, wohl erhaltenes Thierchen. Der Kopf kurz und breit, hellfarbif>: , wie das ganze Thierchen ; die Augen da- gegen ganz schwarz. Der Halsschild Vs Lin. lang, mit schar- fen , rechtwinkligen Hinlerecken und gerundeten Vorderecken ; am Grunde verschmälert; oherlialb der Mitte am breitesten. Er ist breiter als lang, mit einem Längseindruck und am Grunde längs des Randes mit einem Quereindruck. Die Flügeldecken sind am Grunde viel breiter als die Basis des Halsschildes ; sie sind von der Länge des Hinterleibes; die Seiten ziemlich ge- rade verlaufend , hinten sich stumpf zurundend. Die Streifen sehr fein und die Punklatur nur'bei starker VergrÖsserung wahr- zunehmen. Hinlerleib mit erstem langem und drei folgenden sehr kurzen Segmenten ; das letzte wieder länger.
Hat die Tracht von Lathridius und Corticaria , und muss wegen des Halsschildes , welcher keinen abgesetzten , erhabe- nen Rand besitzt, zu der letzteren Gattung gebracht werden, in welcher sie zur Gruppe der mit einfachem (nicht gekerbtem) Ilalsschildrand versehenen Arten gehört.
9. Sitona margaruni Germar, Zeltschrifl der deutsch, geolog. Gesellsch. I. S. 62.
Ciirtis PI. VI. 2. Der Hucken der Flügeldecken ist zu flach gezeichnet.
ALx in Provence. Vier Exemplare in der Samm- lung des Hrn. Murchison.
Ist variabel in Grosse, ein Exemplar ist nur .^'/s Lin. lang, ein anderes dagegen sogar 4V2 Lin. , ohne dass anderweitige ge- nügende Unterschiede zur Trennung in mehrere Arten vorliegen. Der kurze, dicke Rüssel hat eine sehr deutliche Längslinie; der Vorderrücken ist fein und unregehnässig runzlicht. Die Flügel- decken sind mit sehr deutlichen Punktstreifen vorsehen, die nach hinten allmählig schwächer werden.
20 Heer, fossile Insekten von Aix.
10. Cleoniis Leucosiae Heer. Inseklenfauna der Tertiärgebilde von Oeningen ii.Rabohoj. I. S. 188. Taf. 7. Flg. 8.
Ein sehr schönes Stück in seitlicher Lage im Z. M., eines von der Oberseite in Murchis. Samnihing.
Hat ganz die Grösse von Ilipporhinus Heerii Germ., allein der Rüssel ist am Grunde niclit eingeschnürt und der Yorder- rücken und noch mehr die Flügeldecken sind viel weniger stark geMülbt; die Flügeldecken sind daher schmäler, die Sei- ten fast parallel.
11. Cleonus asper ulus m. Taf. I. Fig. 15.
Cl. parvulus , pronoto confertim punctafo , elytris profunde punctato-striatis, asperulis. (M. Blanch.)
Ganze Länge 4 Lin., Länge des Rüssels mit Kopf 3/4 Lin., des Vorderrückens 3/4 Lin., der Flügeldecken 2'/3 Lin.
Aehnelt der Sitona margarum Germ, und hat dieselbe Grösse, allein der Rüssel ist dünner, die Oberseite flacher, und der Vorderrücken runzlicht punktirt.
Der Rüssel ist drehrund , am Grunde nur scheinbar , in Folge Bedeckung, eingeschnürt. Der Schaft des Fühlers gehl über denselben weg. Der Vorderrücken ist walzenförmig, die Oberseite scheint eingedrückt ; wohl aber nur, weil dort Stein- substanz die wahre Grenzlinie deckt. Die Flügeldecken sind sehr deutlich punktirt gestreift. Die Punkte sind an der Rücken- seite viel tiefer , werden nach dem Rande zu seichter. Der Aus- lauf und die Verbindung der Streifen an der Deckenspitze sind wie bei Cleonus (cf. meine Terliärinsckten I. Taf. \IU. Fig. 20).
12. Cleonus sex-sulcatus m. Taf. L Fig. 9.
C. parvulus, pronoto sex-sulcato, elytris sub- tiliter punctato-slrialis.
Heer, fossile Insekten von Aix. 21
Ein Exemplar 3 Lin. lang , die zwei anderen SVg Lin. in der gekrümmten Lage, bei ausgestrecktem Rüs- sel würde die Länge etwas über 4 Lin. betragen.
Ausgezeichnet durch die 6 tiefen Längsfurchen an der Seite (los Vorderrückens. Kopf und Rüssel sind hei den grosseren Exemplaren 1 Lin. lang ; der Vorderrücken Vs Lin., die Flügel- decken 2V2 Lin.
Der Rüssel (vergrössert Fig. 9. h.) ist ziemlich dünn und mit sehr tiefen Llingsrinnen versehen. Es läuft eine solche vom Auge zum Mund, welche von Leisten eingefasst ist, in der Miltc derselhen ist eine hervorstehende Leiste, welche aber nicht his vorn reicht. Der Vorderrücken ist kurz , oben schwach gewölbt , jederseits mit 6 Furchen , zwischen welchen scharfe Kanten ; die Flügeldecken sind schwach gewölbt und mit 9 zar- ten Streifen versehen, welche mit feinen Punkten besetzt sind. Die Beine sind kurz und stark.
Das kleine Exemplar ist wahrscheinlich das Männchen, die grossen die Weibchen.
13. Hipporhinus Heerii Germ. Taf. L Fig. 11. Germar Zeitschrift der deutschen geolog. Gesell- schaft. 1. S. (i2. Taf. II. Fig. 6.
Ganze Länge in der gekrümmten Lage 6 Lin. Der Kopf V/\ Lin. lang, davon gehen auf den Rüssel 78 Lin. Der Yorderrücken V/^ Lin. lang, und vorn l'/2 Lin. breit. Flügeldecken 4 Lin. lang und V/s Lln- breit.
Ein ausgezeichnet schönes Exemplar in der Samm- lung des Herrn Blanchel; ein zweites im Zürcher Museum.
Ausgezeichnet durch den dicken, am Grunde stark einge- schnürten Rüssel. Zu Germars ausführlicher Beschreibung habe nur Fole-cndes beizufügen :
22 Heer, fossile Insekten von Aix.
Der Schaft der Fühler reicht bis zum Auge ; von der Gei- sel sind die ersten Glieder verwischt, daijegen ist das Kolb- chen wenigstens so weit erhalten, dass seine ovale Form con- slatirl werden kann ; die Zalil der Glieder dagegen ist nicht zu beslimmcn. Der Vorderrücken ist grob punklirl. Die Flügel- decken sind zwar wohlerhai(en , doch ist die Sculptur bei bei- den Exemplaren verwischt ; zw ar sieht man die Eindrücke der Streifen, und an ein paar Stellen bemerkt man auch, dass sie punktirt gewesen , doch sind sie stark zerdrückt.
Stimmt in der Rüsselbildung mit Hipporhinus überein ; bei den lebenden Arten sind indessen die Flügeldecken meist mit Warzen oder Dornen besetzt.
14. Hipporhinus Schaiimii ni. Tat". I. Fig. 10.
II. lividiis, rostro basi constricto, profunde sul- cato, fronte sulcato, pronoto profunde punctato-rugoso, elytris costatis, costis granulatis.
Ganze Länge 5 Lin., der Kopf sammt Rüssel l'/v Lin., der Vorderrüciven VA Lin. . die Fhigeldecken Sy^ Lin., Breite der einzehien Declve [V\ Lin. (Z. U. S.)
Kleiner als vorige Art und den Brachyceren ähnlich , aber mit Fühlerschaft.
Der Rüssel ist vorn stumpf zugerundet, am Grunde ver- engt und durch eine Querfurche vom Kopf gelrennt. Die Rinne, worin der Fühler eingefügt ist, reicht bis zu dieser Querfurche ; daneben sieht man noch zwei Längsfurchen oberhalb der Füh- lerrinne und eine unterhalb. Alle diese Furchen sind tief. Ebenso ist auch der Kopf von Längsfurchen durchzogen. Der Fühler ist bei der Rüsselspitze eingefügt und der Schaft reicht bis zum Auge , die Geisel fehlt. Der Vorderrücken hat gerun- dete Seiten und ist lief runzlicht punktirt. Die Flügeldecken von Längskanten durchzogen, welche mit kleinen Höckerchen besetzt sind.
Heer, fossile Insekten von Aix. 23
15. Phyton Olli 11 s firmiis m. Taf. I. Fig. 14.
Ph. pronoto brevi, basi angustato, ruguloso-piin- clato. elytris ovalibiis, profunde punctato-striatis.
Ganze Liinge ohne Rüssel 41/4 Lin.; Länge des VordeiTückens 1 Lin., Breite IV2 Lin.; Länge der Flü- geldecken B'A Lin., Breite beider 2V2 Li». (M. Murch.)
Hat den l)rcileii, \orn und hinten gestutzten Vorderrücken und die breiten Flügeldecken von Ph) lonomus , der Rüssel ist aber ganz von Stoinsubstanz bedeckt und in seiner Form nicht zu bestimmen , wodurch die genauere Beslinmmng dieses Thie- rcs unmöglich wird.
Die runden, schwarzen Augen sind deutlich, weiter nach vorn ist der Kopf bedeckt und nur die undeutlichen Contouren des Rüssels zu sehen . Monacli derselbe breiter gewesen zu sein scheint als bei Phytonomus. Der Vorderrücken ist breit und kurz, am Grunde etwas zusammengezogen, mit rechtwink- ligen Hinterecken ; die Seiten sind an der Schulter gerundet. Die Oberseite ist dicht runzlicht punkfirt. Die Beine haben ziemlich starke Schenkel und massig lange cylindrische Schie- nen. Die Flügeldecken^ sind an der Schulter vile breiter als der Vorderrückon , laufen dann ein Stück weit in ziemlich ge- rader Richtung und runden sich gegen die Spitze zu. Sie sind deutlich und glciclimässig punktirl gestreift. Es sind acht Strei- fen zu erkennen.
16. Curculionites parvulus m. Taf. 1. Fig-. 16.
(-/. piceus. nitidus, rostro cylindrico curvato, pro- noto transverso. confertim punctato; elytris ovatis, punctato-striatis.
Ganze Länge IV/, Lin., Läng-e des Kopfes 1/4 Lin., Länge des Vorderrückens V4 Lin., der Flügeldecken V4 Lin. (M. Blanch.)
24 Heer, fossile Insekten von Aix.
Gehört vielleicht zu Miccolrogus Sclih., hat die Grösse von Micc. picirostris F. (Rhynrhacnus) und ähnhchc Tracht al)er kürzeren, mehr gekrümmten Rüssel.
Der Rüssel ist cylindrisch , ziemlich staik gebogen, die run- den Augen nahe dem Kopfrand ; der Vorderrücken ist viel brei- ter als lang, die Seiten schwach gerundet, die Oberseite dicht und deutlich punktirt. Die Flügeldecken länirlich oval, ziem- lich stark gewölbt und deutlich punktirl gestreifl.
Das ganze Thierchen ist glänzend braunschwarz. Die Schen- kel sind alle gleich und in der Mitte verdickt.
17. Ciirculionites lividus m. Taf. 1. Fig. 12.
C. lividus, rostro cylindrico 5 recto, pi'onolo iae- vigato, elytris subtiliter punctato-striatis.
Ganze Länge IV4 Lin., Kopf und Rüssel </:.' Lin., Länge des Vorderrückens V2 Lin., Flügeldecken iVs Lin., Breite fast V2 Lin.
Auf demselben Steine mit Phytonomus firmus. (M. Murchison.)
Gehört vermuthlich zu Baridius. Der Rüssel ist gerade, ziemlich kurz , die Rinne läuft gegen das Auge. Der Vorder- rücken ist vorn stark verschmälert, an den Seilen gerundet, am Gi'unde breit und zweimal seicht ausgcbuchtel. Die Hügel- decken" oval und mit sehr feinen Punktstreifen versehen. Die Beine haben in der Mitte verdickte Schenkel.
Das ganze Thierchen ist schmutzig gelbbiaun, die iSpitze der Flügeldecken heller.
18. Curculionites niorosus m. Taf. L Fig. 13.
C. niger, rostro cylindrico, rectiuscnlo, pronoto antice sub-angustato, conferlim punclulato. (M. Murch.)
Gurlis Edinburgh, phil. .fourn. Fig. 3.
Ganze Länge 2 Lin.; Kopf und Rüssel V2 Lin.,
Heer, fossile Insekten von Ai\. 25
Vorderrücken stark V2Lin., Flügeldecken wahrschein- lich 1 Lin.
Hat einige Aclinlichkeit mit Lipanis punclatus. Der Rüs- sel ist walzcufürmii,' , fast geiade; (li(> Rinne lauft gegen das Auge. Dei- V'ordeiTÜcken ist am Grunde etwas breiter als vorn ; dicht und fein punktirt. Die Flügeldecken sind zum Theil zer- stört ; sie scheinen nicht gestreift gewesen zu sein , wohl aber sieht man hier und tla Punkte. Die Reine haben verdickte Schenkel.
19. Hylesiuus lacilis ni. Taf. I. Fig-. 8.
II. pronolo cylindrico. conlertissime punctulato, olytris convexis, striato-punctatis.
Ganze Lange l'A Lin.; Lange des Kopfes '/s Lin., dos Vorderrückens -Vs Lin. ; Hohe desselhen V2 Lin., Länge der Flügeldecken schwach 1 Lin., Breite V2 Lin. (M. Blanch.)
Ein zierliches Thicrchen von vorzuglich schöner Erhallung. Ih-r Kopf herabgebogen , mit schwarzem Auge. Vorderrucken oben sehr schwach gewölbt, äusserst fein , aber dicht punktirt. Elugeldecken mit 9 Punktslreifen , die Punkte nach hinten zu seichter werdend. Reine kurz, mit ziemlich dicken Schenkeln und (•\ ündrischen Scliienen.
20. Cassida Blancheti in. Tal'. 1. Fig. J7.
C. hrcviter ovalis, elytris ad sutiiram regulariler, ad iiiarginein irregulariter piinctato-striatis.
Oeningen, Insektenschicht des unteren Bruches (M. Polyt.) und iVix in Provence (Blanchet und Murchi- son), auf deinselhen Steine mit Beinhidiuni infernuin.
Steht in der Grosse zwischen dei- G. llermione u"d (^ Me- gapenlhes in der Mitte, (iehört in ilie Giiippe von Cassida vi-
26 Heer, fossile Insekten von Aix.
bex L. und sieht in der Sculptur der Flügeldecken der C. tho- racica Kug. und G. ruhiginosa Illg. am nächsten, welche Ar- ien auf Synantheren (namentlich Disteln) leben.
Die llinterccken des Vordcrrückcns sind rechtwinklig, die Flügeldecken längs der Naht mit deutlichen Punktstreifen be- setzt, randwärts sind sie unregclmässig und verworren, doch scheinen 9 Streifen da zu sein ; die zwei zunächst der Naht rei- chen bis zum llinlerrand hhiab ; der dritte und die folgenden hören vorher auf; diese sind die deutlichsten. Der Rand ist breit, llach und deutlich abgesetzt. Die Punkte sind sehr seicht.
Die Exoniplaro von 7^ix sind etwas grösser als das Oenin- ger und auf dem Rücken etwas flacher, doch kaum der Spe- cies nach verschieden. Das Aixer Exemplar ist 3'/^ Lin. lang; der Vorderriicken ist stark 1 Lin. lang und am Giunde 2'/8 Lin. breit; die Flügeldecken sind 2V4 Lin. lang und beide zusammen 2y2 Lin. breit. Das Oeninger Exemplar ist 3'/s Lin. lang, näm- lich der Vorderrücken 1 Lin. , die Flügeldecken 2'/8 Lin. ; er- sterer ist am Grunde 2 Lin. breit; beide Flügeldecken 2'/* Lin.
21. CJirysomela Lyelliana m. Tal", l. Fig. 18.
Ch. pronoto brevi, aiigulis posticis rectis. antice angiistiore, aiigiihs aciitis; elytris siibparallelis.
Es finden sich zwei Exemplare von Aix in der Sammlung des Herrn M. Murchison ; eines mit ausgespannten Flügeln, wel- ches Curtis (Edinburgh new philosoph. Journ. for Octob. 1829. Fig. 4) abgebildet iiat. Ressor erhalten ist indessen das von mir Taf. L Fig. 18 klargestellte Stück, welches eine Länge von 4'/2 Lin. hat ; beide Flügeldecken zusammen haben eine Rreite von 2J/$ Lin. Der Ilalsschild ist am Grunde 2'/* Lin. breit, die Hhi- terecken rccht^^ inklig , doch etwas stumpf; nach vorn wird er schmäler und hat deutlich vortretende , spitzige Ecken. Die Flügeldecken haben schon an der Schulter die ganze Rreite, erweitern sich also L!:egen die Mitte zu nicht, runden sich aber hinter derselben stumpf zu. Die Sculptur der Flügeldecken ist nicht zu sehen ; sie scheinen glatt gewesen zu sein.
Heer, fossile Inseklen von Aix. 27
Es sieht diese Art der Chrysomela Calami (Heer Iiisekten- fiiuiia der Tcrliiirgebildo S. 208. Tal". 7. Fig. 8) von Oeuiugeii. wie einer neuen Arl von Radoboj , der Chrysomela Ihiidingeri ni., sehr nahe; hat dieselbe Grösse und Form, unterscheidet sich aber von der Chrysomela Calami durcli den nach vorn verschmälerten, mit stark heivorstehenden V'ordercckeii verse- henen lialsschild und die fast parallelen Flügeldecken , Avelche bei der Oeninger Art mehr gerundet und in der Mitte erwei- tert sind ; von der Chrysomela llaidingeri ebenfalls durch den nach vorn mehr verschmälerten Halsschild und die in der Mitte nicht erweiterten Flügeldecken. Die Chrysomela Calami und Ch. llaidingeri sind nahe verw^andt mit der Ch. graminis L., während die Ch. Lyelliana durch die angegebenen Merkmale auch von dieser Art sich weiter entfernt.
II. Gymnog'uotlia.
22. Tlirips aiiliqua m. Tai'. 11. Fig. 9. 10. Die ganze Lange belriigt nur 1 Linie.
Fig. 9 gehört wohl unzweifelhaft zu Thrips, wofür die ganze Gestalt , die kurzen schnurförinigen Fühler , die dicken , kurzen Beine und die über den Rücken gelegten Flügel sprechen.
Das ganze Thierchen ist braunschwarz; der runde Kopf sehr klein, mit rundem Auge; die Vordcrbrust kurz, die Mittelbrust dagegen ziemlich gi-oss. Der Hinterleib spindelförmig, hinten zugespitzt. Von den ersten fünf Hinterleibssegmenten hat jedes einen dunklen mittleren Ring, die hintersten dagegen sind gieich- l'arben , braunschwarz. Lieber dem Rücken liegt der schmale Flügel. Die Beine sind kurz und ziemlich stark.
Hierher gehört vielleicht auch Fig. 10: es scheint die LarNc eines Thri])s zu sein. Sie ist hellfarben, die Ilinlerleibs- segmente sind deutlich aljgesetzt und jedes in der Mitte mit zwei punktförmigen Eindrücken versehen ; die Spitze ist aber mehr gerundet als bei den 'riirips-Larven. Ist auf demselben Steine mit Phvtonomus firmus und (]urcuIionites lividus. (M. Murchison.)
28 Heer, fossile Iiiscklen von Aix,
23. L i I) e 1 1 u 1 a Perse Heer. Tertiärins. II.
S. 80.
III. Ilymenopthcra.
'24. Forniicn oculata Heer. Tertiärins. II. S. 143. Tai". 10. Fig-. 9. d.
F. nigra, capite rotundalo, tliorace ovali angu- sliore, abdomine ovaJi.
Ganze Länge 31/2 Lin., Kopf V2 Lin- lang und ebenso breit. Länge des thorax ly« Lin., Breite V4 Lin. ; Länge des Hinterleibkörpers ohne Stiel IV2 Lin., Breite 1 Lin.
Aix, 2 deutliclie und 2 sehr verwischte Exem- pJare. (M. Murchis.)
Der Kopf rund und klein und schmaler als die Brust. Von den Fühlern ist der ziemlich lange Schaft angedeutet, üer Brust- kasten ist gross , oval , gegen den Grund hin etwas stärker ver- schmälert . vorn ganz stumpf zugerundet. Die Flügel sind nur angedeutet. Der Ilintcrleibskörpcr ist oval, in der Mitte am breitesten und nach beiden Seiten gleichmässig verschmälert. Er besteht aus fünf Segmenten; die ersten fast von gleicher Länge , das fünfte dagegen sehr kurz. Die zwei deutlicheren Exemplare sind braunschwarz ; die zwei anderen heller braun und liaben einen in der Mitte etwas mehr erweiterten Hinter- leib , so dass es zweifelhaft , ob sie wirklich mit den ersleren zusammengehören.
25. Formica niinutula Heer. Taf. U. Fig. 2. b. Heer, Tertiärins. II. S. 136. Taf. 10. Fig. 8. Aix (M. Murchison), mit der Protoniyia gracilis auf demselben Steine.
Stimmt ganz mit den Exemplaren von Radoboj überein.
Heer, fossile Insekten von Aix. 29
26. Formica capito Heer.
F. livida, capite basi obtuso, thorace latiore; hoc angiisto; abdomine ovali.
Ich erhielt ein sehr schönes Stück in Aix , ein zweites ist in Radoboj gefunden worden. Steht der F. ocella Heer nahe, unterscheidet sich aber durcli den am Grunde stumpf zugerun- ileten Kopf und kleineren Thorax.
27. Pimpla ? Saussiirii iii. Taf. II. Fi^. 15. P. capite Irans verso , thorace ovali.
Ganze Länge oline Stachel stark 5V2 Lin.; Läng-e des Kopfes ¥4 Lin., Breite 1 Lin., Lange des Brust- kastens 2'/2 Lin., grösste Breite l'A Lin., Länge des Hinterleibs 2Vs Lin., grösste Breite 1 Lin.
Es liat Ilr. V. Saussure eine sehr schone Schlupfwespe von Aix als Pimpla anticpia (cf. Guerin-Meneville revue et raagasin (Je Zoologie. IV. 1852. p. 580) beschrieben und abgebildet. Die vorliegende Art, welche in der Sammlung des Herrn Murchi- son sich befindet, hat einen viel kleineren Hinterleib und ist vielleicht auch dem Genus nach von jener Art verschieden. Die Flügel , welche darüber Aufschluss geben konnten , sind aber leider nicht erhalten. — Der Kopf ist etwas breiter als lang : Hrustkasfen gross und oval mit dreieckigem Scliiidchon ; der Hinterleib verhallnissmässig klein, mit einem langen Stachel. Die Beine lang und stark.
28. Chalcites debilis ni. Taf. H. Fig. 16.
Das ganze Thierchen ist 1'//, Lin. lang, der Hin- terleib Vs Lin. (M. Blanch.)
Kopf und Thorax schwarz , der Hinterleib ist hellfarben, die x'lir verdickten Hinterschenkel zur Hälfle scln\arz, oben iiell. Schienen dünn, etwas gebogen, l-'iiliicr fadciiro'iinig . auswärts
I
30 Heer, fossile Insekten von Aix.
etwas verdickt ; Gliederung undeutlich ; Flügel grossentheils zer- stört.
Scheint zu Chalcis oder einer verwandten Galtung zu gehö- ren. Es sprechen dafür die verdickten Hinterschenkel, die et- was gekrümmten Schienen und die ganze Tracht des Thierchens.
IV. Lepidoiitera.
29. Noctiiites deperditus m. Taf. II. Fiff. 8. Ganze Längie 41/2 Lin., Länge des Vorderrückens
l'/g Lin.. Breite V/2 Lin., Länge des Hinterleibes 2'/2 Lin., Breite IV4 Lin. (M. Murch.)
Nur der Leib erhalten , Flügel mid Beine zerstört . daher nicht näher zu heslinunen. Kopf rund, mit grossen Augen. Brust gi"oss , an den Seiten gerundet , am Rücken stark einge- drückt: Hinterleib länglich oval, in der Mitte am breitesten.
30. Pyralites obscurus m. Taf. II. Fig-. Ö. Ganze Länge 4 Lin., Länge der Flüge! 2V4 Lin.,
Breite beider hinten 2'/8 Lin.
Ein undeutliches Stück, das aber nach der Flügellage zu den Pyraliden gehören muss.
Der Kopf ist rundlich, die Augen nicht ganz zusammen- gehend. Der Mittelrücken ist breiter und fast kreisförmig. Die Flügel sind, wie im Ruhestand, zusammengelegt, am Hinter- rand aber nicht ganz erhalten ; sie reichen am Grund über die Brust hinaus und verbreitern sich in geraden Linien nach hin- ten . so dass das ganze Thier in dieser Lage fast dreieckig wird. Sie sind schwarzbraun; ebenso der Kopf, während die Brust hellbraun ist. Die Gliederung des dünnen , langen Fühlers ist unkenntlich.
\. Diptera.
31. Limnobia Murchisoni m. Taf. \i. Fiij. 12.
Heer, fossile Insekten von Aix. 31
L. pallida, abdomine obscuro, alis maculis qua- tuor parvis notatis.
Curlis in Edinhurgli now pliil. Journ. Oct. 1829. Taf. 6. Fig. 7.
Aix ; liegt neben Bibio moeslus ni. (M. Murchis.)
Sehr ähnlich der L. formosa Ilccr, Tertiär-Insekten II. Taf. XV. Fig. 7, von Radoboj, und der L. annuhis Meig. der Jetztwelt; hat dasselbe Geäder und ähnliche Fleckenbildung \vie L. annulus , ist aber kleiner und auch die Flecken sind nicht so gross, wie bei dieser Art und bei der von Radoboj.
Die am Rücken stark gcuölbte Miltelbrust ist hellfarben, der kegelförmige Hinterleib dagegen hat eine dunklere Färbung. Die Flügel reichen etwas über die Hinterleibsspitze hinaus, sind glas-hell, mit schwarzem, sehr schön erhaltenem Geäder; auf jedem haben wir vier kleine, viereckige Flecken, zwei an der Randader anliegend , ein dritlei- vorn und ein vierter am Hin- terrand.
32. Mycetophila pallipes ni. Taf. IT. Fig-. 3.
M. nigro-fusca, alis obscuris, pedibiis pallidis.
Lange des Hinterleibes 2 Lin. , Breite 2/5 Lin.; Lange des Thorax V2 Lin., Länge der Flügel 2 Lin., Breite l Lin.
Aix. (M. Murcliison.)
Steht der M. amoena (Heer, Tertiär-Insekten II. S. 203) sehr nahe. Flügel und Leib haben dieselbe Grösse und Form, und das Geäder ist auch völlig übereinstimmend. Der einzige Unterschied liegt in der Farbe der Beine; bei der M. amoena von Radoboj sind sie schwarz , hier aber sind sie hellfarben und wahrscheinlich gelb gewesen. Kopf, Brust und Hinlerleib sind schwarzbraun.
32 Heer , fossile Insekten yon Aix.
33. Mycelophila Meigeniana m.
M. grandis, livida, abdomine dorso fusco.
Ganze Länge 4 Lin. (ohne Kopf); Länge der Flü- gel 2<A Lin., Breite 1 Lin.
Curlis 1. c. Fig. 8."
Aix (1 Exenipl. Murchison. Samml.); Radoboj, 2 ExempL (Mont. Mus.)
Ist die grüssle Art ; ähnlich der M. pallipes , aber grosser und ganz hellfarben , nur der Rücken des Hinterleibes ist dun- kelfarben. Die Exemplare von Radoboj sind etwas grösser, aber sonst mit dem Aon Aix stimmend. Das Geäder sehr deut- lich und schwarz; die Beine lang, dünn, hellfarben; der Hin- terleib an den Rändern und Bauch hell , und nur am Rücken dunkler.
34. Mycetophila morio m. M. nigra, abdomine ovali. Curtis 1. c. Taf. 6. Fig. 9.
Ganze Länge 13/4 Lin. ; Länge des Hinterleibes iVs Lin., Breite % Lin.
Aix, zwei Exempl. M. Mm'chison; eines auf dem- selben Steine mit Thrips antiqua.
Steht der M. nigritella (H. S. 205) sehr nahe, ist aber durch den dickern , ovalen Hinterleib zu unterscheiden.
35. Cecidomyia protogaea m. Taf. IL Fig. 4. C. livida, alis obovatis, obtusis, abdomine cylin-
dro, apice acuminato.
Ganze Länge IV4 Lin., Länge der Flügel 7/g Lin., Breite 1/2 Lin.
Aix (M. Bliirchison). auf demselben Steine mit Protomyia clegans und der Larve einer Kleinzirpe.
Heer, fossile Insekten von Aix. 33
Ein iiusserst zartes , kleines Thierchen , ^velches zur Gat- tung der Gallmücken zu gehöien scheint , wofür die Form des Leibes , der hervorstehende Legestachel und das FliigelgeUder angeführt werden kann. Es ist nämlich nur eine Ader zu er- kennen , die übrigen treten wold ihrer grossen Zartheit wegen nicht liervor , wie denn die Cecidomj icn solclie zarte Adern besitzen.
Der Kopf ist klein und hat zwei grosse Augen; die Fühler sind äusserst zart und fadenförmig; die Glieder sind nicht zu zählen. Der Mittelrücken ist nach vorn etwas verschmälert. Die Flügel sind breit und vorn ganz stumpf zugcrundct. Die Schullerader ist bis an die Spitze zu sehen; die weiter nach Innen liegenden sind dagegen verwischt. Die Beine sind selir zart und lang; die Schenkel cylindrisch, die Füsse deutlich fünfgliedrig.
Der Hinterleib ist walzenförmig und hinten in einen dünnen Legstachel verschmälert.
Das ganze Thierchen ist schmutzig braun , die Beine et- was heller.
36. Bibio fiisiformis Heer. Insekt, der Tertiär- gebiJde II. S. 219.
Aix (M. Murchison). Auch in Oeningen.
Unvollständig erhalten und noch etwas zweifelhaft. Hat dieselbe Grösse , der Leib dieselbe Form , nur etwas mehr cy- lindrisch. Die Flügel nur an der apicalen Partie erhalten. Der Halter hellfarben.
37. Bibio niorio Heer i. c. S. 222.
Aix (M. Murchison), mehrere Stücke; auch in Radoboj.
38. Bibio moestus Heer 1. c. S. 224. Aix (M. Murchison). Auch in Üeningen.
34 Heer, fossile Insekten von Aix.
Ein sehr schönes Stück; stimmt mit dem Oeninger in Grösse der Flügel, wie des Leibes, in der schwarzen Farbe des Leibes und dem schwarzen Stigma überein.
39. Bibio Curtisii m. Taf. II. Fig. 7. 14.
B. lividus, thorace oblongo-ovali, alis abdomine
nigro-maculato paulo brevioribus, stigniate nigro si-
gnatis.
Curtis 1. c. Taf. 6. Fig. 12.
Aix (zwei Exemplare), in Murchisons SammL, eines im Z. M.
Nahe verwandt mit B. pulchellus und B. gracilis Ung. (Ter- tiärinsekten II. S. 217) , und zwar dem ersteren (aus Oeningen) näher als dem letzteren (von Radoboj). Hat nämlich bei gleicher Grösse etwas kürzere Flügel als B. gracilis , welche nicht ganz bis zur Hinterleibsspitze reichen. Von B. pulchellus scheint er nur abzuweichen durch das starke, schwarze Stigma, und dass die vena cxterno-media etwas weiter flügelspitzwärts sich in die zwei Aeste spaltet und das Queräderchen , welches von dort nach der vena interno-media läuft . deutlich ist. Bei Cur- tis ist diess etwas unriclitig so dargestellt, als ob eine Quer- ader von der v. externo-media zur v. interno-media laufe, die in der Mitte eine Längsader aussende; während diese ein Ast der vena externo-media ist; ebenso ist der Ast der v. scapu- laris so dargestellt als entspringe er aus der v. externo-media, während er sich nur ihr nähert und durch ein sehr kurzes Queräderchen sich mit ihr verbindet. Man sieht aber deutlich, dass diese Längsader aus der v. scapularis entspringt. Durch jene Darstellung wurde Curtis zur Ansicht verleitet, dass un- ser Thierchen ein neues Genus aus der Gruppe der Stratyo- miden sei, während die kurzen Vorderbeine mit kurzer, aus- wärts verdickter und in einen Dorn auslaufender Schiene, und die viel längeren Hinterbeine , deren Schenkel mit hervorste- hender Längskante versehen, wie das Geäder und Stisrma auf
Heer, fossile Insekten von Aix. 35
Bibio weisen. Der Kopf ist behaart. — Zu derselben Art rechne ich das Fig. 7 dargestellte Exemplar, welches noch stärker ver- grossert ist als Fig. 14, und bei dem die Beine sehr wohl er- halten sind.
04. Protomyia Biicklandi Heer Tertiärgeb. II. S. 288. Taf. 16. Flg. 22.
Aix, häufig-; drei Exempl. in Murchis. Sammlung-; sieben in der von Blanchet. Auch in Radoboj.
41. Protomyia lyg-aeoides Heer 1. c. II. 282. Taf. 17. Fig. 1.
Aix (zwei Exempl., Murchisons Samml.). Auch in Radoboj.
42. Protomyia livida m. Curtis 1. c. Taf. VI. Fig. 11.
P. livida, abdomine subtus nigricante, alis abdo- mine fusiformi mullo longioribus.
Ganze Länge nicht ganz 4 Lin.
Aix (1 Exempl., Murchisons Samml.). Aehnlich der P. jucunda , aber kleiner. Hellfarben, nur der Bauch etwas dunkler. Am Hinterleib die 8 Segmente scharf abgesetzt.
48. Protomyia brevipennis m. Taf. II. Fig. 1.
P. livida, alis abdomine fusiformi brevioribus.
Ganze Länge 4 Lin., Länge des Hinterleibes 2V2 Lin., Breite 3/4 Lin. ; Länge der Flügel 21/2 Lin.
Aix (M. Murchison).
Die Flügel reichen nicht bis zur Hinterleibsspitze. Der Hinterleib ist spindelförmig und deutlich gegliedert ; er hat acht Segmente ; an ein paar Segmenten ist das Stigma zu sehen.
36 Heer, fossile Insekten von Aix.
44. Protomyia elegans ni.
P. nigra, femoribiis anlicis pallidis.
Curlis (. \'I. f. 10. Nov. gt'iuis, vorwaiKlt mit Pcnllielria ; n;iph Curlis.
Aix (1 Exenipi. in M. Murcliison, ein zweites im Zürcher M.).
Ganze Lange 4V/, Lin.; Länge des Kopfes fast V4 Lin., der Brust iV& Lin., Breite desselben Vs Lin. ; Länge der Flügel 31/2 Lin.
Sehr schöne Fliege , von schwarzer Farbe und auch ganz dunkelfarbigen Flugein , aber hellfarbigen Vorderschenkeln, je- doch sind die Kniee auch schwarz.
Aehnlich der P. lygaeoides, aber kleiner.
45. Protomyia gracilis m. Taf. IL Fig. 2. a. P. nigra, alis obscuris, abdoniine vix longioribus. Ganze Länge 3^/4 Lin. ; Länge des Kopfes V4 Lin. ;
des Mittelrückens stark y.\ Lin., Breite ebenso, Länge des Hinterleibes 2'//» Lin., Breite 1 Lin. Aix (Z. U. S. und Murchis. Samml.).
Dem vorigen sehr ähnlich , aber kleiner. Das ganze Thier ist schwarz und auch die Flügel dunkelfarbig; die Schienen und Füsse sind schwarz, oh aber die Schenkel am Grunde hellfar- ben , ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden.
Der Kopf ist klein, rund; der Brustkasten oval und ziem- lich dick. Die Flügel sind kaum langer als der Hinterleib und haben das Geäder der Protomyien,
46. Xylophagus pallidus m. TafILFig. 11.
X. pallidus, abdoniine elongato, cylindrico; alis abdomine paulo brevioribus.
Ganze Länge 3y4 Lin.; Kopf V2 L'»- lang, Tho-
Heer, fossile Insekten von Aix. 37
rax 3/4 Lin., Hinterleib 2'/2 Lin. und 3/4 Lin. breit, Flügel 2'/2 Lin. lang- und 3/^ Lin. breit. Aix (M. Blanchet).
Ko|)f und BrusI sind stark zerdrücki und ihre Forn» ist nicht mehr zu bestin)inen ; dagegen ist der Hinlerleib und der linke Flügel vortrelllich erhalten. Das Flügelgcäder stimmt ganz mit dem von Xylophagus (Mcigen , Fliegen II. tab. 12. flg. li u. 1.')) üherein, aber auch Dioctria (Meigen II. t. 19. f. 24) hat denselben Aderverlauf. Allein die Bildung der Beine ist ver- schieden, indem die Dioctrien , wie überhaupt alle Fliegen aus der Gruppe der Asiliden, dicke, dichthaarige Beine und ein kürzeres erstes Fussglied iiaben ; unsere Art hat dünnere Beine und das erste Fussglied ist beträchtlich länger als die folgen- den, wie (Hess auch bei Xylophagus der Fall ist. Ganz ent- scheidend für Xylophagus wäre, wenn dei- geringelte Körper nel»en dem Kopf ein Fühler wäre, doch ist diess unsicher. Dagegen spricht der achtringlige Hinterleib oflenlKir für Xylo- phagus.
Die Flügel reichen nicht ganz bis zur Ilinlerleibsspitze; ihr Geäder ist sehr scliön erliallen und auf Fig. 11 möglichst ge- nau wiedergegeben. Sie sind mit kleinen Härchen dicht be- setzt (Fig. 11. d.). Der lange, dünne Hinterleib ist scharf ge- gliedert; das erste Segment ist kurz, die folgenden fast von gleicher Länge, das letzte, achte, dagegen wieder kurz und mit zwei liefen Eindrücken versehen (Fig. 11. b.). Die Beine sind schlank; das Schienbein auswärts nur wenig verdickt und mit kurzen Haaren besetzt; der Tarsus ist ziemlich dicht, aber kurz behaart ; das erste Glied ist wenigstens so lang als die folgen- den vier zusammengenommen. Das letzte ist mit einer doppel- ten Klaue versehen (Fig. 11. c.)
Neben dem Koj)f liegt ein braunes Körperchen, an wel- chem 7 Ringe zu erkennen sind; doch ist es mir zweifelhaft, ob es zum Fühler gehöre; es scheint dafür zu dick zu sein.
Die Xylopliagen leben im Larvcnzustand in faulem Holz; ausgewachsen in Wäldern.
3g Heer, fossile luseklen von Aix.
47. Hilarites bellus m. Taf. II. Fig. 5.
[1. niger, pedibus pallidis, pilosis; thorace crasso, abdomiiie conico. Aix (Z. U. S.).
Gehört wahrscheinlich zur Gruppe der Empiden und in die Gattung Hilara ; leider ist aber das Fliigelgeäder verwischt, wodurch die genauere Bestimmung nicht möglich wird , da es viele kleine Fliegen von ähnlicher Tracht giebt.
Ein äusserst zierliches Thierchen , mit schwarzem Leih und hellfarbigen Beinen, aber wieder etwas dunkleren Füssen.
Die Brust ist dick und gross, der Hinterleib kegelförmig, die Flügel massig lang, der eine ist an der Nahtseite umgelegt, der andere von der Mitte an umgebogen. Am Hinterleib ist das letzte Segment sehr kurz und über dasselbe ragen zwei kleine Körperchen hervor, von denen das obere kegelförmig, das un- tere kurz , gerundet (Taf. H. Fig. 5. b.). Die Beine sind schlank, haben starke Hüften , ziemlich dünne Schenkel , auswärts ver- dickte Schienen und Füsse mit langem , erstem Glied. Sie sind haarig und hellfarben (cf. dieselben sehr stark vergrössert Taf. n. Fig. 5. c).
"VI. Rynchoten.
48. Pachymenis Murchisoni Heer Tertiärinsek- ten III. S. 62.
49. Pachymenis Bojeri Hope (Corizus Transact. of the entomolog. Soc. IV. 250.). Heer Ter- tiärins. HI. S. 64.
50. Pachymerus Dryadum Heer Tertiärins. III. S. 65.
51. Pachymerus pulchellus Heer 1. c. S. 66.
Scheint häufig zu sein. Murchis. S. Z. U. S.
52. Pachymerus fasciatus Heer 1. c. S. 67.
Heer, fossile Insekten von Aix. 39
53. Heterogaster antiquus Heer l. c. S. ög.
54. Heterog-aster pumilio Heer 1. c. S. 69.
55. Pseudophaiia amatoria Heer 1. c. S. 90.
Ein ausgezeichnetes und wohlerhaltenes Stück in der Z.U. S. Es maclit die Besfimnmng des Genus ganz sicher, dagegen kann noch etwas zweifelhaft sein, ob die Art mit derjenigen von Oenin- gen zusammenfalle , da letztere nicht so vollständig erhalten ist. Jedoch widersprechen die vorhandenen und sichtbaren Verhält- nisse dieser Vereinigung nicht. — Die ganze Länge des Thie- res beträgt 6V2 Lin., wovon iy4 Lin. auf den Kopf, von den Augen bis zur Spitze desselben kommen. Der Kopffortsatz ist lang und schmal , mit einem Längseindruck. Die Oberflügel sind 4 Lin. lang und erreichen eine Breite von l'A Lin., hin- ten sind sie stumpf zugerundet und gebräunt. Das schwarze Adernetz ist sehr schön erhalten.
56. Aphrophora spumifera Heer I. c. HI. S. 105. Aix (Murchis. Samml.) und Radoboj.
57. Aphrophora pinguicula Heer 1. c. HI. 106.
58. B y t h 0 s c 0 p u s m u s c a r i u s Heer 1. c. UI. S. 113.
59. Cicadellites obscurus m.
C. oculis nigris, pronoto antice rotundato, ely- tris obscuris, apice rotundatis, abdomine multo loii- gioribus.
Länge des ganzen Thierchens 2 Lin.
Gurtis 1. c. t. 6. f. 5.
Ein nicht genauer deutbares Thierchen aus der Gruppe der Cicadelliten. Augen schwarz, Flügeldecken dunkelfarbig l'/zLin. lang und V* Lin. breit; lederartig, hinten dünner und
40 Heer, fossile Insekten von Aii.
etwas heller werdend; doch keine Adern deutlich vortretend, ausser denen bei der Naht. Hinterleib kurz, kegelförmip.
60. Aphis delicalula m. Taf. II. Fig. 13.
A. pronoto perbrevi , lateribus parallelo, capite multo latiore , alis niagnis, stigmate elongato. nigro.
Ganze Länge bis zur Spitze des Hinterleibes wahr- scheinlich nur 1 Lin., bis zur Flügelspitze, so weit sie erhalten ist, l'/2 Lin.
Aix (Murchis. Samml.) : mit Protomyia lygaeoides auf einem Steine.
Eine niedliche, kleine Blattlaus, ebenfalls mit langem, schwarzem Flugelmaal , wie die Arten von Radoboj.
Die Fühler sind lang und borstenförmig. Der kleine Kopf rund ; die Vorderbrust ist breiter als der Kopf, der übrige Theil der Brust, wie der Hinterleib zerdrückt. Die Beine sind lang und düim , namentlich zeichnen sich die Hinterheine durch den langen Schenkel und die dünne, lange Schiene aus. Der Flügel ist über den Rücken gelegt , an der Spitze abgebrochen. Er ist ^ross und in der Mitte stark verbreitert. Er hat ein langes , schwarzes Flugelmaal , von dem eine einfache Ader ausgeht.
FOlS.SiIc Ill.SCCtCIl Villi Al.V
Taf I
1 Kcmbttlium »nfoniuin Z l.ilhorharis vancolor. 3 .Slenu.s prodroinii.s + l'lulonüiii.s üujori ö Philo II thu.s Marcelli 6 Xantholinn.s M''csl\voocliuiiii& 7 Corticaria mclanoplitliiiliiui ö llvlc.sniii.s laciliA .'.» l'li-oims ;-)fX«aUa1ij.'> lo llipporlunn.s Sthauimi ll.lli|)poi'lumi.slIi'ei'ii Oriinar 12 CuiM;uli(iiiitos liviilu». 13 ('urciilniiulo.s iiiorn.siis l* Fhvlünomus firiniiA l.i rii-iums a-.|)i;ruluj 13 l'iu-riilioTiilei jiar\'ulii.s 17 Ca.s.si(l;i ill.mchoti IJl CliipfiOJilela LyelliaTia m 19 Hyilfobini ob.suli'tii.s
LiüvAnjtalt,-v:J WiTSter u.Cotnp. in WnV;i ■ ■
ÜFTME VISI^ESSITY OF ILUSGIS
1''o,smIi' lii.st'cicn \'nii .\i.\
1. rrolcinv!;, l'i «•vipciiiii.s. 2 a . Proloiuvia ^r.ii ili.s 2U. hofiiiii .1 iiumiliiln .">. Alvi eliiplula
J)allijies 4 Ceddoimria jiroloaaea .S. llilanlti. Ui-IIua (i V\Talitei ob.sciiru.s. 7 Hibio Curusn
H .\o(luiti.> (It-pi-iilihiA 9.I0 ThTlli.% anlKiua IL JC>'l..i)ha^ii.s p.ilhihiA 12. Linmolna
Aliiidii.ioni t.'. ,\phis delicatula. U. Bibio CiiiiiAii . löl^iiqila lli (liakilo.s dcbilii.
.',itli.An^iilt.vJ.Wm:t6r uCaitip in Vfin»-i -.].-:
OF THE
mmvi OF iiusGis
Ueber
die mechanische Bestimmung des Flächeninhaltes, der statischen Momente und der Trägheitsmo- mente ehener Figuren ,
insbesomlere über einen neuen Planini et er.
Von Jakob Anisler.
Die ant^lytische Berechnung des Flacheninhaltes gezeichneter Figtu'en ist nur dann practisch anwend- bar, wenn ihre Umfange von (Jeraden oder von Bo- genstücken gewisser einlacher Curven gebildet werden. Befolgen die Granzen dagegen ein coinplicirtes oder nicht erkennbares Gesetz, so ist man auf die Anwen- dung von Näherungs verfahren angewiesen. In allen Fallen aber ist die Flachenbercchnung niidisam und zeilraubend, was dann besonders fühlbar wird, wenn eine grosse Anzahl von Figuren zu berechnen ist, wie beim Strassen - und Eisenbahnbau und bei den Catastervermessungen.
In neuerer Zeit sind verschiedene Vorrichtungen, sogenannte Planimeter , in Anwendung gebracht oder vorgeschlagen worden, mit deren Hülfe der Flächen- inhalt einer ebenen Figur durch ein Iheilweises oder ganz mechanisches Verfahren gefunden werden kann.
42 Arasler's Polarplanimeler.
Allein erst durch das von Oppikofer i) in Anwen- dung- gebrachte Princip wurde eine Auflösung des Problems angebahnt , welche gehörig durchgeführt allen Anforderungen der Praxis geniigen wird. Oppi- kofer erfand im Jahre 1827 ein Instrument, welches den Inhalt einer Figur bloss durch Umfahren ihres Umfangs mit der Spitze eines Fahrstiftes angiebt. Ge- nau auf die nämliche Idee scheint der bayrische Tri- gonomcter J. M. Herrmann 2j schon 1814 gekom- men zu sein ; allein seine Erfindung wurde gänzlich vergessen und von Oppikofer neu gemacht.
Wetli in Zürich machte sich 1849 durch wesent- liche Umgestaltung und Verbesserung der Opptikofer'- schen Erfindung verdient. Die nach seinem System construirlen Instrumente genügen , was ihre Genauig- keit anbetrifft, allen practischen Bedürfnissen und er- freuen sich gegenwärtig einer ziemlich ausgebreiteten Anwendung. — Verschiedene von Andern mit dem Wetli'schen Instrumente vorgenommene Abänderungen sind zum Theil von keinem wesentlichen Belang, zum Theil zweckwidrig.
Letzteres gilt namentlich von dem De eher '- sehen Planimeter, •') welcher indessen in theoretischer Beziehung einiges Interesse darbietet.
Ueber die Einrichtung der von Keller und
I
^) Bullelin de la Soc. d'encouragement 1841 und Dingler's Journal Bd. 86; — Wild, 11. Uebersichl der Verliaudlungen der technischen Gesellschaft in Zürich; — Wolf, Millheiiungen der nalurforschenden GesoIIschafI in Bern aus dem Jahre 18.")1.
-) Man sehe hierüber B au e r u feind's Noiiz in Dingler's Journal Bd. 137, pag. 82.
3) Dinglers Journal Bd. 136.
Amsler's Polarplanimeler. 43
Füchtbauer <) erfundenen Planimeter ist noch Nichts bekannt geworden.
Der llauptiibelstand, welcher der aligemeinen Verbreitung der nach Welli's System conslruirlen Planimeter entgegensteht, ist ihr hoher Preis und ihre Schwerfälligkeit. Verfasser bemühte sich, seit er (im Jahre 1849) den Oppikofer'schen Planimeter ken- nen lernte, ein einfacheres und compendiöseres In- strument zum nämlichen Zweck aufzuünden, sei es nun auf Grundlage des Oppikofer'schen oder eines ähnlichen Principes, Vor zwei Jahren gelang es ihm eine durch ihre Einfachheit überraschende Auflösung der Aufgabe zu finden. Zahlreiche nach dem neuen Systeme ausgeführte Planimeter bewährten sich auch in der practischen Anwendung.
Eine weitere Entwicklung des zu Grunde liegen- den Principes führte ausserdem zur Auflösung einiger verwandten Aufgaben , wie z.B. die mechanische Bestinnnung der statischen und Trägheits- Momente ebener Figuren.
Der Hauptgegenstand dieser Abhandlung ist die Beschreibung und Theorie der neuen Instrumente: zur Vergleichung aber und um einiger kritischen Be- merkungen willen wurde auch eine kurze Beschrei- bung und Theorie der Oppikofer'schen und Wetli'schen Planimeter beigefügt.
Der Polarplanimetcp. .1.
Das neue Instrument wurde ein Polarplanimeler genannt, weil beim Gebrauch der ganze Apparat sich
») Dingler's Jourual Bd. 137. pag. 84.
44 Amsler's Polarplaiiimeter.
um einen einzii^on festen Puncl (den Pol) dreht, wäh- rend die Planiineler von Oppikol'er und Wetii längs einer g^eradon Bahn geführt werden. — Die Figuren 4, 7, und <S zeigen drei verschiedene Ansichten des Instrumentes in natürlicher Grösse. Die nämlichen Theile sind iiherall mitdenselhen Buchstaben bezeichnet.
Die }[au|)ttiieile sind die stählerne Laufrolle D und die beiden Lineale A und B , welche durch die Hülse H mit einander zusammenhängen. Der Lineal A trägt am einen Ende einen verticalen Fahrstift F. Er ist von quadratischem 0"e'*schnitt und wird in der Hülse H durch die Reibung festgehaltciL Um die Reibung zu vermehren und gleichmässiger zu machen, ist die Hülse an den Enden aufgeschnitten, und die durch die Einschnitte gebildeten Lappen dienen als Federn.
Der Lineal B trägt am einen Ende den Nadelein- satz E, am andern ist er mittelst der verticalen Axe C mit der Hülse H verbunden.
Die Axe der Rolle D ist parallel mit einer Ver- ticalebene , welche durch die Mitte der Axe C und durch die Spitze des Fahrstifls F geht. Der äus- serste Rand der Rolle ist abgerundet und polirt: ihr cylindrischer Limbus ist in 100 oder 200 Grade einge- theilt. Der Stand der Theilung kann mittelst des an der Hülse H angebrachten Nonius 0 bis auf Zehntels- grade genau abgelesen werden. Die Zahl der ganzen Umdrehungen wird <1 rch das Rädchen G gezählt, wel- ches von der Axe der Rolle D mittelst einer Schraube getrieben wird. —
Während jeder Messung behält der Stab A in seiner Hülse eine unveränderliche Stellung. Die Ent- fernung des Fahrstifts von der Axe C bestimmt die
Amsler's Polarplaiiimeler. 45
Flächeneinheit , in weiciier die Massangaben des In- strumentes ausgedrückt sind. Um den Stab vor dem jedesmaligen Gel)ranch gehörig einstellen zu können, ist an seiner obern Flache eine Theilung- angebracht. Als Index derselben dient die in die Verlängerung- der Axe C fallende Kante der Hülse IL J3as in der Zeich- nung- dargestellte Instrument giebt den Flächeninhalt in (juadrat-Dezimetern, schweizerischen und engli- schen (Juadratzollen und englischen (juadratfussen und deren Dezimaltheilen.
Um den Flächeninhalt einer Figur z. B. in schwei- zerischen Quadratlinien zu erhalten , sind folgende Operationen zu machen :
a) Man verschiebt den Stab A in seiner Hülse, bis der mit 0, 1 D' ^-c/ar. bezeichnete Theilstrich mit der kante M coincidirt.
b) Alsdann setzt man das Instrument so auf die Zeichnung- wie Fig-. 4 zeigt, dass es nämlich mit der Rolle D, der Nadelspitze K und der Spitze des Fahr- stifts F aufsitzt. — Hiebei ist zu berücksichtigen, dass der Punkt E eine unveränderliche Stellung einnehmen nuiss, während der Stift F die zu messende Fläche umschreibt.
Nachdem man die Spitze E leicht gegen das Papier angedrückt hat, bringt man die Spitze F auf einen beliebigen bezeichneten Punkt des Umfangs der Figur und notirt den Stand der Rolle D (steht z. B. der Index des Scheibchens G auf 7, der Nonius 0 auf 34, 8, so schreibt man an 7,348).
c) Sodann verfolgt man die Peripherie der Figur mit der Spitze des Fahrstifts in dem Sinne, wie die
46 Amsler's Polarplanimeler.
Zeiger einer Uiir sich bewegen , bis man auf den Ausgangspunkt zuriicli kommt , und notirt abermals den Stand der Laufrolle. Die erste Ablesung sub- trahirt man von der zweiten,
d) Beiludet sich die Spitze E ausserhalb der umfahrnen Figur , so drückt die gefundene Differenz unmittelbar den gesuchten Flächeninhalt aus in der- jenigen Flächeneinheit , auf welche der Stab A ein- gestellt wurde. Im angenommenen Falle entspricht also jede ganze Umdrehung der Laufrolle D einem umfahrnen Flächeninhalt von 0, 1 □'; der einzelne mit dem Nonius abgelesene Zehntel giebt also noch die einzelne Quadratlinie an. — Bei der Einstellung auf 5 D" schic. erhielte man unmittelbar halbe Qua- dratlinien etc.
Befindet sich dagegen die Spitze E innerhalb der umfahrnen Figur , so hat man zu der auf die oben angegebene Weise bestimmten Differenz noch eine Zahl hinzuzufügen , welche seitlich auf dem Stabe A, zunächst bei dem Theilstrich gravirt ist , auf welchen man eingestellt hat. — Wäre z. B. die Differenz der beiden Ablesungen = 3,457. so wäre die umfahrne Fläche =
18,860 + 3,457 = 22,317 (wo jede Einheit = 0,1 DO
also = 22317 D '"
Diese Vorschriften bedürfen noch einiger Zusätze und Erläuterungen.
Zu a). Der Stab A muss jedenfalls so weit aus seiner Hülse gezogen werden, dass es möglich ist die vorgelegte Figur zu umfahren , im übrigen wird
Ämsler's Polarplanimeter. 47
man , wenn es sich um eine genaue Messung- iiandelt, die Entfernung- des Stiftes F von der Axe C mög- lichst klein wählen, weil dann die Ablesungen um so grösser , daher um so genauer ausfallen. — In der Regel wird man sich für diejenige Einstellung ent- scheiden, welche keine, oder die einfachste Reduc- tionsrechnung verlangt. — Sollen eingetrocknete Plan- zeichnungen berechnet werden , so kann der Stab A so gestellt werden, dass die Massangaben keiner Reduction wegen des Eintrocknens bedürfen. (Man vergleiche hierüber das in No. 29 Gesagte.)
Zu b). Wenn die Ausdehnung der zu umfahren- den Figuren es erlaubt , so wird man die Spitze E ausserhalb setzen, weil die Handhabung des Plani- meters in diesem Fall bequemer ist. — Den Aus- gangspunkt für den Fahrstift kann man so wählen, dass L FDE nahezu = 90o ist. — Ist das Blatt, welches die Zeichnung enthält zu klein, um für das Spiel der Rolle D den nöthigen Platz zu gewähren, so legt man es auf ein dazu ausreichend grosses Blatt, oder deckt auf die Zeichnung einen Bogen Strohpa- pier, auf welchen man sodann den Planimeter setzt. — Es ist zu bemerken , dass im erstem Falle das Spiel der Rolle nicht gestört wird, wenn sie rol- lend über den Rand des Zeichnungsblattes weggeht.
Zu c). Gerade Strecken des Umfangs kann man unter Anwendung eines kurzen und leichten Lineals, krumme dagegen aus freier Hand oder mit Hülfe eines Curvenlineals verfolgen. — Auf den Ausgangspunkt niuss man sehr genau zurück kommen.
Zu d). Umfährt man den Umfang einer Figur von Hnks nach rechts herum , während die Spitze E aus- serhalb liegt, so ist die zweite Ablesung inuner
48 Amslei'8 Polarplanimcler.
oTösser als die erste und die nach der gegebenen Vorschrift berechnete Differenz positiv. Liegt dage- gen E innerhalb, so kann dieselbe auch negativ sein, was bei der Addition der auf dem Stab A gra- vlrten Zahl zu berücksichtiifen ist.
Theorie des Polarplaiiimeters. 4.
In Fig. 1 und 2 bezeichne F die Spitze des Fahr- stiftes ; E die Nadelspilze, um welche das Instrument beim Spiel sich dreh!; C den Punkt in welchem die geometrische Axe des die Stäbe A und B verbinden- den Stiftes verlängert, die Zeichnungsebene trill't; D den Punkt, in welchem die Laufrolle das Papier be- rührt. Ferner sei r = C F die während einer Mes- sung constante Entfernung des Fahrstifts vom Dreh- punkt C, R = C E die gleichfalls constante Entfer- nung dieses Punktes vom Pol E.
Umschreibt der Punkt F eine geschlossene Curve Z, so beschreibt der Punkt C einen Kreisbogen oder eine ganze Kreislinie, je nachdem der Pol E aus- serhalb oder innerhalb der Curve liegt, (be- trachtet man nur die in den Figuren 1 und 2 ange- deutete Verbindung der Linien , so wäre ein Aus- nahmefall denkbar, der aber voraussetzt, dass der Winkel ECF > 180o werden könne, was aber bei dem in Fig. 4 gezeichneten Instrumente nicht ein- treten kann). Diese beiden Fälle müssen besonders untersucht werden.
a) Nehmen wir zuerst an, dass der Pol E sich aus- serhalb der Figur Z befinde (Fig.2). — Nachdem der
Amsler's Polarplanimeter. 49
Punkt F den ganzen Umfang- durchlaufen hat, beiin- det sich die Gerade C F wieder in ihrer Anfangslage. Während ihrer Bewegung hat diese Gerade jeden in- neriialb der Curve Z liegenden Punkt einmal, oder iiberhanpl eine unge r a d e Anzahl Mal getrofien ; jeden äussern Punkt dagegen entweder gar nicht oder eine gerade Anzahl Mal. Begegnet die Gerade einem Punkte mehrmals , so findet die Bewegung abwech- selnd nach entgegengesetzten Richtungen statt. (Um sich dieses klar zu machen, denke man sich durch den Punkt in beliebiger Richtung eine Gerade P Q ge- zogen , und untersuche die Bewegung des Punktes , in welchem sie von der beweglichen Geraden C F ge- schnitten wird.)
b) Es seien C F und L K (Fig. 2) zw^ei auf ein- ander folgende Lagen der beweglichen Geraden. CF gelangt in die Lage L K durch eine gleichzeitig fort- schreitende und drehende Bewegung. Wir ersetzen diese durch zwei einfache Bewegungen, indem wir uns vorstellen , dass die Gerade C F zuerst durch eine parallele Verschiebung in die Lage LJ und her- nach durch eine Drehung um den Punkt L in die Lage L K gelange. Das Flächenelement C L K F wird also durch die Summe eines Parallelogrammes C F J L und eines Sectors L J K ersetzt (wo jedoch die Summe in algebraischem Sinne zu verstehen ist). Das Parallelogramm Averde durch p, der Sector durch s bezeichnet; und man betrachte die Fläche p als po- sitiv, wenn sie bezüglich auf die Tangente des Punk- tes C auf der entgegengesetzten Seite des Poles E liegt, und wenn ausserdem der Punkt L, von E aus gesehen, sich rechts vom Punkte C befindet; der Sector dagegen werde als positiv angesehen, wenn
4
50 Amsler's Polarplaiiimeler.
die Gerade L in die nachfolgende Lage durch eine Drehung von links nach rechts gelangt.
c) Denkt man sich auf diese Weise jedes Flä- cheneleinent, weiches durch zwei auf einander fol- gende Lagen der Geraden C F und durch die von ihren Endpunkten durchlaufenen Bogen begranzt wird, in ein Parallelogramm p und einen Sector s zerlegt, so ist leicht einzusehen , dass die Summe
-£ p + 2; s ausgedehnt auf den ganzen von F' C durchlaufenen Raum , der von der Curve Z begränzten Fläche gleich ist. Man darf nur bemerken , dass durch abwechselnd entgegengesetzte Bewegungen der Geraden FC auch abwechselnd positive und negative Flächen beschrieben werden, die nach a) jeden innerhalb Z liegenden Punkt eine ungerade Anzahl Mal , jeden ausserhalb liegenden Punkt eine gerade Anzahl Mal enthalten und daher aus- serhalb Z sich aufheben, innerhalb Z einfach bleiben.
Man kann sich diese Betrachtung veranschauli- chen, indem man die ganze von der Geraden CF durchlaufene Fläche durch parallele Gerade in un- endlich schmale Streifen zerlegt. Die Summe der in- nerhalb eines solchen Streifens P Q S R (Fig. 2) fal- lenden Theile der durch p und s bezeichneten Flä- chenelemente ist daim offenbar gleich dem in den Streifen hineinfallenden Theil der Fläche Z; ander- seits aber ist die Summe aller dieser Streifen gleich der Summe 2; p + Zis.
Bezeichnet man durch J den Inhalt der Curve Z, so ist demnach
J = Z p + 2: s (A)
Anmerkung. Will man die Beweisführung strenge ma- chen, ohne die allgemeinen Grundsätze des luGnilesimalcakuls
Aiusler's PolarplaDitneter. 51
anzuwenden, so darf man nur davon ausgehen, dass das Flu- chenelenienl C F K L (Fig. 9.) zwischen den Flächcuslücken CFIKL und C F I' K L enlhallen ist, deren jedes gleich der Sararae eines Seclors und eines Parallelogranimes ist. — Ent- sprechend muss im Nachfolgenden augewendetwerden, dass wenn der Punkt F der Reihe nach den Hogen F K , die gebrochenen Linien F I K und F 1' K durciiiüufl , die UoUc D im ersten Fall einen kleinern Bogen abwickelt , als im zweiten , aber einen grössero Bogen als im drillen Fall.
Man nehme nun an, dass mit der Geraden CF eine auf der Zeiclmungsebene mit Reibung laufende Rolle verbunden werde , deren Axe parallel zu G F sei. Ziu' Vereinfachung- denken wir uns den Berüh- rungspunkt der Rolle mit der Ebene zunächst auf der Geraden CF selber, etwa in D liegend. — Führt die Gerade die in 4. betrachtete Bewegung aus , so wird die Rolle bloss gleiten oder bloss sich drehen, je nachdem ihre Verschiebung in der Richtung der Rol- ienaxe oder senkrecht dazu statt findet. Wird die Rolle nach einer beliebigen Richtung geführt , wäh- rend ihre Axe einer festen Geraden parallel bleibt, so nimmt sie eine theils gleitende , theils rollende Bewegung an, und offenbar ist der von der Rolle ab- gewickelte Bogen gleich dem senkrechten Abstand der beiden Lagen, welche die Axe zu Anfang und am Ende der Bewegung einnahm. — Ist insbeson- dere der vom Berührungspunkt der Rolle zurückge- legte Weg gerade und = w , t/; der Winkel den die Rich- tung dieses Weges mit der Richtung der RoUenaxe bildet, h der Abstand der Anfangs - und Endlage der Axe, so ist hienach
h = CO sin t-
52 Amsler's Polarplanimeter.
Ersetzt man die stetig^e Bewegung- der Geraden C F abwechselnd durch eine parallele Verschiebung- und eine Drehung, wie in 4. b) angegeben wurde, so wickelt die Rolle D bei ihrem Uebergang aus der Lage C F in die Lage L J einen Bogen = h ab , wel- cher gleich dem senkrechten Abstand der beiden La- gen ist. Hernach , wenn die Gerade L J in die Lage L K übergeht , beschreibt der Berührungspunkt D der Rolle einen Bogen gleich q <p wo q = CD ist und q> den Winkel JLK bezeichnet, um welchen die Ge- rade sich gedreht hat; die Rolle wird daher den Bo- gen Q (p abwickeln. Geht also die Gerade F C in die Lage LK über, so ist der ganze von der Rolle ab- gewickelte Bogen = h + 9 g) und folglich
u = 2: h + Z^qp, (B)
wo u den ganzen Bogen bezeichnet, welchen die Laufrolle abwickelt, während der Punkt F die Curve Z umschreibt. Die Summenzeichen beziehen sich auf die sämmtlichen in 4. durch p und s bezeichneten Flächenelemenle. — Die Summen sind wieder in al- gebraischem Sinne zu verstehen; und zwar betrach- ten wir die Grössen h und p und ebenso die Grössen (p und s gleichzeitig als positiv oder negativ.
Die Formel (B) gilt auch dann noch, wenn der Berührungspunkt der Rolle D nicht auf die Gerade C F fallt , wenn diese nur der Rollenaxe parallel ist ; allein dann bezeichnet 9 == C D i (Fig. 3) die Frojiec- tion der Entfernung C D auf die Gerade C F. Dreht sich nämlich die Linie C F um C um einen Winkel 9, so beschreibt der Punkt D einen Kreisbogen D D' vom Radius C D , also von der Länge cl) . (p. Die Rol-
Amsler's Polarplanimeter. 53
lenaxe bildet mit diesem Bogen den Winkel (90 o — L D C D i) und es ist daher
CD • <p. sin (900 _ L^ DCDi) der Bogen, den die Rolle bei der Drehung der Ge- raden FC um den Winkel cp abwickelt, wie aus der zu Anfang dieser Nro aufgestellten Gleichung h = a sin ip folgt. Allein es ist
CD • (p. sin (900 _ L D C D ,) = CD • qp. cos L D C D ,
= CDi • (p = Q<p, wenn C D i = (> gesetzt wird.
Ebenso gilt die Formel (B) auch noch , wenn der Punkt D oder D i auf die Verlängerung von F C über C hinaus fallt; nur ist dann q als negativ anzusehen.
6.
In dem besondern Fall, wo der Pol E ausser- halb der Curve Z liegt, ist
2: s = 0 da die Gerade CF (der constante Radius aller Sec- toren s) gleiche Drehungen in positivem und negativem Sinne ausgeführt hat, nachdem sie in ihre Anfangs- lage zurückgekehrt ist. Die Gleichung (A) geht da- her über in
J = 2; p. (C)
Aus demselben Grunde wird in Gleichung (B) H Q q) — Q E(p = 0, so dass die Gleichung (B) in die folgende übergeht u = 2: h. Hieraus erhält man durch Multiplication mit dem Constanten Factor r = C F
54 Amsler's Polarplanimeter.
ru = rZh = Z rh. Es ist aber r die Grundlinie , h die Höhe des durch p bezeichneten Parallelogrammes, also p = rh, und vorstehende Gleichung giebt daher r u = 2; p
Verbindet man diese Gleichung mit (C) so er- halt man
J = ru (D)
r u stellt den Inhalt eines Rechteckes von der Grund- linie r und der Höhe u vor; folglich istdievondem Punkte F umschriebene Flache gleich einem Rechtecke, welches die constante Länge r der beweglichen Geraden FC zur Grund- I linie, den von der Rolle D während der Be- wegung abgewickelten Bogen u zur Höhe hat.
7.
Im zweiten Fall, wo der Pol E sich innerhalb der umfahrnen Curve Z befindet (Fig. t) , macht die Gerade C F eine ganze Umdrehung , bevor sie in ihre Anfangslage zurückkehrt ; an Stelle , dass sie im vorigen Falle gleiche Drehungen in positivem und negativem Sinne ausführt. Die von den Punkten F und C durchlaufenen Curven Z und X (die Kreislinie) zerlegen die Zeichnungsebene in Flächen von zweier- lei Art : a) in Flächenstücke , welche von beiden Curven gleichzeitig eingeschlossen oder gleichzeitig ausgeschlossen werden, und b) in Flächenstücke, welche von der einen Curve aus-, von der andern eingeschlossen werden, (also vollständig begränzt sind).
Amslor's Polarplanimeter. 55
Die Punkte in den Flächenraumen der ersten Art werden offenbar von der bewegliclien Geraden F C gar nicht oder eine gerade Anzahl Mal, die Punkte in den Flächenräumen der zweiten Art eine ungerade Anzahl Mal durchlaufen. Es folgt hieraus, dass die Summe der in No. 4. durch Z' P 4- Z" s bezeichneten Elemente jetzt nicht mehr den Inhalt der Curve Z, sondern nur die Summe der Inhalte der Flächenräunie zweiter Art darstellt. Hält man aber das in 4, b) über das Vorzeichen von p und s Gesagte fest, so erscheinen die ausserhalb der Kreislinie X liegenden Flächenstücke hiebei offenbar als positive , die im Kreise liegenden Flächenstücke als negative Summanden; d. h. die Summe Z p + Z s ist in diesem Fall die Differenz der von den Curven Z und X begränzten Flächen. Bezeichnet also J den Inhalt von Z , und R = C E den Radius des Kreises X, so ist
J — R3;r = Zp + Z s (E)
Man kann sich den Beweis dieser Gleichung an- schaulicher machen, wenn man zuerst annimmt, dass die Curve Z den Kreis X ganz einschliesse. —
Die Gleichung (B) gilt in dem vorliegenden Fall
unverändert.
8.
In der Gleichung (E) ist
2: s = r -' Ä.
Denn die bewegliche Gerade r « F C macht, nach Annahme, eine ganze Umdrehung, bevor sie ihre Anfangslage erreicht. Die algebraische Summe aller von ihr successive beschriebenen Secloren ist daher ein Kreis vom Radius r. Folglich wird die Gleichung (E)
56 Amsler'& Polaiplanimeler.
J ~ R ^ Ä - r 2 ff + 2: p (F)
Der Term 2J Qcp in der Gleichung- (B) wird = Q 2J(p == 2Q7t, da die Summe aller Drehungen eine ganze Umdrehung ausmacht. Also geht die Gleichung (B) über in
U = 2: h + 2Q7t
woraus folgt
r u = 2: r h 4- 2 r 9 ff oder ru = U p + 2rQn (G)
Durch Elimination des Gliedes Z p aus den Glei- chungen (F) und (G) erhalt man
J = (R 2 + r 2 - 2 r 9) ff + r u (H)
Die Parenthese enthält einen von den Dimensionen des Planimeters abhängigen constanten Faktor; also folgt aus vorstehender Gleichung: Befindet sich der Pol E innerhalb der umfahrnen Fläche, so ist diese gleich einer Constanten plus einem Rechtecke, dessen Basis CF = r und dessen Höhe gleich dem von der Rolle abge- wickelten Bogen ist.
9.
Die in 6) und 8) ausgesprochenen Sätze enthal- ten die vollständige Theorie des Polarplanimeters. — Bezüglich auf die Eintheilung des Stabes A (Fig. 4) erkennt man daraus Folgendes :
Soll eine ganze Umdrehung der Laufrolle einem Flächeninhalt z. B. von einem Quadratdecimeter ent- sprechen , so muss , wenn v der Umfang der Rolle ist,
Amsler's Polarplanimeter. 57
r V = 1
also
1 r = —
^
sein, wo r und v in Decimetern auszudrücken sind.
Da die Gleiciiung" (D) niciit von q abhängt, so ist klar, dass wenn der Index der Theilung- (die Kante M) in die Verlang-erung- der Axe C fallt, der Stab A sowohl von der Seite M als von der entge- geng-esetzten Seite her in die Hülse H gesteckt wer- den darf, vorausgesetzt, dass diese Theile gehörig symmetrisch construirt sind , und dass man den Pol ausserhalb der zu messenden Figur aufstellt. — Da- gegen sind die Constanten für die beiden Stellungen verschieden, wie Gleichung (H) zeigt, indem für die zweite Stellung q negativ ist.
Die Constante (R2 + r2 — '2vq) ti in der Gleichung (H) kann leicht construirt werden. Sie ist nämlich gleich einer Kreisflache, deren Radius so gefunden wird: Man bringe das Instrument in eine solche Stellung, dass die Ebene, welche den äussersteii Um- fang der Rolle I) enthält, erweitert durch die Spitze E gehl. Alsdann ist die Entfernung EF der frag- liche Radius.
Dieses gilt auch dann, wenn der Berührungs- punkt der Rolle mit der Zeichungsebene in die Ver- längerung der Geraden C F , oder neben dieselbe fällt. Zum Beweise darf man nur das am Schlüsse von No. 5 Gesagte berücksichtigen und anwenden, dass für die Figuren 5 und 6 die Gleichung gilt
ET2 = cT2 + CE2 -f- 2gf . CD
58 Amsler's Polarplanimeter.
10.
Verallgemeinerung der bewiesenen Sätze.
Die im Vorangehenden angestellten Betrachtun- gen sind einer Verallgemeinerung fähig, die an und für sich merkwürdig ist, ausserdem aber zu einer nähern Würdigung der Fehler führt , welche aus un- genauer Conslruction des Planimeters entspringen. Einige Andeutungen darüber dürften desshalb hier am Platze sein.
Setzt man an Stelle der in No. 4 bis 9 betrach- teten Kreislinie X eine beliebige krumme oder ge- brochene, geschlossene oder offene Linie, so gelten die dort gefundenen Resultate auch noch mit geringen Modificationen. Nämlich, bewegt sich der eine Endpunkt C einer Geraden von constanter Länge r = FC auf der beliebigen Curve X, während der andere Endpunkt eine geschlos- sene Fläche Z umschreibt, so wickelt eine auf der Zeichungsebene laufende Rolle D, deren Axe parallel der beweglichen Geraden, und damit verbunden ist, einen die Fläche Z messenden Bogen u ab, vorausgesetzt, dass die Gerade F C am Anfang und Ende der Bewegung die nämliche Lage einnimmt. Bezeichnet nämlich J den Inhalt von Z, M eine von X abhängige Con- stante (die auch = o sein kann), so ist
J = M + r u (J)
Zum Beweise müssen folgende Fälle besonders
betrachtet werden.
a) Während der Funkt F die Curve Z umschreibt,
Amsler's Polarplanimeter. 59
durchläuft der Punkt C nur einen Bogen der offenen oder geschlossenen Curve X.
In diesem Falle gelten die Gleichungen (A) und (B) unverändert, indem hei der Herleitung derselben nirgends von der Voraussetzung Gebrauch gemacht wurde, dass X eine Kreislinie bezeichne. Es wurde nur angenommen, dass der Punkt 0 bei der Bewe- gung vorwärts und rückwärts den nämlichen Weg durchlaufe.
Im allgemeinen wird in diesem Falle die Gerade CF gleiche positive und negative Drehungen ausfüh- ren, und es wird daher wie in No. 6
2^S = 0 Z! Q q) = o
sein, und es gilt daher noch die Gleichung
J = r u (K)
In singulären Fällen kann die Gerade C F eine ganze Umdrehung vorwärts oder rückwärts ausfüh- ren; nämlich dann, wenn die Curve Z und das vom Punkte C durchlaufene Bogenstück eine gerade An- zahl gemeinschaftlicher Normalen besitzen, deren zwi- schen den Fusspunkten enthaltene Stücke gerade = r sind. In einem solchen Fall wird
Z s = ± r^'jt
und man erhält aus den Gleichungen (A) und (B)
J = + (r 2 — 2 r 9) jr + r u (L)
b) Die Curve X kann geschlossen sein, und vom Punkte C ganz durchlaufen werden, während der Punkt F die Curve Z umschreibt, und zwar können beide Punkte den Weg im gleichen Sinne zurück-
0Q Amsler's Polarplanimeter.
legen (z. B. von links nach rechts, vom Innern der betreffenden Ciirven aus gesehen).
Bezeichnet i den Inhalt der Curve X , so ist in diesem Fall die Gleichung (E) durch folgende zu er- setzen :
J — i = 2:p + 2:s Die Gleichung (B), nämlich
gilt unverändert.
Führt die Gerade CF gleiche positive und nega- tive Drehungen aus (was aber nur unter der in a) bezeichneten singulären Bedingung statt finden kann) so ist
2; s == 0 , ÜQ 71 == 0 also
J - i = r u (M)
Macht dagegen C F eine ganze Umdrehung , so ist
und obige Gleichungen geben daher
J _ i = (r 2 _ 2 r 9) ;r + r u (N)
c) Die Curven X und Z können beide geschlossen sein , und von den Punkten C und F in entgegenge- setzten Richtungen durchlaufen werden (gleichfalls ein singulärer Fall).
Die Gleichung (B) gilt auch hier unverändert, dagegen ist die Gleichung (E) zu ersetzen durch
J-i-i = 2:p-h2;s
Je nachdem die Gerade C F gleiche positive und negative Drehungen ausführt, oder eine ganze Um- drehung macht, ist
Amsler's Polarplanimeter. (31
2^ S = 0 , £ Q qp = 0
oder 2 s = r'^jt , 2: q fp= '^qtc und die vorstehende Gleichung-, verbunden mit der Gleichung- (B) g^iebt
J + i = r u (0)
oder
J + i = (r 2 — -2 r 9) :r -H r u (F)
— Alle vorang-ehenden Resultate gelten auch dann noch, wenn eine der Curven X oder Z Knoten bil- det, vorausgesetzt, dass man den von einer solchen Curve beg-ränzten Flächeninhalt in nachfolg-ender , auch sonst angenommenen Weise definirt:
Bildet eine Curve Knoten, wie z. B. die in Fig. 28 dargestellte, so kann man sie in Stücke zerlegen, deren jedes für sich einen zusammenhängenden Raum abgränzt. Fallen zwei solche Flächenräume in ein- ander, wie z. B. a und ß oder « und y, so werden sie als übereinander gelagert betrachtet. Diese Flä- chenräume sind tlieils als positiv, theils als negativ anzusehen: und zwar nach folgender Regel : Durch- läuft ein Punkt die Curve nach ihrem stetigen Zug, so wird er die einzelnen Flächenräume theils recht- läufig (von links nach rechts), theils rückläufig um- schreiben. Die Flächenräume der ersten Art (wie «, ß, f) sind als positiv, die der zweiten Art (wie y und d) als negativ anzusehen. Die algebraische Summe aller Räume, also in der Figur a -\- ß — y — d + £, ist der Inhalt der Curve.
11.
Die Fehler des Planimeters können einmal von einem unrichtigen Spiele der Rolle D, sodann aber davon herrühren, dass die geometrische Anordnung
62 Amgler'ä Polarplanimetcr.
der einzelnen Theile nicht genau die durcii die Theorie verlangte ist. — Behält z. B. der Pol E nicht in aller Schärfe eine unveränderliche Stellung, oder spielt die Axe C zu locker zwischen ihren Spitzen, so be- wegt sich der Punkt C (Fig. 1 und 2) nicht in aller Strenge auf einer festen Kreislinie ; sondern er um- schreibt eine sehr schmale und langgestreckte Fläche (in dem in Nro 6 behandelten Fall) oder eine wenig vom Kreise abweichende Fläche (in dem in Nro 7 betrachteten Fall). Sei i im ersten Fall der Inhalt der Fehlercurve, im zweiten Fall ihre Abweichung von der Kreisfläche , so giebt der Planimeter offenbar (nach 10) nicht J, sondern J a i an. Dass aber i im All- gemeinen sehr klein ausfallen muss, leuchtet ein, wenn man bedenkt, dass auf den Fahrstift, also auch auf den Punkt C ein Zug bald in einem, bald im ent- gegengesetzten Sinne wirkt, dass also in der Regel die Fehlercurve Knoten haben wird.
— In gleicher Weise kann man sich den Fehler veranschaulichen, der daraus entspringt, dass die Rolle D , in Folge lockerer Befestigung , etwas in der Richtung ihrer Axe spielen kann; einfacher aber ist es, hiezu die Gleichung (B) anzuwenden. — Bezeichnet A die Abweichung der Rolle von ilirer mittlem Stel- lung in der Richtung der Axe, a den daraus ent- springenden Fehler der Abwicklung u , so ist offenbar
A ist sehr klein und bald positiv bald negativ, und namentlich sind die Abweichungen nach beiden Seiten sehr nahe gleich , wenn die Curve X die Fläche Z durchschneidet.
— Ist endlich die Rollenaxe nicht genau parallel zu
Amsler's Pohrplanimeter. (33
CF, SO inisst u nicht die von F umschriebene Fläche. Man ziehe durch C (Fig-. lü) zur Rollenaxe eine Parallele C F' und schneide darauf (J F' = C F ab. Umschreibt F die Curve Z so beschreibt F' eine andere Curve Z' wovon oflenbar der abgewickelte Bogen u den Inhalt misst. — Die Curven Z und Z' können sich umschliessen , wenn C F eine ganze Um- drehung macht ; sie müssen sich aber eine gerade An- zahl Mal durchschneiden , wenn C F gleiche positive und negative Drehungen ausführt. Die Abweichung der Curven Z und Z' ist um so grösser, je näher sie am Punkte E liegen.
— Am schwierigsten zu schätzen und zu besei- tigen sind die aus dem ungenauen Spiel der Rolle D hervorgehenden Fehler. Es wurde vorausgesetzt, dass die Rolle sich nicht dreht , wenn sie in der Rich- tung ihrer Axe auf dem Papier verschoben wird. Dieses könnte nur dann in alier Schärfe stattfinden, wenn der Rand der Rolle eine absolute Politur be- sässe und ausserdem die Zapfenreibung gänzlich be- seitigt werden könnte. Beide Bedingungen sind aber nur näherungsweise erfüllbar; indessen können die daraus entspringenden Ungleichheiten im Spiel der Rolle fast gänzlich beseitigt werden, wenn man den Rand der Rolle in der Richtung der Axe in passen- der Weise streift. —
Es versteht sich von selber, dass man vor dem Gebrauch den Planimeter nur einer summarischen Prüfung unterwerfen und untersuchen wird , wie ge- nau er eine Figur von bekanntem Inhalt misst (ver- gleiche hierüber Nro 2). Die vorliegende Untersuchung der einzelnen Fehlerquellen ist aber für den Mecha- niker von Interesse , weil er danach beurtheilen kann.
64 Aoisler's Polarplanimeter.
welchen Grad von Sorgfalt er beim adjustiren der einzelnen Theile anwenden niiiss.
Bemerkungen über die Einrichtung des Poharplaninietei'ä.
12.
1) Wenn der Punkt E ausserhalb der umfahrneu Fläche Z liegt, so ist der von der Rolle D abge- wickelte Bogen unabhängig vom^ Radius C E = R. Man kann daher diesen Radius auch so einrichten, dass er beliebig verlängert werden kann, vorausge- setzt, dass man nur von der genannten Aufstellung Gebrauch machen will.
2) Von der gewählten Form des Instrumentes kann man in mehrfacher Beziehung abgehen. Man kann z. B. die Rolle D neben dem Stab A, statt unter demselben anbringen; allein bei der in Fig. 3 darg-estellten Einrichtung ist das Instrument am besten balancirt und die Drehaxen C und E erleiden den geringsten Druck. Ferner kann man den Stab A von beiden Seiten her in die Hülse stecken; nur muss dann der Index für die Theilung genau in die Ver- längerung der Axe C liegen, und die für die einzelnen Einstellungen anzuwendenden Constanten müssen für beide Lagen besonders bestimmt werden. — Eine solche Einrichtung ist übrigens praktisch nicht em- pfehlenswerth. da es äusserst schwierig ist, ein In- strument so zu adjustiren , dass es in beiden Lagen genaue Resultate giebt.
3) Will man den Druck, welcher die Rolle D gegen das Papier presst, reguliren, so kann man
Amsler's Polarplanimeter. 65
den Stab B über E hinaus verlängern und an die Ver- längerung- ein Laufgewicht anbringen.
4) Wie in Nr. 10 bewiesen wurde, darf der Punkt C statt einer Kreislinie jede andere vorgeschriebene Bahn durchlaufen. Allein praktisch anwendbar dürfte nur noch etwa die Gerade sein, wiewohl ohne be- sondern Vortheil.
13.
Die einzige Bedingung in der Construklion des Folarplanimeters , die sich nicht mit jedem beliebigen Grad von Schärfe realisiren lässt (wiewohl den prak- tischen Anforderungen mehr als genügt werden kann), ist die, dass die Laufrolle sich genau nach dem in Nr. 5 bezeichneten Gesetze bewege. Dieselbe Schwie- rigkeit stellt sich aber auch bei den nach andern Syste- men construirten Planimetern ein; und es ist mir gänz- lich unwahrscheinlich, dass überhaupt ein Planimeler zur Berechnung krummlinig begrenzter Figuren her- gestellt werden könne , welches nicht mit einem ähn- lichen Uebelstande behaftet ist. Um aber wenigstens zu zeigen, dass noch andere Principien existiren, auf welche ein Planimeter basirt werden kann, soll hier eines angeführt werden , welches ich zur Anwendung gebracht habe.
In Fig. 15 bezeichnen CF, CE zwei Lineale, welche bei C durch eine Axe verbunden sind. Bei E ist ein Nadeleiusatz, bei F ein Fahrstift angebracht. Der Stab DD' ist durch eine Geradführung mit dem Stabe CF unter rechtem Winkel verbunden, und zwar so, dass er seiner Längenrichtung nach sehr leicht verschoben werden kann. Bei D und D' sind auf dem Papier laufende Rollen mit scharfem. Rande ange-
5
ßg Aiusler's Polarplaniiueler.
bracht, deren Axen parallel zu DD' gestellt sind. Umschreibt der Punkt F eine geschlossene Curve Z, so verschiebt der Stab DD' sich längs seiner Gerad- führung um ein gewisses Stück u. Setzt man (rF = r, so ist die umfahrne Fläche = ru oder = ru + Const., je nachdem der Punkt E sich ausserhalb oder inner- halb derselben befindet. Um die Verschiebung able- sen zu können, kann man auf dem Stab DT)' eine Theilung anbringen, oder mit einer der Leitrollen einen Zeiger verbinden , welcher auf einem gelheilten Kreise spielt.
Zum Beweise darf man nur die Betrachtungen der Nr. 4 bis 8 anwenden und bemerken, dass der Stab DD' seine Stellung gegen den Stab CF nicht ändert, wenn ersterer nach seiner Längenrichtung bewegt wird ; dass dagegen , wenn C F parallel zu einer fe- sten Geraden verschoben wird, auch der Stab DD' sich längs seiner Führung um eine entsprechende Strecke verschiebt.
Ob die Anwendung dieses Principes praktische Vorlheile darbietet, wurde durch die etwas flüchtig angestellten Versuche nicht erwiesen.
14.
Die Anwendung der in den Nr. 4—6 abgeleite- ten Principien führt noch auf eine eigenthümliche Form des Planimeters , welche von geringem praktischen Werth sein dürfte, aber hier noch angeführt werden mag, weil sie den weiterhin 7;u beschreibenden Pla- nimetern von Oppikofer und Wetli in der Weise ge- genübersteht, dass bei ihm Oppikofer's Kegel und VVetli's Scheibe durch eine Kugel ersetzt sind.
Eine mit Axe versehene Halbkugel K, Fig. 14,
Anisler's Flächenroduclor. Q^
rollt auf einer Bahn , und wird durch einen Wagen W ♦Jferade geführt. 3Iit dem Wagen ist ein Stab CF verbunden, welcher sich um eine verticale, verlän- gert durch den Kugelmittelpunkt gehende , Axe C drehen kann. Der Stab trägt bei F einen Fahrstilt, bei C eine auf der Kugelfläche laufende Rolle D , de- ren Axe parallel zu CF ist, und deren Mittelebene erweitert durch den Kugelmittelpunkt geht.
Umschreibt der Fahrstift F eine geschlossene Fi- gur, so ist deren Inhalt proportional dem von der Rolle D abgewickelten Bogen.
Der Fläehenreduetop.
15.
Mit dieser Benennung kann man ein sehr einfa- ches Instrument belegen, welches dazu dient, eine Zeichnung in einen andern Masstab zu übertragen, in der Art aber, dass die Kopie dem Original nicht ähnlich ist, sondern dass nur die einander entspre- chenden Flächen proportional sind.
Fig. 20 und 21 zeigen im Grund- und Aufriss ein solches Instrument, welches in Verbindung mit dem Polarplanimeter zur genauem Messung kleiner Figuren dienen kann.
Die Stäbe A und B sind durch die Axe C mit einander verbunden. Der Stab B trägt bei E einen Nadeleinsatz. Bei F ist eine konische Vertiefung in den Stab A gebohrt, welche dazu bestimmt ist, die Fahrstiftspitze eines Planimeters aufzunehmen. In der Nähe von C ist der Stab durchbohrt und die Oeifnung dient einem Glasplättchen als Fassung, dessen Mitte
68 Amsler'8 Flächenreduclor.
F' unlerhalb durch eine Marke (einen kleinen Kreis) bezeichnet ist. Eine Luppe L dient zur scharfen Ein- stellung der Marke. Die Mitte der Vertiefung^ F, der Marke F' und der Axe C liegen in der nämlichen Ver- tikalebene.
Das Instrument könnte auch so eingerichtet wer- den, dass die Entfernung CF = r und CF' = r' ver- änderlich wären.
Setzt man das Instrument so auf eine Zeichnung, dass es mit der Nadelspitze E und den bei F und F' angebrachten Erhöhungen aufsitzt, und umschreibt mit der Marke F' eine geschlossne Fläche Z' vom Inhalt J', während E ausserhalb Z' eine unveränder- liche Stellung einnimmt, so umschreibt F eine andere geschlossne Curve Z vom Inhalt J. Zwischen J und J' besteht die durch folgende Gleichung ausgesprochene Beziehung .1 : J' = r : r'.
Ist z. B. r = 10 r', wie in der Figur, so ist auch J = 10 J'.
Das Instrument gewährt daher den Vorlheil , dass man am Planimeter eine zehnmal vergrösserte Able- sung erhält, ausserdem aber den Umfang der zumes- senden Figur Z' mit Hülfe von Marke und Luppe ge- nauer verfolgen kann, als mittelst des blossen Fahr- stiftes. Das Instrument wird mittelst des bei F auf- gesetzten Planimeterfahrsliftes geführt.
Ich muss bemerken, dass Hansen schon früher am Wetlischen Planimeter eine auf Glas gezeichnete Marke nebst Luppe zum Nachfahren der Figuren an- brachte.
16.
Zum Beweise des in Nr. 15 aufgestellten Satzes denke man sich (Fig. *25) in C, E, F', F die Mitten
Amsler's Fläcbenrcduclor. 69
der Axe C , der Nadelspitze E , der Marke F' und der Vertiefung F (der Spitze des Fahrstifts) projicirt. Umschreibt der Punkt F eine Curve Z, so umschreibt F' g^ieichzeitig- eine Curve Z', und C durchläuft einen Kreisbogen X. Ein Flachenelement , welches von zwei successiven Lagen der Geraden CF'F und den dazwischen enthaltenen Bogenstücken der Curven Z und X oder Z' und X begrenzt wird, kann, wie in Nr. 4 gezeigt wurde, durch die Summe eines Paral- lelogrammes p oder p' und eines Sectors s oder s' ersetzt werden, und man schliesst daraus, dass
J = zp + 2;s, J' = £p' + 2;s'.
Da der Punkt ausserhalb den umfahrnen Curven angenommen wurde, so ist
Hs = 0 £8' = 0
also
j = 2;p J' == 2;p'
Je zwei gleichzeitig beschriebene Parallelogramme p und p', wie FCLJ und F'CLJ' in Fig. 25, liegen aber zwischen den nämlichen Parallelen, verhalten sich also zu einander wie ihre Grundlinien FC = r und F'C = r', d. h. es ist
p : p' = r : r'
also auch, da r und r' constant sind,
Zp ; 2\)' = r : r' oder
.1 : .1' == r : r'
Es ist übrigens (nach Nr. 10) klar, dass diese Gleichung auch dann noch gilt, wenn die Kreislinie X durch eine beliebige andere Linie ersetzt wird.
70 Amsler's Fiacheureductor.
17.
Es folgen hieraus leicht zwei merkwürdige Sätze über Pantographen. Nämlich :
1) Die Einrichtung der gewöhnlichen Form eines Pantographen ist in den Figuren 11 und 12 ange- deutet. E bezeichnet das feste Centrum , F den Fahr- stift, F" den Zeichenstift. Soll die übertragene Fi- gur der ursprünglichen ähnlich sein, so müssen die Punkte FEF" auf einer Geraden liegen. Allein, auch wenn diese Bedingung nicht erfüllt ist, so werden doch die Flächen in konstantem Yerhältniss reducirt, nämlich im Verhältniss CF' . F"C' : FC . F'C
Fällt das Centrum E in eine Ecke des von den Linealen gebildeten Viereckes, so gilt dieses selbst dann noch, wenn das Viereck kein Parallelogramm, sondern ein beliebiges Trapezoid ist.
2) Bringt man an irgend einen nicht unmittelbar nach dem festen Centrum gehenden Lineal eine auf der Zeichnungsebene laufende Rolle an, deren Axe parallel mit dem Lineal ist (d. h. parallel mit der Ge- raden, welche die auf dem Lineal liegenden Dreh- punkte verbindet) , so raisst die Umdrehung der Rolle die vo!n Fahrstift umschriebene Fläche, und zwar auch in den in 1 ) bezeichneten Fällen.
Der Beweis beider Sätze lässt sich leicht aus dem Vorangehenden ableiten; er ist in den Figuren 11 und 12 durch die gewählte Bezeichnung ange- deutet.
(Schluss folgt.)
Die nähern Beslandtheile und die Nah- rungsmittel der Pflanzen.
Vorgetragen am 3. November 1835 zum Reliut' der llabiiilation aa der Zürcher Universität.
Von Dr. Carl Cramer.
Die Leistungen der reinen Botanik, im Gegensatz zu der angewandten, lassen 3—4 verschiedene Ricli- tungen erkennen, die sicli in der Geschiclite dieser VVissensciiaft zwar nur undeutlicli von einander aus- gescliicden liaben, ja zum Theil nocli jetzt einander bald durciikreuzen , bald neben einander fortlaufen, obwohl sie ihrem Wesen nach im Verhältniss der Aufeinanderfolge zu einander stehen. Die frühesten Bestrebungen der reinen Botanik waren auf die Kennt- iiiss der Pflanzen im ausgewachsenen Zustand gerichtet und noch jetzt bildet dies den Hauptinhalt der soge- nannten systematischen Botanik. Weniger das häufig fühlbare Bedürfniss neuer Unterscheidungsmerkmale, als die Erfindung des Mikroskopes lenkte spater die Thiitigkeit der Forscher auf ein ganz neues Gebiet. Wie ein jeder, der sich plötzlich im Besitze dieses Instrumentes sieht, so hatte indessen auch die Wissen- schaft zuerst eine Periode planloser Tändeleien durch- zunuichen , das Vergrösserungsglas wurde vielftich zum Kaleidoskop herabgewürdigt und nur langsam gestalteten sich die Fragen nach dem innern Bau der Gewächse und der Entstehung der Pflanzen aus Ele- mentarorganen. Bald zwei Jahrhunderte sind verflossen seit jener hochwichtigen Erfindung; kein Wunder also,
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wenn sich die Pflanzenanatomie und die ihr verschwi- sterte Lehre von der Entwickhingsgeschichte der Pflanzen, wie die ältere Systemkunde, bereits einer hohen Biiithe rühmen können, wahrend man fast in Verlegenheit kömmt, soll man jenen zarten Liebling der Gegenwart, der sich erküiint, die Lebenskraft in ihre Faktoren zu zerlegen, auch nur mit einem Namen bezeichnen. Beobachtungen über pflanzenphysiolo- gische Erscheinungen, und Hypothesen über die Ur- sache derselben sind nichts Neues, aber eine erspriess- lichere Bearbeitung dieser Fragen musste erst durch eine lange Reihe neuer Entdeckungen auf dem Gebiete der Chemie und Physik angebahnt werden. So kömmt es, dass der bleibenden Errungenschaften für diesen ebenso interessanten, als schwierigen Zweig der Bo- tanik bis jetzt nur wenige sind. Zu um so grössern Hoffnungen berechtigt dagegen der stets wachsende Aufschwung der jungen Wissenschaft.
Gestatten Sie mir aus dem umfangreichen Gebiete der Pflanzenphysiologie die nähern Bestandtheile und die Nahrungsmittel der Pflanzen zu einer kurzen Be- trachtung herauszugreifen.
Wir kennen aus der organischen Chemie zwei Gruppen von Stoffen, welche, neben dem \Vasser und einigen mineralischen Körpern, für das ganze Gewächs- reich die grösste Bedeutung haben; es sind: die stick- stofffreien, indifferenten Pflanzenstoffe und die Eiweiss- oder Proteinkörper.
Unter den erstem interessirt uns vorzüglich die Cellulose, unter den letztern das lösliche Pflanzenei- weiss, sowie jene halbflüssige Modifikation, aus welcher der Primordialschlauch , der Zellkern und zum Theil das Protoplasma bestehen.
Gramer, Beslandtheile etc. der Pflanzen. 73
Die Cellulose besitzt die Eigentluimliclikeit, unter Umständen Blasenform anzunehmen, in ausgezeichnetem Grade, und diese Eigenschaft, im Wesen der Cellu- lose eben so sehr begründet wie das Krystallisations- vermögen in der Substanz des Kalkspathes, sie ist in der Pflanzenwelt zur wirksamsten Anwendung gekom- men. Alle Pflanzen bestehen aus Zellen und deren Membran aus Cellulose. Sie verleiht ihnen die nöthige Festigkeit und wie wenig zu diesem Zwecke oft hin- reicht, lehrt die Aprikose, deren zartes Fleisch kaum 1% davon enthält. Zwar darf nicht vergessen werden, dass wo nicht Beimengungen, besonders mineralischer Körper, den Zellstoff in der Ausübung genannter Funk- tion unterstützen, dass da bei einer andern Art der Ver- wendung dieses allgemeinen Baumaterials der Pflanzen der Erfolg ein weit geringerer wäre. Im Mittelmeere wächst eine grosse, mehrere Zoll lange, einzellige Alge, Caulerpa nennt sie der Botaniker; sie würde der Gewalt des Wellenschlages erliegen, wäre nicht ein dichtes Geflecht verzweigter Zellstofifasern in ihrem Innern ausgespannt, welches den dünnen Wandungen der Stengel und Blätter zur Stütze dient; und die Aprikose würde schon bei geringen Verletzungen der Haut all ihren süssen Saft verlieren, wäre jenes Prozent Zellstolf nicht auf die Membranen vieler Zellen ver- theilt , sondern zur Bildung einer einzigen grossen Blase verwendet. Man hat die Zellbildung vielfach mit der Krystallisation verglichen. Beide Erschei- nungen haben das Gemeinsame , dass ein flüssiger Körper in den festen Zustand übergeht und dass sich dabei eine gewisse Beziehung der Molecüle des er- starrten Körpers , dort auf ein Cenlrum. hier auf ein Axensystem, kundgibt. Zelle und Kryslall unterscheiden
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sich aber wesentlich durch die Art ihres Wachsthums : der Krystali verg-rössert sich durch Apposition, die Zelle, wie das Sterkekorn, durch Intussusception.
Mit der Art des Wachsthums im innigsten Zusam- menhang- steht die Bedeutung der Cellulose als Re- gulator der DifFusionserscheinungen bei Pflanzen. Schon mit reinem Wasser in Berührung gebracht zeigt sie, je nach ihren physikalischen Eigenschaften, ein ganz verschiedenes Quellungsvermögen. Dasselbe wechselt bei Anwendung anderer Flüssigkeiten oder von Lö- sungen fester Stoffe und man darf annehmen, dass auch diese äussern Medien, mindestens in ihrer Mischung, sich unter dem Einfluss der Cellulose verändern, in- dem die verschiedenen Lösungsbestandtheile in ver- schiedener Menge imbibirt werden. In gleicher Weise hängt bekanntlich der Austausch zweier Flüssigkeiten, die durch eine Cellulosemembran von einander ge- trennt sind, abgesehen von der chemischen und phy- sikalischen Natur der difFundirenden Substanzen, der Temperatur, dem Druck, wesentlich von der Art und Beschaffenheit der Scheidewand ab. Nicht nur ist die todte Zellenmembran in ihrer Wirkung auf den Durch- gang von Flüssigkeiten total verschieden .von derje- nigen einer lebenskräftigen Zelle, sondern die Mem- branen vegetirender Zellen zeigen unter sich die manig- faltigsten Verhältnisse hierin. Ja, es ist überhaupt kaum eine Zelle denkbar, deren Membran sich durch- weg diosmotisch gleich verhielte; begreiflich, da fast jeder Punkt derselben eigenthümlichen , von aussen und innen wirkenden Einflüssen ausgesetzt ist und jede noch so geringe locale Verschiedenheit der Um- gebung eine äquivalente Rückwirkung auf die Natur der Membran ausüben muss. Die Ursache mancher
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der Qualität und Intensität nach veränderter chemischer Prozesse in Pflanzen und Pflanzcntheilen ist in letzter Linie in der Diosmose zu suchen. — Durch den zel- ligen Bau der Pflanzen werden ferner die Stofle, welche sie verarbeiten, in eine Menge kleiner Partieen getheilt und isolirt. Die Pflanze ist nicht der Ausdruck heftiger, sondern im Gegentheil manigfach gebundener und gelähmter Affmitälen, und gerade jene Abson- derung der Säfte in geschlossenen Kauuiicrn dürfte das geeignetste Mittel sein, um die rohen Naturkräfte in Schranken zu halten und zur Darstellung edlerer Verbindungen zu benutzen.
Von mancher Seite wurden, im Hinblick auf ge- wisse im Laboratorium geraachte Erfahrungen, als die Quelle der Lebensthätigkeit im Pflanzenreich die Pro- tei n k örpe r bezeichnet. Viele Erscheinungen unter- stützen die Vermuthung.
üeberall , wo ein reges Spiel der chemischen Verwandtschaft stattfindet oder sich andere intensive Lebenserscheinungen kund geben, kommen Protein- verbindungen in reichlicher Menge vor oder sind sicht- lich betheiligt. In abgestorbenen Zellen fehlen die- selben ganz oder sind in einer nicht mehr verwendbaren Form abgelagert. Die langsam wachsenden Flechten sind arm daran, die Pilze dagegen, von welchen ein- zelne in wenigen Stunden einen Durchmesser von 1— 2Fuss erlangen, reich. Bei der freien Zellbildung im Embryosack der Phanerogamen, in den Sporen- schläuchen der Flechten und Pilze, bei den Algen sind es stets eiweissartige Körper, welche sich zu- erst, mit oder ohne Beihülfe eines Kernes, blasen- förmig gestalten , dann auf ihrer Aussenfläche Cellu- lose absondern. Vermehrt sich die junge Zelle durch
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Theilimg', so beg-innt der Primordialschlauch, jene erst- geborene Eiweissblase sich einzuschnüren und füllt die Trennungsfurche mit Zellstoff aus. Strömungen im Zellsafte gehen bald von dem eiweissreichen Kerne aus und kehren zu ihm zurück, bald verbreiten sie sich, in sich selbst zurückfliessend , über den Pri- mordialschlauch. Die strömende Flüssigkeit selbst ist stickstoffhaltiges Protoplasma. — Verlängerungen des Primordialschlauches bilden die flimmernden Wimper- haare der Schwärmsporen und die beweglichen Sa- menfäden , welche den Befruchtungsact bei vielen kryptogamischen Gewächsen vollziehen, sind meta- morphosirte Proteinbläschen. Leider bleiben aber die meisten dieser Erfahrungen vorläufig blosse That- sachen und es kann an einen dynamischen Einfluss der Proteinkörper nur in denjenigen Fällen gedacht werden, wo es sich um rein chemische Wirkungen handelt. Aber auch hier dürfte man zu weit gehen, wollte man ihnen jetzt schon einen wesentlichen Ein- fluss auf den Assimilationsprozess zuschreiben. Aller- dings gewinnt der Chemiker aus Stärke unter dem Einfluss von Diaslase : Dextrin, später Zucker, dessen wässerige Lösung mit Hefe versetzt Weingeist und Kohlensäure liefert. Eiweisshaltige Fette zersetzen sich leicht unter Bildung fetter Säuren. Cellulose, Pectin und viele andere Körper erleiden durch ähn- liche Fermente manigfaltige Umsetzungen. Die Pro- teinkörper in den Pflanzen mögen daher häulig da, wo verwandle, degra dir ende Prozesse einzuleiten sind, eine Rolle spielen und für die Dislocation fester Pflanzenstoffe von grossem Nutzen sein: ob sie aber auch zu Vorgängen in umgekehrter Richtung den An- stoss geben, z. B. zur Verwandlung von Zucker in
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Dextrin, von Dextrin in Cellulose, oder o^ar zur Ver- wandlung der rollen Pflanzennahrung- in Zucker, das wird bis jetzt durch keine Thatsache unterstützt. — Dagegen sprechen verschiedene Verhältnisse für ei- nen Innern Zusammenhang der ProteinstolTe mit den stickstofl'freien indiflerenten PflanzenstolTen , sei es nun, dass jene Zucker als Paarling enthalten, oder dass sie wenigstens eine Constitution besitzen, welche die Entstehung- der Zersetzungsprodukte des Zuckers aus den Proteinstoffen ebensowohl möglich macht, als die Bildung- von Körpern aus der Formyl- und Benzoylreihe. Schon für das Thierreich wurde die Ansicht ausgesprochen, es möchten die ProteinstolTe unter Umstanden zur Erzeugung von Zucker die- nen. In der Pflanzenwelt sind grosse Vorräthe von Eiweisskörpern in solchen Pflanzentheilen keine Sel- tenheit, deren Organisation für die Aufnahme und Verarbeitung roher Nahrung nicht eingerichtet ist, die aber bestimmt sind, in der Folge ein selbststiindiges Leben zu führen. Solche Organismen werden daher von der Mutterpflanze mit allerhand Reservenahrung als : Stärke, quellbare Cellulose , Inulin , Oel ausge- stattet. Die Samen , welche in den ersten Stadien ihrer Entwicklung von ihrem eigenen Leibe zehren, den beim Keimen absorbirten Sauerstoff, an Kohlen- stoff gebunden, als Kohlensäure aushauchen und daher, trotz der Vergrösserung ihres Volumens, nach Abzug des Wassers oft beträchtlich leichter werden, die Samen enthalten als Reserve bald vorzugsweise Stärkemehl, bald Oel oder beides. Nicht selten ist nun der eine oder andere dieser Stolle zum Theil durch Eiweiss- körper vertreten und zwar so, dass das Verhältniss der sticksloff'lialtigen Stoffe zu den stickstofffreien in
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den proleinreichen Samen der Hülsenfrüchte im Mittel sich verhält wie 1 zu 2, während dasselbe bei den Getreidekörnern l zu 6,7 beträgt. Das Verhältniss würde sich für den Eiweissgehalt der Leguminosen- samen noch günstiger g-estalten, erlaubten die vor- liegenden Thatsachen diejenige Menge stickstoiffreier Bestandtheile, welche auf die Zellwandungen der Samen fällt, in Rechnung zu bringen. Vom Stärkemehl und Gel steht es nun fest, dass sie zur Bildung von Zell- stoff verwendet werden ; die Bildung des Leichenfettes aus Fleisch ist bekannt und Versuche an Thieren haben den Uebergang von Proteinverbindungen in Fett unter gewissen Bedingungen nachgewiesen. Sollten unter solchen Verhältnissen die Proteinstoffe im Pflan- zenkörper auf keine Weise zur Cellulosebildung bei- tragen können?
Ich kann die Proteinstoffe nicht verlassen, ohne noch ihre Bedeutung für die Diosmose mit wenigen Worten angedeutet zu haben. Es geht aus früher Gesagtem hervor, dass die Cellulosemembran im Innern von einer zweiten stickstoffhaltigen Haut, welche man Primordialschlauch nennt, ausgekleidet ist. Pringsheim hat zwar neulich gezeigt, dass derselbe häufig vom formlosen Protoplasma nicht verschieden ist, in vielen andern Fällen ist er dagegen als die wohl differenzirte äusserste Schicht erhärteten Protoplasmas leicht nach- zuweisen und kann dann, ähnlich wie die Zellstoff- membran, aber in ei gen thüm lieber, durch seine chemische und physikalische Beschaffenheit bedingter Weise den Saftaustausch benachbarter Zellen modi- ficiren.
Alles organische Leben ist an die Existenz von Wasser gebunden. Zwar gab es Leute, die nicht nur
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die beflüofelteii Mondsbewohner , sondern selbst die Gemüse, welche sie essen, gesehen haben wollten; der Natiirkundige aber weiss, dass auf dem Monde weder Thiere noch Pflanzen leben, da er kein ^Vasser besitzt, welches unter allen Flüssigkeiten in grösster Zahl und Menge Körper jeder Aggregatsform löst und deren gegenseitige Reaction ermöglicht. Man lege das tausendjährige aegyptische Weizenkorn in feuchte Erde, dass es aufquillt, und die embryonale Pflanze erwacht aus ihrem Schlaf, treibt Wurzeln in die Tiefe, entfaltet Blätter in üppiger Fülle; und fällt ein Regen, der die fruchtbringenden Bestandtheile des Bodens löst, so saugt sie ihn begierig ein, eignet sich davon an, was und wie viel sie zu ihrem Wachsthum braucht, und athmet mit dem Beistand des überschüssigen Was- sers schwerverdauliche Speise und unnütze Zerse- zungsprodukte in Gasform aus. So ist denn das Wasser nicht nur ein wesentlicher Bcstandtheil der Pflanzen, sondern zugleich das Vehikel, dessen sie sich bedient bei der Aufnahme von Nahrung und der Abgabe von Secretionsprodukten.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Pflanzen, ausser der Cellulose , den Proteinstolfen und dem Wasser, auch einer Anzahl unorganischer Basen und Säuren bedürfen. In einzelnen Fällen ist das Vor- kommen dieser oder jener Mineralsubstanz constant, so zeichnet sich die Membran der Diatomaceen, einer Gruppe niedlicher, einzelliger Algen, durch den aus- nahmslosen Reichthum an Kieselerde aus, die Schach- telhalme verdanken ihre Anwendung zum Poliren reich- lich inültrirter Kieselerde ; bei den Gräsern fehlt sie ebenfalls nicht und bildet im Innern von Bambusa arun- dinacea oft steinharte Massen (Tabaschir). Ausserdem
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haben die Cerealien zum Reifen ihrer Samen eine be- trächtliche Menge phosphorsaiirer Alkahen nöthig. In andern Fällen scheint sich nur der SauerslofFgehalt sämmllicher Basen gleich zu bleiben, was zu der Ansicht geführt hat, dass sich die Basen, unabhängig von ihrer Natur, ersetzen können. Leider geben aber unsere Aschenanalysen über den Gehalt an organischen Basen und an Ammoniak keinen Aufschluss ; wir kennen somit die wahre Grösse des Sauersloffgehaltes aller Basen einer Pflanze auch nicht in einem einzigen Falle. Ueberhaupt ist unser Wissen über die Bedeu- tung der unorganischen Pflanzenbestandtheile noch sehr beschränkt. Es mögen die Basen häufig zur Sättigung schädlicher Säuren dienen, anderseits die Bildung von Säuren durch prädisponirende Verwandtschaftskraft veranlassen. Die Alkalien und deren Verbindungen mit Phosphorsäure dürften zur Lösung geronnener Ei- weisskörper beitragen , während fettsaure Alkalien oder Seifen die Zellmembran für Fette permeabel machen. Schwefelsaure und phosphorsaure Salze ver- sehen die Pflanzen mit der nöthigen Menge Schwefel und Phosphor.
Ich habe soeben die wichtigsten PflanzenstofFe betrachtet, die sich als solche entweder dadurch be- währen, dass sie unmittelbaren Antheil an dem Auf- bau der Gewächse nehmen, oder die belebende Trieb- kraft liefern , den Stoffwechsel modificiren oder den Weg darstellen, auf welchem, im Gegensatz zur künst- lichen Maschine, die durch die Lebensweise der Pflanze nöthig gewordene Erneuerung der Organe — der Pflanze selber möglich gemacht wird. Eine Menge von Stun- denzeigern steht an diesem Wege, aber ihre Schrift ist unleserlich. Wir kennen zahllose Zwischenprodukte
Gramer, Bestandlheile etc. dor Pflanzen. gl
zwischen der rohen Pflanzennahriing und den assimi- lirten Stoilen , aber ihre Beziehuni» zu einander nur wenio". Dass der Zucker, das Dextrin und die Starke unter die letzten Stufen vor der CeiUilose gehören, ist gewiss , dass jene nierkwin-dioen Stolle, welche man Glucosegenide nennt und deren Anzahl sich einst noch sehr vermehren dürfte, also : Amygdalin, Sali- cin , Gerbsäure u. s. w. , dass diese Verbindungen für die Ernährung der Zelhnembran von Wichtigkeit sind, ist nicht unwahrscheinlich. Eine andere Frage besteht darin, ob dieselben die Präexistenz des Zuckers nöthig machen oder nicht.
Die fetten Oele, zu den verbreitetsten Pflanzenbe- standtheilen gehörend, helfen ebenfalls ZellstolT bilden. Die Bedeutung der Pectinstolle ist noch sehr problema- tisch. Einige organische Säuren scheinen in gewissen Beziehungen die ersten Produkte der Assimilation zu sein, aber die Früchte, die zwar in der Jugend sauer, in der Reife süss schmecken, zeigen, im Gegensatz mit jener Vermuthung, nicht nur keine der Zunahme des Zuckers entsprechende Verminderung des Säurege- haltes, sondern eine Vermehrung desselben. Fast ganz im Dunkel liegt endlich die Bedeutung der or- ganischen Basen, der ätherischen Oele und Harze und der Farbstoüe.
Die Pflanzen leben zu einem grossen Theil auf der festen Erdrinde , schicken ihre Wurzeln in den Boden, die Aeste und Blätter in die Luft , eine nicht geringere Zahl hält sich im Wasser unserer Flüsse und Seen oder im Meere auf. Schon die ältere Wis- senschaft hat daher Erde , Wasser und Luft als die Quellen des vegetabilischen Daseins bezeichnet. Aber diese drei Medien sind in ihrer Beschall'enheit niciil
S2 Cramer, Uestandlhoilc etc. der Pflanzen.
immer so einfach, und sciion die ol)erlläciiliclie Unler- sucliuno- lehrt, dass daAon das Gedeihen der Pflanzen ahliängl. Kein frisches Grün bedeckt die starren. Fels- wrinde unserer Alpenstöcke, das todte Meer, dessen Salzgehalt beinahe 25"/o beträgt, ernährt kein lebendes Wesen und in dem berühmten Giftthal auf Java findet man zwar Leichen von Menschen und Thieren. aber kein Pflanzenteppich bereitet ihnen ein weiches Grab. Es ist daher die Frage über die A'ahrungsmittel der Pflanzen noch genauer zu untersuchen.
Noch sind keine 25 Jahre verflossen, seit ein ge- achteter Botaniker die Behauptung aufstellen konnte : Die Pflanzen scheinen unter Umstanden Erdarten und Metalle zu erzeugen, selbst wenn ihnen dieselben in der Nahrung- nicht dargeboten werden. Die Meinung' war irriir, alle Mineralbestandtheile der Pflanzen stam- men aus der Erde und es ist jetzt nicht unmöglich, aus der Zusammensetzung- und Mengte der Pflanzen- aschen die Qualität und Quantität der mineralischen Dünffstolfe zu bestimmen, die dem Ackerboden jähr- lich zugeführt werden müssen, damit seine Ertrags- fähigkeit für dieses oder jenes Culturgewächs in einer gewissen Reihe von Jahren nicht abnehme.
Vom Regen durchnässt. vom Frost erweicht be- deckt sich der rohe Fels mit seinen Trümmern, Bäche schw^emmen sie in das Thal hinab und in dem ange- häuften Schutt gehen Pflanzen auf, ihr kümmerliches Dasein zu fristen. Aber der Zahn der Zeit wird nicht stumpf, Wasser und Kohlensäure schliessen das Trüm- mergestein auf, setzen fruchtbare Bestandtheile in Frei- heit und führen sie in gelöster Eorm früher oder später den Wurzeln von Pflanzen zu. Nur in solcher Ge- stalt sind sie ja den Pflanzen zugänglich, da diese
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weder einen Mund besitzen, noch das Vermögen, feste Körper durch ihre Substanz in's Innere zu pressen. Welche ungelieure Quantität von Mineralstofl'en der Einwirkuno- jener unscheinbaren Kraft beständig er- h"egl, erkennt man aus der einzigen Thatsache, dass nur der Rhein bei Bonn täglicii über 50 000 englische Cubikfuss gelöste Stoße vorbeifuhrt, nicht zu gedenken der 3Ienge, deren sich schon vorher Pflanzen bemäch- tigen. Es ist nicht unwichtig für den Landwirth, die geologishen Veriiältnisse seiner Gegend zu kennen, weil darin der Schlüssel zur Erklärung vieler miss- licher Erscheinungen und das Mittel zu deren Abhülfe verborgen liegt. Mancher Ackerboden ist zu merge- lig, weil in der Nähe nur Kalkgebirge vorkommen, ein anderer aus entsprechenden Gründen zu sandig oder lehmig. Wir wissen, dass zwar viele Pflanzen einzelne unoroanische Basen oder Säuren bevorzugen: diese liebt Kalk, jene Thon- oder Kieselerde, aber keine begnügt sich mit einem einzigen MineralstolF; das Aufbringen der einer Ackererde fehlenden Stoffe in geeigneter Form wird daher häufig einen schlechten Boden für eine grosse Anzahl von Nutzpflanzen brauch- bar machen. — Ich habe bisher des wichtigen Ein- flusses nicht gedacht, den die Pflan^i^enwelt selbst auf die Ackerkrumme ausübt. Die Pflanzen sprossen in die Höhe, blühen und sterben ab, ihre Reste werden der Erde einverleibt, neue Generationen erheben sich über ihnen, neue Generationen zerfallen zu Moder. Auf diese Weise erhält der Boden allmählig organische Beimengungen und wo dem Wasser undurchdring- liches Gestein den Abzug nicht verwehrt, bildet sich die fruchtbare Humuserde. Lange Zeit drehte sich um die Bedeutung der Humuskörper ein hartnäckiger
Q4 r.rniiior, Hestandtiteile pIc der Vflauicu.
wissenscliaftliclier Streit. iNach der Meinuiiii der einen Forscher sollten dieselben unumo^änolich nolhwendio- zum Gedeihen der Pflanzen sein und das Ilauptmate- rial zur Bildung der Cellulose, der Proleinkörper, kurz der organischen Pflanzensubstanzen liefern. Die an- dere Partei erklärte dagegen den Humus tur unwesent- lich, sehr entbehrlich, nannte seine Wirkung mittel- bar, durch seine Zersetzungsprodukte HO, NHs und unorganische Salze veranlasst und suchte daher, ge- stützt auf das allgemeine Vorkommen der Kohlensäure und des Ammoniaks in der Natur, den organischen oder Stalldünger durch sogenannten Mineraldünger zu ersetzen. Für die erste Theorie trat insbesondere Mulder in die Schranken, die zweite, von Ingenhousz begründet, fand ihren eifrigsten Verfechter und Ver- breiter an Liebig. An vermittelnden Stimmen konnte es um so w^eniger fehlen, als in der That die Wahr- heit weder ganz auf Seite der einen noch andern Partei zu liegen scheint.
(Schluss folgt.;
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PolaT-Plcnnimoter von Am.sle
IiitK , Ar-5wJt -v: J.VAirstent.Coinp ir* 'VWivrerti'-u
Notizen.
Schneefall mit Wünnern. Am 30. .Ijinu.ir diesem .lahres fand man in Mollis, Caiit. (jlariis . eine grosse Masse Würmer auf dein frisch gefallenen Schnee, von welchen mir Herr Ricli- ler Schindler einige Uhersandl hat. An demscihen Morgen \vur- den auch zwischen üherdeltingen und Uetllingen . Gemeinde Wohlen Cant. Bern, auf der 1 his l'A Fuss tiefen Schneedecke schwarze, lebende Wurmer von veischiedener Grösse (von '/z bis y» Zoll Länge), theils zeistreul , iheils zu 2—3 beisammen liegend gefunden. Die mir von Herrn Schindler übersandten Würmer sind unzweifeliutfl die Larven eines Telephorus und zwar des Telej)horus fuscus L. spec. , eines Käfers , welcher sehr häufig durch ganz Europa vorkommt und dessen Larve schon von Degeer (Geschichte der Insekten IV. S. 38) beschrie- ben und abgebildet worden ist. lieber das Auftreten dieser Larven in Mollis iheilt uns Heri- Schindler Folgendes mit. Nach- flem der Boden seit 14 Tagen bis zur Bergregion schneefrei war , erhob sich in der Nacht vom 29ten auf den 30teii ein ziemlich helliger Südwestwind , dem ein bedeutender Schnee- fall folgte. Auf diesem Sclu)ee krochen die Thierchen am Morgen lebhaft und munter herum. Üer Verbreilungsbezirk derselben betrug circa 2.5,000 bis 30,000 n Huthen; auf einem Quadrat- Klafter waren etwa 5 — 0, näher dem Walde aber 1-2-15 Stücke ; man kann daher annehmen , dass circa 300,000 Stück über diese Sehnei'flärhe verbreitet waren. Es fanden sich aber auch welche auf den Dächern des Dorfes. Oesllich von dem obigen Schnee- felde, auf welchem die Larven lagen, finden sich zunächst Wiesen und dann ein steil aufsti-igender Abhang, weicher mit einem Wald von Rothtaniien inid Buchen bedeckt war. Dieser Wald war im Abholzen begrillen iukI da der Boden nicht ge-
Qg Notizen.
froren und schneefrei . wiir dieser überall nufgevvühlt. Sehr wahrscheinlich stammen daher diese Larven aus diesem Walde. Es überwintern nämlich dieselben gesellig /wischen den Baum- wurzcln und da der Boden durch das Abholzen aufgerissen worden, konnte der Föhn>\ind gar wohl dieselben auflieben und vertragen. Immerhin ist es aber aullallend , dass die Holz- fäller am Tage keine solche Thiere wollen bemerkt haben und dass, wie es scheint, alle zu Einer Art gehören, wahrend man vermuthen sollte , dass vielerlei Inscktenarlen , welche zwischen den Baumwurzeln überwintern, zu dieser Luftreise gekommen wären. Es muss in der Lebensart dieser Tele[ihorenlarven noch eiji uns unbekanntes Moment liegen, \\elches diese auf- fallende Erscheinung erleichtert , da dieselben Larven auch an- derwärts schon öfters unter ähnlichen Verhältnissen angelrolfen wurden. So berichtet Baygerus dass am 20ten November 1672 solche Würmer in Ungarn mit dem Schnee gefallen seien und Degeer erzählt, dass im Januar 1749 an veischiedenen Orten in Schweden , in der Provinz Wärmeland , besonders aber um Leufsla diess beobachtet worden sei. Nach grosser Kälte folgte Thauwetter mit vielem Schneegestöber. Man bemerkte während des Schneefalls auf den Wiesen und Felsklij3pen eine solche Menge lebender Würmer , dass man ganze Hände voll auflesen konnte. Neben den Larven der Teleplioren, welche die Haupt- masse ausmachten , fanden sich aber hier auch Spinnen und kleine Käfer. Da der Boden 3 Fuss tief gefroren und überdiess in den Jahren 1745 und 1750 solche Würmer auch mitten auf dem Eis und Schnee eines Sees gefunden wurden, schloss De- geer sie müssen vom Winde hergewehl sein. Er bemerkt, dass sie immer mit einem heftigen Südwinde gefallen seien , der in den schwedischen Wäldern Tannen und Kiefern mit den Wur- zeln ausgerissen hatte. Mithin sei mit den Wurzeln auch ein grosser Strich Erde , und damit auch die darin wohnenden In- sekten , ausgerissen \n orden , der Wind habe sie aufgenonmien , fortgeführt und seien dann . oft in ziemlicher Entfernung von ihrem Wohnplatze , mit dem Schnee niedergefallen. Diese Er- klärung passt auch , wie wir oben gesehen haben, auf das letz-
Notizen. g7
teil Januar bei uns beobachtete Phaenonien. Degeer hat die Lar- ven aufgezogen ; Ende Mai verpupj)lon sich dieselben und im Juni kam der Waizenkafer (Telophorus fuscus) ^um Vorschein. Es leben diese Larven von and(>rn Thiorchen; Deijoer fütterte sie namentlich mit Rei^enuürmcrn . sie i,'fliörcii daiier zu den ntilzlirhen Insekten. [0. Heer ]
Zur Geschichte der Optik. Kaspar Schuuiz , den 5. Feb- ruar J62i in Zürich geboieii , bUdete sich in seiner Vaterstadt zum Geistlichen aus, wurde 1637 ordinirl, und erhielt 1653 die Pfarre Regensberg , welche er bis zu seinem Tode am 26. Sep- tember 1686 bekleidete. Die nicht sehr grosse Gemeinde er- laubte ihm, wie die \ isitationsakten des Regensberger-Gapitels ausdrücklich bemerken , »neben fJeissiger Verrichtung seines Kirchendienstes « , sich mathematischen Studien hinzugeben, für welche ei- grosse Vorliebe hatte. In der praktischen Optik crw arh er sich so grosse Fertigkeit , dass wie die Zürcher-Ge- schlechterbücher berichten, »seines gleichen weit und breit keiner gewesen«, und seine »Perspectiv in feliine Land ver- kauin worden <<. Im .lahre 1663 überreichte er der Zürcheri- schen Regierung ein zwöllTüssiees Fernrohr, und ich halte es von Interesse den betrellenden »Auszug aus dem ünterschrei- bermanual vom 23. Mai 1663«, welchen ich Herrn Staatsarchi- var G. \. Me\ei" verdanke, zu verödentlichen. Er lautet, wie folgt :
» Vir nn n In nanmien Herrn Pfahrer Schmutzen zu Regons- berg beschechne vnderlhenige Praesentation synes nüwen Per- spectifs, dardurch nit allein die Planeten Inn einer vil grösseren gestalt uiul form , sonder noch vil mehrere Sternen am Firma- ment, dessgUchen auch vif dem erdhodeii sein- wyt gesehen werden kan , daran er etliche .lahr gearbeilel habe, vniid dei- glychen Inn vnsseren Landen niemahi gemachet ^ nd gesehen worden , mit anerbieten , wan <m' die Kunst noch höher brin- gen , wolle er solche sin künftige vnd hiitrellenlichere Arbeit
gegen disser wider vsslhuschen alsso dass allzyt dass schönste vnd beste stukh Irin niyner gn. Herren Händen verblyben solle . Habend wolernielt uiyn irnedic; Honen disse IVaesentalion Inn gnaden zu gefallen vll- vnd angenommen , vnd dass Persj)ectiv Inn die Burger ßibliothec erkbendt, alhvo es Inn einen bc- pchlossnon gehaller verwahrt vflLehalten , vnd niemandem by der Herren Bibliothecariorum Pflichten vss der Wasser Kirchen an andere orlh hinvss gegeben werden, es begehre es dann etwan ein Astronomus by nacht zebruchen , vnd dass einer von den Herren Bibliotbecariis daby syge , vnd damit daran nichts verderbt werde , sorg habe , vnd es wider zu synen Händen nemme; zu bezügung aber myner gnädigen Herren gnädigen Gefallens , sind hnme Herrn Pfahrer Schmutzen für syn darmit gehabte mühe , arbeit vnd Vnkoslen Ein hundert Rychslhaler vssm Seckel Ambt zu einer Verehrung einhellig gesprochen vnnd verordnet woiden , auch die Vertröstung beschehen , dass man Inn künfTtigen befürderungon vIV einen bessern vnd rüwi- gern stand , synen auch Inn gnaden yngedenkh syn werde ; vnd dannethin lasst man es auch by synem anerbieten der Vss- thuschung halber, wann er die Kunst noch höher bringen werde, verblyben. «
In wie weit die von Meiss in seinem Lexikon mitgelhedle Notiz richtig ist, dass der 1633 geborno . den 5. Juni 1667 aber >j nebent Hr. Docior Heinrich llotlinger in der Limmalh ellen- diglich ertrunkene « , und beim Grossen Münster im Kreuz- gange mit dem Epitaphium
»Ein jeder ist dem tod verpllicht, »wann, wie und wo, das weisst er nicht.« bestattete Junker Rittmeister Hans Georg Schneeberger . gros- sen Antheil an der Konstruction jenes Instrumentes gehabt habe, kann ich nicht bestimmen. [R- Wolf.]
Literarische Notizen von Büchern und Zeilschriften , in welchen Gegenstände der Schw eizeiischen Natur- und Landes- kunde behandelt werden:
\ntizpn. 89
"1) De Candolle. gpographie hoUinique. 2 Tom. Pari'? 1855. 8.
2) Heer, O., Flora tertiana Helvctiat'. Vol. 1. Winterlhur 1855. fol.
3) Stiider, B. , Ghiuljcii und Wissen. Eine Kode geluilteii den 8. Febr. 1856. Bern. 8.
i) Diirheim, C J., Schweizerisches Pnauzen-Idiotikoii. Rcrii 1856. 8.
5) Denk.schrlfteii der allgemeinen Sclnvel7,erlsehen Gesell- schaft für die gesammteu Natur\vls.sen.schuften, Band XIV: Tli. Zscliokke. (he U('hersch\vei)iniuiii!;(M» in der Schweiz. itii September 1852; H. Pestahizzi , die Höhenancleruiigen des ZUricIisees ; E. Renevicr , ineinoire geologifjue de la perte du Hhöne ; H. Denzler, die inilere Schneegränze während des Jahres; J. B. Greppin. Terrains modernes du Jura Bernois ; J. C. De hi ilarpe , Faune Suisse. Lepi- dopferes: 4* partie , Phalenides , 2° suppl. , 5* partie , Py- rah's.
6j Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft In Ba- sel, neue Folge, 2 Heft: P. Morian, Meteorolog. Uebersicht des JahiTS 185.3.
7) Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern. Nro. 331 — ;J64: H. WoH", zur F>innerung an Jakob Ber- noulh ; A. Morlot , übiu' d'w Dihivial- und Glelschergebdth? zwischen Sololhurn . Hurgdorf und l^angenlhal ; R. Wolf. J. J. Spriuigli und seine klimatologischen Beobachtungen in den Jahren IT.'/J— 1802; K. Wolf, über den üzongehall der Lull , und seinen Zusammenhang mit der Mortalität ; A. Morlot, Gletscherschlifl' auf Diluvium ; U. Wolf, über den jährlichen Gang der Temperatur in Bern und seiner Um- gebung; B. Wolf. Samuel Sdider und seine meteorologi- schen Tagebücher; B. Wolf und J. Koch, meteorologische Beobachtungen ; B. Wolf, Polhöhe von Bern ; Th. Zschokke. das Grundeis auf der Aare; B. Studer , zur Geologie der Schweiz; B. Wolf. F>gebinsse meteorologischer Beobach- tungen in Gullannen; B. Wolf, zwei Bi-icfe von Trechsel an Fecr ; G. Studer , ein Ausflug in die Grajischen Alpen ;
90 Notizen.
K. Brunner II , zweijährige Beobachtungen über die Tem» perafur dos Wassers \on Ziehbrunnen; B. Sluder, über (ilelschcrsclihir.
8j Jahresbericht der na(iirfor«tohenden Gesellschaft Grau- bundens. IVeue Folg:e I: Tlioobald , der Calandii ; Coa/ , Topogr. Uebcrblick üher den Bernina-Gebirgsstock und Be- schreibung der Ersleiirung seiner höchsten Spitze; J. Pa- pon , über eine bei Chur beobachtete Desoria ; E. KilHas Nachtrag zu A. Moritzis Vcrzeiclniiss der Pflanzen Grau- bundens.
9) Büudneriäches Mouatsblatt , \on welchem im laufenden Jahr der sechste Jahrgang erscheint , enthält viele die Schweiz. Natur- und Landeskunde beschlagonde Aufsätze , ins Besondere Thermometerbeobachtungen von Chur und Beyers, denen im Jahr 1855 Mali\ und Klosters angereiht sind , und Naturerscheinungen.
10) Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Zü- rich, Heft X« E. Stöhr, das Vorkommen von Buntkupfer- erz an der Miirtschenalp ; Th. Simmler, Untersuchung der obern Mineralquelle zu Seewen ; Lebert, Nekrolog von Job. V. Charpentier. — Mit Heft X hrirl die Erscheinung der Millhcilungon auf, und an ihre Stelle tritt die gegenwärtige Vierteljahrsschiift.
11) Bronn und Leonhard, Jahrbuch für iMineralogie. etc. Jahr- gang 18o6: D. F. Wiser, Beiicht über Mineralien aus der Schweiz.
12; Revue Suisse, Janv. — Mars l8o6> Gh. Kopp, les tremble- nienls de lerre; E. Üesor, le Jura, sa ph)sionomie. theo- rie de M. Thurmann.
13i Bibllothcque universelle de Geneve, Sept. — Dec. 1855i F. Buinier et E. Plantamour , Nivellement du Grand St.- Bernard : E. Plantamour , Resunie meteorolog. de l'annee 185i pour Geneve et le Grand St. -Bernard ; A Rion . Sur les tremblements de lerre du Valais.
14) Berner Taschenbuch atif das Jahr 1856, herausgegeben von L. Lauterburg: R. Wolf: Blauner, Tralles und Hass-
Notizen. 9 {
1er, ein Beitrag zur Geschichte der Vermessungen ui der Schweiz , G. Studer , ßcsleiguiig des Kinderhorns. 15) Heiisser, Chr.: Das Erdbeben im Visperlhal, Kant. Wallis, vom .l.ihr 1855. Zürich 185(5. i. [J. Siegfried.]
Jalabert an Mieheli du Cresl , Gear Februar 1760 t .Je
recois uno lollre de Pefersbourg du 30 Decembre dans laquelle on me mande des experiences sur los thermomotrcs et Ic mer- cure les plus singuliercs. — Le 14 Dec. le froid nalurel clant enirc 9 cl 10 lieures du maliii au -205* degre du thermomelre de Delisjc , on poussu Ic degrii de l'roid a l'aide de l'eau forte au point de lairc desoendre le tliermometre au 4-70*. Alors le vif argent resta immobile quoiquon l'exposa en plcin air peii- danl un temps assez considerablc. -- Gelte immobilite du vif argent fait monier le soup^-on (|u'il jiouvail geler ä ce degre de fioid. On rejjela l'experience le 28 Dec. , le froid nalurel elant a 208 et lorscjue le mercure fut descendu au 470* il parut im- mobile. L'on cassa le iherraometi-e , et Ton trouva le mercure converli en un corps solide , excepte qu'au milieu il restail un peu de mercure fluide, ainsi (ju'il arrive dans les congelations des autres fluides. L'on a eu soin de metlre a pari le mercure qui na pas öle gele, et Mr. de Stro.^anof, gendre du grand chaiicelici' , qui m envoie ces obscrvalions mc marque que l'Aea- (iemie se proj)Ose diverses experiences sur le mercure converli en Corps solide et sur celiii qui a lesistö a l'action du froid. — Sil me communique cpielque chose d interessant , j'aurai soin , Monsieur, de vous en faire pari.
A. \rgand an F. S. Wild, Paris lo. August 1783t Je suis ui avec un am», un des auteuis do coUe machine elonnante donl vous aurez peut-etre li'i (juehjue chose dans les papiers publics , ({ui s elevp en lair et porte des poids considerables a iine enorme hauteur par la legerete specitique dun gaz abon- dant donf on la reniplil. Je dois cooperer a l'execulion de la
92 Notizen.
machine en grand , et dans quelques jours nous allons avec une compagiiio de physiciens elcver un globe de 12 pieds en taffe- liis eiiduil de di^solution de gomme elastüjue , et rempli d'air inilanimable, — iious allons dis-je l'elever et elever par son riioycn une corde inelalli(|ue a une hauteur infiniuient plus grande (jue par le cerf-volanl (jui ne iiionte jamais quc tres oblique- inenl , et oblenir des phenomenes d'electricile peut-etre extra- ordinaires.
A. Argand an F. S. Wild, Paris 23. October 1783: Vous aurez vu dans les papiers publics les differentes experiences aerostatiques que nous avons failes, entr'aulres celle de Ver- sailles qui satisfit singulierernent le Roi malgre l'accident de la dechirure que lui fit le vent a l'instant que nous la retenions pour la reniplir. Des lors nous avons repare , aggrandi la nia- chine, magnifiquement ornee , et niise en experience trois di- verses fois devant un concours prodigieux de spectacteurs de p" distinctton. Y ayant prati(|ue une galerie de 60 pieds de four exterieur au bas de la machine et suspendu dans l'inlerieur un rechaud alimente de matiere combustibles par une des per- sonnes placees dans la galerie, nous l'avons enlevee plusieurs fois avec une et deux personnes dedans , retenu par dfes cordes pour ne pas labandonner , nous somnies parvenus a la rnaitri- ser comme nous avons voulu ;» la faire monier et descendre a volonte. Dimanche 19 entr'aulres que le Icms eloit calme nous la tinmes slalionnaire et immobile a 324 pieds de haut pendanf 'A heure , portant Mr. Pilastre de Hozier physicien courageux et un autre conipagnon de voyage au grand etonnement des spectateurs .... Nous voila bien avances, la voie est ouverte, le chemin indique et nous nous reposons nion ami M. Mont- golfier et moi , car nous avons travaille corame des chevaux jusqu'a ce que nous ayons tire de la chose ce tjue nous avions droit den attendre. [R. Wolf.]
Entdeckung fossiler Pflanzen in Locle. Wieder ist ein neues Herbarium fossiler Pflanzen entdeckt worden. Schon
Notizen. 93
letzten Herbst sandte mir Herr August Jnccard in Locle ein Kistchen mit PHanzenreston , unter denen aber nur zwei er- kennbare Arten (Quercus medilerranea Ung. und Andromeda protogaea Ung.) waren. Vor ein j)aar .Monat<Mi al)er hat der- selbe ein neues viel reicheres Lager in der Nähe von Locle , in einem weissen Susswasserkalk , entdeckt und mir zu wie- ilerhollen Malen seine Schätze zur Bestimmung zugesandt. Es sind diese Pflanzen meist wohl erbalten ; die HIattsubstanz ist zwar meistens verloren gegangen ; der Abdruck derselben stellt aber in dem weissen Gestein häufig das zarteste Blaltgeäder aufs zierlichste dar. Die mir bis jetzt zugekommenen Stücke gehören zu 45 Arten, von welchen 11 bisher noch nicht in der Schweiz gefunden wurden und 9 neu sind. Von den übrigen geboren 14 Arten ausschliesslich der obern Süsswassermolasse an ; 2 sind bis jetzt nur in der untorn Süsswassermolasse ge- funden worden und 16 Arten sind durch unsere untere und obere Süsswassermolasse verbreitet; zwei Arten aber finden sich in der oberen und in der marinen Molasse (Quercus me- liilerranea Ung. und Populus lalior A. ßr. , welche letztere in- dessen in zwei Formen vertreten - der P. lalior rotundata und transversa — die nur in der obern Molasse vorkommen). Ks theilt Locle sonach mit unserer oberen Molasse 32 Spezies , n)it der untern aber 18. Es geht daraus hervor, dass diese Flora ein Glied der obern Süsswassermolasse ausmacht und mit der Flora des Albis, von Wangen, Oeningen , Scbiotzburg, Günzburg (nämlich dem weissen Mergel , welcher jünger ist als der Sandstein) und Schossnitz in Schlesien zusammen zu brin- gen ist. Es weicht daher die Flora von Locle wesentlich von derjenigen von Develier in Delsberg ab , der einzigen Lokalität im Jura, welche bis jetzt tertiäre Pflanzen geliefert bat. Diese enthält die Flora unserer untern Süsswassermolasse. Indessen hat Herr Dr. Greppin in seiner Abhandlung über die geologi- schen Verhältnisse von Delsberg*) gezeigt, dass im Thal von
•) Notes geologiques sur les lerrains du Jura Beinois etc. in den Denkschriften der Schweiz, naturr. Gesellschaft von 1835. S. 14.
94 Noiizen,
Dclsber^ ein aus Sand , Kalk und Mergeln bestehendes Gebilde vorkomme (seine groupe (lnvio-lr>rreslre superieur), welches er lUr das Aequivalonl von Oeningcn hall. Es fehlen aber in die- sem die PflanzxMi gänzlich , daher Herr Greppin seine Bestim- mung nur auf einige Schnecken gründen konnte. Die wichtige Knideckung des Herrn Jaccard schliesst nun aber in Locie eine ga)\ze kleine Flora auf, welche uns viel sichere Kunde von dem Aussehen diescjr Gegenden in der spätem Tertiärzeil giebt und noch mehr Aufschlüsse »ms verbeissl, wenn diese Untersu- chungen mit dem bisherigen Eifer fortgesetzt werden. Wie ver- schieden war die damalige Flora von Locle von der jetzigen I Während jetzt nur wenige Laubbäume dem kalten Winter die- ses Thaies zu trotzen vermögen, war damals ein ächter Lor- beerbaum (Laurus princeps m.) der dominirende Baum dieser Gegend; ein Lorbeer der zunächst verwandt ist mit dem cana- rischen Lorl)eerbaum (Laurus canariensis Webh) , welcher einen Hauptschmuck der Gebirgsthälei' Maderas und der canarischen Inseln bildet. In Oeningen ist der Laurus princeps selten , häufig aber fand ich , wie auch die Herrn Stud. E. Gräfle und Fol, ihn letzten Herbst, sammt den wohlerhaltenen Früchten, bei der Schrotzburg ; er war daher damals wohl über die ganze Schweiz verbreitet. Seltener ist die Fersea Brauni m. und P. speciosa m."); zwei Lorbceiarlen , die auch in Oeningen stan- den und auch zu den canarischen Typen gehören. Von den übrigen Arten, welche unsere obere Süsswassermolasse und namentlich Oeningen charaklerisiren, sind noch hervorzuheben: zwei Pappelarten (Populus attenuata und P. mulabilis), eine Ulme (Ulmus minuta Goepp.), die Myrica oeningensis A. Br. spec. , Hex berberidifolia m. , Gompholobus borealis m. , Podo- carpium Knorrii A. Br. und eine Cypresse (Glyplostrobus euro- paeus Brogn. spec.) ; von Arten , welche in der obern und un- tern Süsswassermolasse verbreitet sind : die Ohara Meriani und Gh. inconspicua A. Br. , Typha latissima , Salix angusta , Quer-
*) Es sind diese neuen Loibeerailen in der fünften Lieferung meiner Flora lertiaria Helveliae ahsfebildet und beschrieben.
Notizon. 95
ous Haidingeri , Pimelea oeiiiugoiisis , Andromeda prologaea , Diospyro.s hracliyscpala , Acor liilohatuiii (vai-. ti-icuspidatum et producluni) und A. decipieus A. Br. . Vacciiiiuin aclieronti- cum und Sapiiirliis falcifolius A. Br. spoc. Von dem ander- \\är(s so liiiufigon (linnatiioniuni pol\ niorj)liuni A. Br. spec. hab<^ erst Ein Blalf und zwar vor ein paar Tagen erhalten. Die Dia androidos banksiadolia und Cassia Berenices Ung. , welclie liitM- und da in der unteren Süsswasseiniolasso vorlvommen, er- scheinen hier zum ersten Mal in der oberen; sie scheinen sich daher an den Anhölien (h?s Jura länger gehalten zu haben, als in der östlichen Schweiz , wo sie wold zur marinen Zeit unter- L,'egangen sind. Unter den neuen Arten sind 3 Blaltpilze und eine zierliche Grevillea (die Gr. Jaccardi m.). Wir haben in Obigem unsere sämmtlichen Lokalitäten , w eiche über der ma- I inen einlasse liegen unter dem Namen der obei'n Siisswasser- luolasse zusammengelassl. Dabei ist aber nicht zu id)ersehen , dass Oeningen wieder das jüngste Glied derselben ausmacht. Das Vorkommen der Dryandroides banksiaefolia , Grevillea Jac- cardi und Cassia Berenices , weist aber darauf hin , dass Locle wahrscheinlich etwas älter und den iniiern Lagern der oberen SUsswassermolasse entspricht. [Osw. Hoer.]
tiironlk der in der Schweiz beobachteten \atuper- scheiniuigen vom 1. Januai* bis^ 31. Miivz 1856.
1. Erdbeben ')
Januar 6. Brieg 3*' 50' starke, lang anlialtende Erder- schiltterung (Courr. d. Val.) — Interlaken zwischen 3.^ und V' Erdstoss. Die stärkern Erdslösse von Visp merkt man hier
•) Ein vollständiges Verzeichriiss der im Wallis beobachteten Erdstösse wird später einer besoinlcrii Abliandliin{> über diese Er- M'lieiiiungon beigelegt weiden.
9() Noliiti'h.
.'ille , jedoch nur schwach. Auch am i. und fi. wurden Erd- sUisse vers[)ürt. In Folge säniinthcher losten sich Felsniasseii. am Abendbeige und im Laulerbrunnenthal. (Ober!. Anz.) — Aarau .'j'' — V' zu beiden Seilen der Aaro /iernlich starke Er- schullerung (Schwbt.). 7 — S. Locie Nachts schwache Erschüt- terung (Le Neuebat.). 19 — 20. Chur circa 2'' ziemlicli heftiger Erdstos^iAlpenb.). 24. Slans l-i** 55' leichter Erdstoss (Eidg. Z.).
Februar 1. Genf O*" 20' \. leichtes Erdbeben (Journ. de Gen.). LocIe zwei Erschütterungen, die stärkere T*" V., die zw eite , eine langsame Schwankung , 9*" 20'. Sie schien dem Jura zu folgen. Wilteiung kalt, trocken, neblig (Rep. Neuch.;. Bern 9^ 20' starke Erschütterung SW— NO (Ober). Anz.). Zü- rich 9*" 35' ziemlich starker Erdstoss , auch in Luzern , Aarau, Glarus verspürt (N. Z. Z.). 9. Brieg, Visp , Raron gegen 7*' V, starke Erschütterung mit drei heftigen Detonationen. In Sitten schwächer (Courr. d. Val.). Genf 7*' 10' V. ziemlich fühlbare Erschütterung, eine andere schwächere soll 4*" V. statt gehabt haben (Journ. d. Gen.). Lausanne 7*" 15' V. deutliches Erdbeben. Eine erste schwächere Erschütterung, dann eine zweite stärkere einfache Schwankung S — N (Pays, Gaz. d. Laus.). St. Blaise 7*" 14' V. zwei sich folgende horizontale Schwan- kungen. Sie wurden auch auf dem See verspürt (Rep. Neuch.}. LocIe 7*' 15' V. starke Erschütterung 4 See. andauernd (Rep. Neuch.). La Chaux-de-Fonds 7** 13' V. zwei starke Erschüt- terungen NO — SW (Le Neuch.). Mei ringen 7'/* Erdstoss in der Richtimg W— 0 (Obl. Anz.). Interlaken 7^/, V. deuiliche Erschütterung (Obl. Anz.). 18. Schaffhausen 10*" Ab. leichte Erschütterung.
März 9. Visp 6'/2 Ab. und Raron sehr starke Stösse , denen eine so heftige Detonation vorausging, dass die in der Kirche versammelten Personen sie für eine Mörserentladung ansahen. Die starke Schwankung ging von SW— NO. Seit Anfang der Erdbeben soll diese Richtung constant geblieben sein , nämlich vom Weisshorn ausgehend nach NO bis in die Gegend von Interlaken. Das Dorf Toerbel scheint der Mittel- punkt der Erschütterungen , Visp derjenige der Detonationen
Notizen. 97
zu sein. Rechts uiul links von dieser Linie nehmen die Er- schütterungen an Stärke ab. Bei wachsendem Monde sollen die Stoßse heftiger sein als hei abnehmendem. Uebriiiens wurden in Visp in der ersten Woche des Miirz täglich Bewegungen ge- fühlt (Cour. d. Yal. , Democraz.).
Ferner finden sich noch Angaben von Erderschiitterungen : Februar 3 (?) 9—10*' V. und 2*' N. in Interlaken. Februar 5 (?) 9** 25' V. in Solothurn ein Erdstoss der die Glocke am Zeit- glockenthurm am Markt zum Anschlagen brachte (Obl. Anz.).
2. Bergschlipfe u. s. w.
Januar 7 — 8. Seedorf 2*' fr. Am NW Ufer des grossen Moosseedorfsees (Schönbühlthal , Kt. Bern) ist die Lyss-Hindel- bankstrasse einige 100 Fuss lang gänzlich versunken und zwar m Folge der Moosentsumpfungen (Bernerz.). 10. Oberhalb des Dorfes Flims stürzten Steinmassen von Flimsersteine her- unter , die vom Walde oberhalb des Dorfes aufgehalten wurden (Alpenb.;. 12. Am Galanda oberhalb Felsberg lösten sich dt^ N. bedeutende Felsmassen ab (Alpenb.). 18. Neue Einstür- zungen am Moossee (Obl. Anz.). 23. Vuciierens (Wadt) 5—6'' Ab. In Folge heftigen Regens entsteht ein Schlipf an einem Hügel über La Rape. Ein Theil der Mühle wurde zer- drückt, ein Ofen in die Tiefe der Bressonnaz gerissen (Neuch.).
Februar 9. Morell T** Ab. In Folge des Erdbebens fand im Baderwald (Gombs) ein Bergsturz statt, wobei ein Mann ge- tödtet wurde (Gaz. d. Val.). 13. Campocolagno im Pusch- lav gegen 8^ Ab. und lO*" stürzten mehrere Hundert 10—200 Zentner schwere Felsbliicke herab , manche lagerten sich bloss fünf Schritte von den Häusern entfernt (Alpenb.). (I) Bron- tello (Val. Maggio). Ein grosser, das Dorf bedrohender Fels rückt zum Schrecken der Einwohner vor (Democraz.).
3. Schnee- und Eisbewegung.
Januar 3 (?) wurde ein Mann auf dem Gotthard duich eine Schncelauwine über eine Felswand herunter gestürzt (Eidg. Z,). 11. Eine L.iuwine vom Mont-Mort (Weg zum St. Bern-
7
98 Notizen.
hard) begrub zwei Männer, Louis Frossard und Louis Dorchal (Courr. d. Val.). 23. Am Gotthard slürzle eine Lauwine fünf Poslschlilten in die Tiefe (Democraz.). 30. Eine Lauwine ver- schüttete eine Frau mit vier Kindern (Democraz.).
4. Wasserverheerungen.
5. Witterungserscheinungen.
Januar 4. Der untere Bodensee ist seit einigen Tagen srösstenlheils zugefroren. Der Rhein ist noch von Eis frei. Die Dampfschiile fahren von Konstanz bis Schafttiausen (Eidg. Z.). 7. Genf. Nach "'' sieht man häufig Bhtze gegen das Fort de l'Ecluse ; um 9*' trat ein sehr warmer Wind ein. Gleich- zeitig wüthete in Lyon ein furchtbares Gewitter mit heftigen Regenfluten , die sich gleichfalls auf die Dep. Ardeche , Dröme , Gard , Vaucluse verbreiteten (Journ. de Gen.). Lausanne. Zwischen 7 — S** Ab. sah man gegen Savoyen hin häufige Blitze. Gegen 10^ plötzlicher Wechsel der Kalte in das wärmste Thau- wetter mit Föhn (Pays.). 12. Sitten. Wahre Sommerwärme ; die Ebene und die Südabhänge von Schnee frei (Courr. d. Val.). 30. Ausserordentlicher Schneefall in Sitten und auch in der mittlem und Östlichen Schweiz.
Februar 20. Während mehreren Tagen Höhenrauch in Chur, Interlaken, Gotthard u. s. w. (Alpenb.. Obl. Anz.) 26. Ob- tasna (Graubündten) milde Witterung, heller Himmel, wenig Schnee (Alpenb.).
6. Optische Erscheinungen.
Alürz S. Genf. Während mehreren Tagen sieht man nach W über den Jura gegen die Faucille hin einen Lichtstreifen (Trainee de lumiere) (Journ. de Gen.). Wird als Zodiakallicht gedeutet (Pays.). 26. Zürich. Abends vor 6^ vor Sonnen- untergang im Gewölk Spiu'en zweier Nebensonnen (mündliche Mittheilung.).
7. Feuermeteore. Januar 9. Genf Ab.
Notizen. 99
Jura eine Feuerkugel, einer Rakete gleich forteilen. Von der Seite der Faucille her folgte sie der Richtung SW — NO , dauerte 40 — 50 See. Das Licht glich dem einer romischen Kerze (Journ. d. Gen.). Murten. Gegen 6*' Ah. ein strahlendes Meteor iit der Richtung des grossen Bären , dem Vollmond an Grösse gleich , mit glänzendem Schweife. Es ging nach 5 Secunden in einen Feuerregen über (Neuchat.). Thun 5*' 45' Ah. und Aargau. Man sah das von S nach N ziehende Meteor sich in mehrere Kugeln mit ungewöhnlichem Lichte auflösen (Obl. Anz.). Neue hat el. Gegen 6*' Ab. wurde ein Meteor rasch forteilend mit glänzendem Lichte gegen NW gesehen (Neuchät.). Im Prättigau und in Frauen feld wurde das Meteor ebenfalls beobachtet (Bündn. Z. , Eidg. Z.). 14. (1) Vallorbe. In der Richtung von Pont eine blendende Helligkeit, die Felsen stark beleuchtend. Erst weiss ging sie in starkes Roth über und sendete Feuerstrahlen wie Raketen aus (Pays. 15. Januar). 18. Frauenfeld. Nach 1^ Ab. ein glänzendes Meteor.
Februar 1. Glarus, Ah. 12*' grosses Nordlicht (ßeruer Intelligenzblatt.). 3. Genf. Ab. SV* sah man ein Meteor von der Richtung des Fort de l'Ecluse gegen Goppel ziehen ; es schien über letzterm Orte als sprühende Rakete niederzustürzen. Das Meteor erschien wie 2 — 3 rasche Blitze von sehr w eissem Lichte , ganz ohne Geräusch , während frischem hellem Wetter. Es wurde in einem grossen Tlieil der Schweiz , im mittlem und nördlichen Frankreich gesehen (Journ. d. Gen., Obl. Anz.).
8. Erscheiniiiigen im organischen Leben.
Januar (l). Lausanne. In der ersten Januarwoche wur- den treibende Bäume beobachtet (Rep. Neuch.j, ebenso Chur am 23. (Alpenb.) 30. (1) In Lausanne sollen Schwalben ge- sehen worden sein nach S streichend (Rep. Neuch.). Im Wallis und in MoUis, Kt. Glarus zeigen sich schwarze Würmer auf dem Schnee (Briefl. Mitlhlg.).
Februar 9. Lausanne. Es wurden junge Raupen in ihren Ge^\eben beobachtet (Pays.). 13. (?) Im Wallis zeigen sich
100 Nüliien.
Ameisen , Spinnen und Schnietlerlinge und am 27. hin und wieder Maikäfer (Obl. Anz.)- 25. Im Jura wurden grosse Schaaren kleiner Zugvögel von N—S ziehend, beobachtet, auch einzehie Züge grosserer Vogel (Pays.). 29. Bleien Lach , Kt. Bern. Ankunft der Störche (Obl. Anz.).
März 22. Brienz. Schwalben und Schmetlerlinge. Seit Menschengedonken kein so früher Frühling (Pays.). 26. Lau- sanne. Noch keine Schwalben, wohl aber Blaukehlchen und Meisen (Pays.). 20. (1) An der Golthardstrasse beginnt der Schneebruch auf der Nord- und Südseite. Ein grosser Theil des Passes von Airolo bis Wald und von Andermatt bis Isen- mannsthal ist für Raderfuhrwerke geöffnet (Eidg. Z.).
9. Varia.
Januar (!). 1 vorne. Die Spalten auf dem Boden dieser Gemeinde sind von jeher vorhanden. Sie hauchen Wasserdämpfe aus , die sich bei kalter Temperatur zu Nebel verdichten (Ver- mulhlich Wetterlöcher) (Pays. , Journ. d. Gen.).
I [H. Hofmeister.J
Uehcr
die mechanische Bestimmung des Flächeninhalts, der statischen Momente und der Trägheitsmo- mente ebener Figuren,
insbesüudere über einen neuen Planimeler.
Von Jakob Amsler.
(Schluss.)
Der Integrator.
18.
Diese Bezeichnung scheint mir für ein Instrument zu passen, welches die Werthe der Integrale
J =/ydx, S = y^'^x, T = -i-/y3dx
bezogen auf den Umlang einer beliebigen ebenen Figur und auf ein beliebiges Coordinatensystem, durch blosses Umfahren angiebt. Der Integrator bestimmt also den Flächeninhalt, das statische Moment und das Trägheitsmoment einer ebenen Figur, letztere bei- den auf eine beliebig gerichtete Axe bezogen.
Die Berechnung der Sicherheit mancher Bau- und Maschinenconstructionen verlangt die gleichzeitige Kenntniss der genannten drei Werthe für gewisse Ouerschnittsflächen. Soll z.B. die relative Festigkeit eines prismatischen oder cylindrischen Stabes berechnet werden , so muss man folgende geometrische Data kennen :
1) Die Lage der sogenannten neutralen Faser; zu ihrer Bestimmung muss man den Inhalt einer Quer- schniltsfläche kennen, sowie deren statisches Moment bezüglich auf eine Axe M von gegebener Richtung.
8
^02 Amslei'ü Integrator.
2) Das Träulieitsnioiuent dieser Querschnittsfläche bezüolicli auf eine Axe. welche durch die neutrale Faser «»elit und der Axe M parallel ist.
Hiezu genügt, ausser den In l) genannten Sl ticken, die Kenntniss des Triiaheitsnioments bezüglich auf die Axe 31 oder eine dazu parallele Linie.
Gewöhnlich wendet man in der Construclion solche Formen an, wofür alle diese Werthe zum Voraus be- kannt sind. Indessen giebt es doch manche Falle, wo die Untersuchung neuer Formen wHnischbar wäre : allein weil die Berechnung der Grössen J, S, T zu viel Mühe macht, so suchen die Practiker sie möglichst zu umgehen.
Der Integrator kann so eingerichtet werden, dass er die genannten drei Werthe einzeln oder gleichzeitig giebt. Ersteres möchte vorzuziehen sein, weil fast immer auch J und S verlangt werden, wenn es sich um T handelt. Ausserdem kann es vorkommen, dass das Instrument nicht auf eine gewünschte Axe M', sondern nur auf eine in der Entfernung b dazu pa- rallel gezogene Axe M eingestellt werden kann. Dann muss das auf die Linie M' bezügliche Trägheitsmo- ment T' bekanntlich mittelst der Formel T' = T + 2bS + b2J
berechnet werden.
Der Integrator beruht auf folgenden Betrachtungen : Sei « ein beliebiger Winkel, so ist 0
^) Die allgemeinen Formeln (-1)" 22" sin '2"^'' a = sin ('2 n -f t) a - ^" + %in (2n -1)« + ...
(_!)" .22"-i sin2" a = cos 2 n a — i-5 cos (2 n — 2) a -h
können zu einer Erweiterung der naclifolgenilen Resultate dienen.
Ainslers Integrator. 103
2 Sin2 a = 1 — COS 2 a 4 siip c( = 3 sin a — sin 3 « Bezeichnet r die Liing^e einer constanten Geraden C F, deren eine Endpunkt F eine Curve Z umschreibt, während der andere EndpuniU C sich auf einer Ge- raden X . etwa der Abscissenaxe, bewegt, und seien X, y die Coordinaten des Punktes F, a der Winkel, den r mit der Axe X bildet, so ist y = r sin a also 2 y- = r2 — r- cos- cc
4 y^ = 2 r2 y — r^ sin 3 « wie aus den oben angeschriebenen Formeln folgt, und daher
J =/ydx = r /sin.adx
S = i-/y2dx-^Vdx— ^/cos2«dx
T = —JY d X =4-/y d X ~^/sin 3 ad x
Die Integration erstreckt sich über den ganzen Umfang der Curve Z. Offenbar ist
/dx = o also J = r/sin « d x
S= — ^/sin(2«-90)dx T =-j~ J -—-/sin 3 ad X
* 12 ■'
Man denke sich nun mit der beweglichen Geraden F C drei auf der Ebene der Zeichnung laufende Rollen verbunden, deren Axen mit der Geraden X resp. die Winkel k, (2« — 90) und 3« bilden, und bezeichne durch u, ui , U2 die Bogen, welche die Rollen ab- wickeln, wahrend der Punkt F die Curve Z umschreibt, so ist
u =fs'ma d x
u, =/sin(2a-90)dx
ii2 =/sin 3 a d x
104 Amslers Integrator.
WO die liiteg^ralion sich über den Umfang der Curve Z erstreckt. Wenn C F eine ganze Umdrehung maclil, so ist /u jedem dieser Ausdrücke nocli eine Constante iiinzuzuFügen — ein Fall, den wir hier nicht näher untersuchen.
Die letzten drei Gleichungen werden auf ganz gieiclie Weise bewiesen, gerade wie die Gleichung (B) in N° 5. — Ersetzt man nämlich die stetige, theils fortschreitende , theils drehende Bewegung der Ge- raden F C beim Uebergang in die Lage L K durch eine Parallelverschiebung und eine Drehung (Fig, 22), so ist nach N° 5 klar, dass wenn man C L = d x setzt, z. B. die dritte Rolle den Bogen sin B « d x abwickelt, während CF in die parallele Lage LJ übergeht; so- dann einen weitern Bogen ds, bei der Drehung der Geraden um den Winkel JLK. Der ganze während des Uebergangs der Geraden C F in die Lage L K ab- gewickelte Bogen ist daher
d U2 -= sin 3 « d X + d s woraus folgt
U2 =/sin 3 a d X +/d s
Allein auf die ganze geschlossene Figur ausge- dehnt ist
/ds = o folglich
u = /sin 3 « d X
19.
Die verlangte Stellung der drei Laufrollen gegen die Gerade C F kann auf verschiedene Arten erreicht werden, Die Figuren 23 und 26 deuten zwei ent- sprechende Einrichtungen an. Die Laufrollen sind durch die Buchstaben D, D|,D2 bezeichnet.
Amslers Integrator- (05
In Figur 23 bezeichnen die Punkte C , G, H, J, K die Mitten von verticalen Axen . um welche sich die Lineale C F. (i II, .1 K drehen können. Die Axen C. G werden durch den Wagen W längs der Geraden X geführt; durch den Wagen V werden die Axen H, .1 längs des Lineals FC, und endlich wird durch eine Rolle die Axe K längs des Lineals II G geführt. Die Dimensionen der einzelnen Theile sind so ge- wählt, dass
CG= GH, H,I = JK. CG II X ist, und dass ausserdem die Punkte C, J, H, F, und ebenso die Punkte G, K, H auf einer Geraden liegen. Es folgt hieraus, wie Figur 24 veranschaulicht, dass wenn Z.FCG = « gesetzt wird, die Gerade CG mit H G den Winkel 2 « , mit J K den W^inkel 3 « bildet. Mit den Linealen C F , GH. .1 K sind die Rollen D, Dl , D2 verbunden, und zwar sind die Axen der Rollen D und D2 parallel zu den sie tragenden Linealen; dagegen ist die Axe von Di senkrecht zu G H. Es bilden also die Axen der drei Rollen mit X resp. die Winkel «. 2«~90, 3«.
Umfährt der Stift F eine geschlossene Figur Z und wickeln hiebei die Rollen der Reihe nach die Bogen u, uj , U2 ab, so ist, wenn F C — ■ r gesetzt wird, J = r u der Flächeninhalt S=> 7- U( das statische Moment
T = ^u -^ U2 das Trägheitsmoment
der umfahrnen Fläche; die beiden Momente haben die von den Punkten C und G durchlaufene Gerade zur Axe.
(06 Amslers Integralor.
20.
Denselben Dienst leistet folgende Einrichtung : Ein Wagen führt die horizontale Scheibe V (Fig. 26) längs der Geraden X. Ein mit der Scheibe festver- bundener x\rni C F trägt bei F einen Fahrstift. — Gegen den Rand der Scheibe V werden die Rollen Vj, V2 angedrückt, deren Zapfenlager mit dem Wagen zu- sammenhängen. Wird die Scheibe V gedreht, so setzt sie, bloss vermöge der Reibung, oder mittelst Verzah- nung oder eines unigeschlungenen Drahtes die Scheiben Vi , V2 in Drehung. Der Durchmesser der Scheibe V ist doppelt so gross, als der Durchmesser der Scheibe Vi und dreimal so gross als der Durchmesser der Scheibe V2. Dreht sich also die Scheibe V um einen Winkel a, so dreht sich Vi um 2 a und V2 um Ba. Mit jeder der Scheiben V , Vi , V2 ist eine verticale, auf der Zeichnungsebene laufende Rolle D, Di, D2 verbunden, und zwar so, dass die Axen von D und Di parallel zu X, die Axe von Di senkrecht dazu steht, wenn die von F nach dem Mittelpunkt C der Scheibe V gezogene Gerade in die Richtung von X gebracht wird.
Es ist übrigens klar, dass man nur das Verhält- niss der Durchmesser der Scheiben V,V, und V2 ab- ändern dürfte, um den beschriebenen Apparat zur me- chanischen Bestimmung der Integralien
/cos n a d X /sin n « d x anwenden zu können , in welchen n ganz oder ge- brochen sein kann.
Principiell noch einfacher, aber praktisch schwer ausführbar, könnte man zur Berechnung des Integrals /y" d X = r" /sin" a d x
Amslers Integrator. 107
n übereinander gesetzte Rollen benutzen, deren Axen mit der Geraden X abwechselnd die Winkel a und m^ bilden.
21.
Dass die ent\Yickelten Principioii benutzt werden können, um Rechenmaschinen zu verschiedenartigen Zwecken zu construiren, leuchtet wohl von selbst ein. Hier soll nur noch eine Anwendung angedeutet werden.
In neuester Zeit sind meteorologische Beobach- tungen jeder Art in so enormer Anzahl publizirt und in noch grösserer Menge angestellt w^orden, dass eine umfassende und tieiergehende Bearbeitung derselben ohne Anwendung ganz besonderer Hüllsmittel kaum mehr denkbar ist. Die Anwendung selbstregistrirender Instrumente, welche die Beobachtungen graphisch dar- stellen, wird auf den meteorologischen Stationen immer häufiger. Dass man das Planimeter anwenden kann, um aus solchen graphischen Darstellungen Mittelwerthe zu bestimmen, ist von verschiedenen Seiten bemerkt worden ') Diese Mittelwerthe sind aber nur eine dürf- tige Frucht der meteorologischen Beobachtungen, und diese müssen noch nach ganz andern Riehtungen hin combinirl werden. Ein wesentlicher Schritt, den man in diesem Sinne weiter ging, ist die Darstellung me- teorologischer Veränderungen durch periodische Reihen von der Form
f (t) = Ao -f Ai cos ft t + A2 cos 2 fi t +
+ Bi sin ^M t +- B2 sin 2 /ü t + . . . .
') Millel aus niimeriscli gof^ebeiicii Weillieii oder ;ius zerslieuten Krapliischea .Angaben (wie /. U, MiUei Tür den iiämliciieii Jahresliig) Uaiiu mau mit Hülfe einer selir einlach luonlirlen gcliieillen Laufrolle bcslinuneu.
JOS Amslers Integrator.
WO fi, A, B Coiislanten, t die Zeit bezeichnen. Die
Coelficienten A, B, lindet man diircii Rechnung^en,
deren Compiication rascii mit der Anzaiii der berück- sichlig^ten Glieder ziinimml. und man bei^niigt sieb da- her in der Hegel mit 5 bis 7 Gliedern. — Hieraus ent- springt aber der Uebelstand . dass einzelne Abwei- chungen einen sehr bedeutenden Einfluss auf den Werth der ersten Glieder ausüben . während bei weiter ge- hender Rechnung erst spätere Glieder davon berührt werden können. Diesem könnte man begegnen durch Anwendung eines Instrumentes, mit Hülfe dessen sich die bezeichneten Coeflicienten mechanisch aus den graphischen Darstellungen der periodischen Erschei- nungen ableiten lassen. Zugleich wäre damit die Mög- lichkeit gegeben, die analytische Behandlung in weit ausgedehnterem Masse anwenden zu können. Die Idee zu einem solchen Instrumente soll hier angegeben werden.
Sei y — f (t) die durch eine Reihe von der oben angeschriebenen Form zwischen t = — T und t = + T darzustellende Function, so besliunnen sich die Coeffi- cienten A und B bekanntlich durch die Formeln
A.. =-f ff(ljcos(A[A)dt A„ =21 jf(t)dt
B,. =~ 4fm sin (-'^Idt
Setzt man ft = -^, y= 2r sin « (wo r conslant sei), so wird
Amslers Integrator. |09
f(t) COS tifil =» 2r sin cc cos riftt
= r [sin (n/il -f- a) - sin (n,ut - a) ] f(t) sin njut = 2r sin « sin iijiit
= — r [cos (n,«t + a) - cos Cn/itt -a) ] folglich, wenn man zur Abkürzun«,^ setzt
JVIn =■ (sin (njut -h «) dt, 31'« = (sin (n^tt -a) dt
Nn = Icos (n^it + ß) dt, N'n -=• |cos(n/it-a)dt J-T J-T
so erhält man
A.. - 4 ( M„ - M n )
Ao =4^ Mo
Eine Vorrichtung zur Berechnung der Grössen M und N ist in Fig. 27 und Fig. 27« dargestellt, je- doch ohne alle Rücksicht auf die practische Ausfüh- rung; diese ist indessen mit keinen hesondern Schwie- rigkeiten verknüpft.
Fig. 27 zeigt das Instrument im Grundriss; Fig. 27a stellt einen vcrticalen Durchschnitt längs der Ge- raden CG dar.
Der Wagen VV, dessen Räder in einer geraden Nulh laufen , trägt den Lineal F' H , der durch die Laufrollen m m in einer zur Nulh senkrechten Stel- lung gehalten wird. Bei F' trägt der Lineal einen Fahrstift. C bezeichnet die 31itte einer verlicalen Axe, welche durch den Arm n mit dem Wagen W zusam- menhängt. Um diese Axe drehen sich 1) ein verli- caler Kegel K, 2) die unter dem Kegel liegende Rolle L und 3) der zwischen Kegel und Rolle hindurchge- hende Lineal a.
ftO Amslers Inlegrator.
Der Lineal a trägt die auf einer gemeinsamen Axe festsitzenden Rollen P und P'. Um das ausge- kerbte Basisende des Kegels und die Rolle P ist eine Schnur ohne Ende geschlungen: ebenso um die Rollen L und P'. Die Durchmesser der Kegelbasis und der Rolieji sind so gewählt, dass einer Umdrehung des Kegels zwei Umdrehungen der Rolle L entsprechen, wenn der Lineal a während der Drehung eine feste Richtung behält.
Dreht sich der Lineal a um einen Winkel « von rechts nach links, während der Kegel stehen bleibt, so dreht sich daher die Rolle um einen Winkel a von links nach rechts.
Mit der Rolle L sind die beiden auf der Zeich- nungsebene laufenden Rollen D und D' verbunden, deren Axen einen Winkel von 90o mit einander bilden.
Ein horizontaler, zur Nuth X' paralleler Lineal Q kann so gestellt werden , dass er in beliebiger Höhe den Kegel berührt. Wird der Wagen längs seiner Bahn geführt, so dreht sich der Kegel vermöge der Reibung gegen den Lineal 0 • s^lzt also mittelst der Schnur s die Rollen P und P' und dadurch die Rolle L in Drehung.
Sei t der Weg, den der Punkt C von einem be- liebigen Anfangspunkt 0 aus von links nach rechts zurückgelegt hat, so kann die von der Rolle L bei einer bestimmten Stellung des Lineals Q ausgeführte Drehung durch ^ t bezeichnet werden, wo ^ eine ge- wisse Constante bezeichnet. Die constante Entfer- nung der Kegelspitze vom Berührungspunkt des Li- neals i) sei hiebei = h, so ist klar, dass der Entfer- nung— unter sonst gleichen Umständen eine Drehung der Rolle L um den Winkel n/u^t entsprechen wird.
Amslers Integrator 1 1 1
Hiebei wurde anjjenommen, dass der Lineal a eine constante Richtiuifr behalte. Dreht er sich dagegen gieichzeiti": um einen Winkel a (von rechts nach links), so wird dadurch die Rolle L um einen oleichen W inkel im ent'i'egengesetzlen Sinne gedreht, so dass also die Gesammtdrehung'
llut + « ist.
Der Lineal a ist mit dem Arme b des Lineals F' H durch den Lineal F G verbunden mittelst verticaler Axen F und G. Die Dimensionen der einzelnen Theile sind so gewählt, dass
F G = G C und F C II F' H ist. Setzt man also C G = r, zl F GC = 2 «, F C = y so wird
y = 2r sin «
Wir nehmen nun die vom Funkte C durchlaufene Gerade X als Abscissenaxe imd irgend einen Punkt 0 auf derselben als Anfangspunkt an und setzen voraus^ der Apparat sei so eingestellt, dass die Axe der Rolle D parallel zu X sei, wenn C sich im Punkte 0 befin- det, und zugleich « = 0 ist. Alsdann ist klar, dass wenn die Axe F auf einen Punkt geführt wird, dessen Ordinale = y = 2r sin a und dessen Abscisse ^ t ist, dass dann die Rollenaxe mit der Geraden X einen Winkel (jx^i + a) bildet. Wird nun der Punkt F um ein Stück dt in der Richtung der Abscissenaxe und zugleich um ein Stück dy senkrecht dazu verschoben, so wickelt die Rolle D in Folge der ersten Bewegung enien Bogen ab = sin (n^üt + a) dt (vergleiche N° 5) ; und in Folge der zweiten Bewegung einen gewissen Bogen d s, welcher proportional mit der V^eränderung von a ist. Der ganze abgewickelte Bogen ist daher
il2 Amslers Integrator.
d u „ = sin (n /i t + a) d t 4- d s Beschreibt der Punkt F ein Curvenstück P Q , dessen Endabscissen — T und -t- T sind, und sei u der von der Rolle I) liiebei abgewickeile Bogen . so ist also
u„ = Isin n.ut =- «J dt -4- Ids
Das letzte Integral verschwindet offenbar , wenn die Endordinaten einander gleich sind. Am zweck- mässigsten ist es, diese Ordinalen RP' = SQ' = 2r zu machen (Fig. 28). Man bringe also den Punkt F auf den Punkt P' und nolire den Stand der Rolle D ; so- dann verfolge man die Ordinate P' R bis P und gehe von P längs der Curve nach Q über ; endlich führe man den Punkt F auf der Ordinale 8Q nach Q'. Dann ist
u„ = Isin (n fit + «) dt
Geht man mit dem Punkte F von Q' nach Q zu- rück, so aber, dass der Lineal F' G in die Lage Q G' kommt, und verfolgt dann die Curve Q? bis P , und von da an die Ordinate RP bis P' , so wickelt die Rolle D einen Bogen u' ab, der durch die Gleichung
u'„ == lsin(n|ttt — a) dt = — I sin (ufit — tt) dt
-T
ausgedrückt wird. Der ganze auf dem Hin- und Rück- weg abgewickelte Bogen, also u„ + u'„ werde durch U„ bezeichnet, so ist daher
Un = Isin (n/it -t- «) dt — jsin (n^t — a) dt
Amsler« Integrator. 113
Den von der Rolle D' gleichzeitig abgewickelten Bogen U'u findet man ebenso -=
U'.. «= — Icos (n.ut -h a) dt + Icos (n/xl — «) dt
Diese Werthe in die Ausdrücke für A und B eingesetzt geben
A, = -J^ Uo
Statt mit dem Punkte F kann man mit dem Punkte F' die Curve PQ verfolgen, da beide Punkte offen- bar congruente Curven beschreiben. — Ausserdem ist nicht nöthig, dass die Gerade X mit der Abscissenaxe der Curve zusammenfalle , sondern es genügt , dass sie derselben parallel ist. Einzig auf den Werth des Coefficienten A„ hat die Lage der Geraden X einen Einfluss. Sei nämlich q die Strecke , um welche der Fahrstift F' der Abscissenaxe näher liegt, als im Vor- angehenden vom Punkte F angenommen wurde, so ist der wahre Werth von A„ um Sr^ grösser, als ihn das Instrument unter Anwendung der angeschrie- benen Formel angiebt.
Endlich ist auch nicht nöthig, dass der Punkt 0 die Mitte der Geraden RS einnimmt; wenn nur iit="-^ ist. — Der Beweis dieser Behauptungen ergiebt sich leicht aus der Betrachtung der für die Grössen A und B angeschriebenen Integralausdrücke.
114 Amsicr, Oppikofers Planimeler.
Oppikofer's Plaiümeter.
Wie schon in der Einleitniig henierkt, gel)ührt das Ilauptverdienst nni die Eründun«^ der umschrei- benden Planimeler dem In»enieiir 0 p p ikofer aus Vn- tereppikon im Kanton Thurgau, indem die eioenlhiim- iiche Anwendung eines tiieils rollenden . liieils glei- tenden Laufrädchens von ihm ausg;ino-. Die von Me- chaniker Ernst in Paris am Oppikofer'schen Planimeler angebrachten Verbesserungen sind so unwesentlich, dass man denselben in Frankreich mit Unrecht den Ernst'schen Planimeler genannt hat. — Der Wet- li'sche, wie der Polarplanimeter und wohl alle Instru- mente ähnlicher Art, sind als nothwendige Fol2:en der Oppikofer'schen Erfindung zu bezeichnen.
Eine genaue Abbildung- und Beschreibung- dieses Pianimeters findet sich im Bulletin de la soc. (fencoura- gement vom Jahr 1841 , welche in Dinglcrs polyt. Journal Bd. 86 überging. Eine etwas hievon abweichende Skizze zeigt Fig. 16.
Die Rollen n n eines Wagens W laufen in einer geraden Nuth X. Die Stelle einer dritten Rolle ver- sieht das Basisende des Kegels K, der um seine Axe zwischen Spitzen drehbar ist. Die Kegelaxe liegt in einer zur Nuth senkrechten Verlicalebene und ist so geneigt, dass die obere Seite des Kegels horizontal liegt. Der Lineal HF wird durch Leitrollen in einer horizontalen und zur Richtung der Nuth senkrechten Stellung erhallen. Bei F trägt er einen Fahrslift, in der Mitte den Rahmen einer auf dem Kegel aufsitzenden Rolle D, deren Axe mit der Kegelaxe in der näm- lichen Verlicalebene liegt.
Ainsler. Oppikofers Planimeler. 115
Umschreibt der Stift F eine geschlossene Figur, so führt die Rolle D eine doppelte Bewegung aus, nämlich sie gleitet in der Richtung ihrer A\e wäh- rend einer Verschiebung des Lineals FIl, und dreht sich während einer Verschiebung des Wagens VV. Der ganze hiebei von der Rolle D abgewickelte Bogen ist dem Inhalt der umfahrnen Fläche proportional.
Der strenge Beweis dieses Satzes beruht auf fol- genden Voraussetzungen und Betrachtungen :
a) Wird der Fahrstift in einer zur Nuth X senk- rechten Richtung bewegt, so dreht sich die Rolle D nicht.
b) Befindet sich der Berührungspunkt des Kegels und der Rolle D um eine Längeneinheit von der Kegel- spitze entfernt, während der Wagen einen Weg von einer Längeneinheit durchläuft, so wickelt die Rolle D einen gewissen Bogen A ab. Beträgt jene Entfernung y Einheiten, so ist auch der abgewickelte Bogen y mal so gross, also = Ay. Einer Verschiebung des Wagens um h Einheiten wird unter denselben Umständen eine h fache Drehung der Rolle, also ein abgewickelter Bogen = Ayh entsprechen.
c) Wird der Wagen fortgeschoben, während die Rolle D die Kegelspitze berührt, so beschreibt der Fahrstift eine zur Nuth X parallele Gerade, welche wir als Abscissenaxe annehmen wollen. Wird der Fahrstift von dieser Linie um y entfernt, so entfernt sich der Berührungspunkt der Rolle gleichfalls um y von der Kegelspitze. Legt der Stift F einen We^ h parallel zur Abscissenaxe zurück, so durchläuft der Wagen eine gleiche Strecke. Ist im letztem Fall y die Entfernung des Fahrstifts von der Abscissenaxe, so wickelt (nach b) die Rolle den Bogen Ayh ab.
116 Ainsler, Oppikofert Plaiiimeter.
d) In Fig. 17 bezeichnen PR, P|Ri die Gränz- ordinaten eines beliebigen Bogens P Pi , dessen Or- dinalen von P nach Pi hin beständig zunehmen ; die Geraden PQi und P(J seien parallel der in c) be- zeichneten Abscissenaxe RRi. Durchläuft der Fahr- stift F nach der Reihe den Bogen PPi, die Geraden QPi und PQi, so ist im ersten Fall die Abwicklung der Rolle D kleiner als im zweiten, aber grösser als im dritten Fall.
e) Es seiPPn (Fig. 17) ein Bogen, dessen Ordi- nalen von P nach Pn hin beständig zunehmen. Man denke sich das von dem Bogen, seinen Endordinaten PR und P„R„ und der Abscissenaxe begränzte Flä- chenstiick durch die Ordinalen PiRj, P2R2 • • • in n Streifen von gleicher Breite h zerlegt. — Durch Vi,V2, . . . Vn bezeichne man die Bogen, welche die Rolle D abwickelt, während der Fahrstift successive die BogenstückePPi, P1P2, .... Pn-iPn durchläuft; durch u den ganzen abgewickelten Bogen
=-Vi-4-V2 4 . . . +v.,; ausserdem setze man
y„ =PR, yi = P,R,, . . . y» -P..R„ so ist, zufolge d)
Ayoh < Vi < Ayih Ayih < V2 < Ayoh
Ay„_ih < Vn < Ay„h woraus durch Addition folgt
^(yo'i + yjl» +.••-!- yii-iii)<u<^(yih+y8l»+.-. + ynh) (a) Bezeichnet J den Flächeninhalt der Figur PP„ R„R, so ist offenbar
yoh+yih + ... + yn-ih < J < yih + yzli +-. + y»l> (ß) Die beiden vorstehenden Summen unterscheiden
1
Anislfi . (>|i|»ik(>|t'r-. I'laiiinu'lci |J7
sich nur um ( y„ — y J li von einander. Dieser Un-
lerscliied wird al)er um so kleiner, je grösser n, also
je kleiner h anoenommen wird; i'iir unendlich g-rosses
ji geht daher jede der heiden Summen in das beständig
zwischen ihnen enthaltene .1 id)er. Also liegt (in
Gleichung«) die Grösse u zwischen zwei Ausdrücken,
deren jeder für unendlich grosses n in A.l übergeht:
Iblglich ist
u = A.I (y)
f) Eben dieses gilt, wenn die Ordinalen des Bo- gens PPn von P nach P„ hin bestandig a b- statt zu- nehmen, was auf ganz ähnliche Weise gezeigt wnrd.
g) Nimmt die Ordinale eines vom Fahrstift F durchlaufenen Bogens P P.; (Fig. 13) abwechselnd bald zu, bald ab, so gilt die Gleichung (y) gleichfalls noch ; man darf zum Bew^eise nur den Bogen in Stücke PP|. P|P2'. P2P?? ^?,^^i zerlegen, welche die ine) oder f) genuichten Voraussetzungen einzeln erfüllen.
h) Das nämliche Resultat findet man, wenn der Fahrstift einen Bogen in entgegengesetzter Richtung durchläuft; nur dreht sich dann die Rolle D gleich- falls im entgegengesetzten Sinne.
Diese Resultate können in folgenden Satz zu- sammengefasst werden :
„Der von der Rolle D abgew^ickelte Bogen u misst die von der Ordinate des Punktes F durchlaufene Fläche. Diese Fläche, so wie die entsprechende Ab- wicklung u, nimmt zu, wenn die Ordinate sich in der Richtung der positiven Abscissenaxe bewegt; im ent- gegengesetzten Falle nehmen beide Grössen ab."
Hieraus folgt aber sofort , dass man beim Um- fahren einer geschlossenen Cnrve die davon begränzle Fläche erhält.
11 Q
im Anislei . Welli's IMuiiiiuelcr.
Dieses Eiidresiillat behält auch dann nocli seine Gültigkeit, wenn die Axe des Keg^els K eine belie- hijfü Richtunii hat, und niciit in einer zu FH parallelen Verticalebene liegt. Nur müssen dann die Axen der Rolle D und des sie tragenden Rahmens parallel zur Kegelaxe sein. — In diesem Fall macht freilich, wenn der Lineal FH nach seiner Langenrichtung verschoben wird, die Rolle D nicht bloss eine gleitende, sondern auch eine drehende Bewegung ; aliein diese hebt sich beim Umfahren einer geschlossenen Figur auf.
Wetli's Planinictei*. 23.
Die erste Beschreibung und Theorie dieses Instru- mentes veröffentlichte Stampfer!). — Die von Han- sen angebrachten Abänderungen und Verbesserungen beschrieb Bauernf eind. 2)
Der einzig wesentliche und wichtige Unterschied zwischen Wetli's und Oppikofer's Planimeter besteht in der Vertauschung des Kegels K mit einer hori- zontalen Scheibe. In Fig. 19 ist die Einrichtung des Wetli'schen Instrumentes angedeutet.
In den geraden Nuthen einer horizontalen Fuss-
') SilzuDgsberichl derk. k. Akad. d. VVisseiisch.zu Wieov. 1850, abgedrucki io Dingler's polyt. Journal Bd. 116.
2) Zeilschrift des polyl. Vereins für Bayern von 1853; die Bauernfeind'sciie Abhandlung wurde besonders abgedruckt unter dem Tilel: l>ie Planimeter von Ernst, Welli und Hansen, 6: (]. München 1853.
Ainsler. Wclli'> l'laiiimctpr. 119
|)la(lo laufen die drei Hader ii eines Wagens, der eine liorizonlaie. leichl um ihre Ave drehbare Scheibe K tragt. Der Wagen wird mittelst des Lineals F II ge- ndirl, welcher durch vier Leitrollen in einer zur Rich- tung der Bahn senkrechten Stellung erhalten wird. Am einen Ende ist ein Fahrstift F angebracht. Längs des Lineals ist ein Metalldraht ausgespannt und um eine unterhalb der Scheibe K auf deren Axe sitzende Rolle L geschlungen. Auf der Scheibe liegt die Lauf- rolle D, deren Axe parallel zur VVagenbahn in einem horizontalen Rahmen spielt, welcher durch die Ständer bb mit der Fussplatte zusammenhängt. — Die Drehungs- axen der Scheibe K und der Rolle 1) treffen verlängert in einem Punkte zusammen.
Umschreibt der Fahrstift F eine geschlossene Fi- gur, so misst der von der Rolle 1) abgewickelte Rogen die umfahrne Fläche.
Der Reweis dieses Satzes beruht auf denselben Voraussetzungen und kann genau ebenso geführt wer- den, wie beim Oppikofer'schen Planimeter. Nämlich, wird der Stift F in der Richtung der Wagenbahn ge- lührt, so gleitet die Rolle 1) längs eines Durchmessers der Scheibe K, ohne dass eine Drehung stattfindet. Wird dagegen der Fahrstift in der Richtung des Li- neals FII verschoben, so dreht sich die Scheibe K, und vermöge der Reibung die auf ihr liegende Rolle D. (jesetzt, die Rolle D wickle den Bogen A ab, wenn F in der Richtung des Lineals um eine Strecke = 1 verschoben wird, während die Entfernung des Schei- benmitlelpunktes vom Reridn'ungspunkt der Rolle eben- falls = l ist; so wird olTenbar der abgewickelte Bogen = Ayh sein, Avenn F in der Richtung des Lineals eine Strecke h zurücklegt, während der Scheibenmittelpunkt
l
120 Amsler, Wetlis Planiiueter.
sich in der Entfernung y vom Beriihrunospunkl der Rolle befindet. — Hieran lassen sich g^enau dieselben Betrachtungen anschliessen , wie oben für das Oppi- kofer'sche Instrument, indem man als Abscissenaxe eine zum Lineal F 11 parallele Gerade annimmt, welche durch die Spitze des Fahrstifts hindurch geht, wenn die Rolle I) den Mittelpunkt der Scheibe K berührt. Der einzige Unterschied ist, dass y hier auch negativ werden kann.
Einzelne bei der Beschreibung des Instrumentes gemachte Voraussetzungen sind unwesentlich ( wie schon Stampfer bemerkte). Es darf nämlich
1) der Lineal FH einen schiefen Winkel mit der Richtung- der VVagenbahn bilden. Die Beweisführung bleibt die nämliche ; nur muss dieser schiefe Winkel als Coordinatenwinkel gewählt werden.
2) die Axe der Rolle D braucht nicht parallel mit der Bahnrichtung zu sein, und
3) die Scheibenaxe und Rollenaxe brauchen ver- längert sich nicht zu schneiden.
Um die beiden letzten Behauptungen zu beweisen, nehme man an, es sei in Figur 18 C der Scheiben- mittelpunkt, AD die Projection der Rollenaxe auf die Scheibe, D der Berührungspunkt der Laufrolle. A C bezeichne die Richtung der Wagenbahn, die mit A D den Constanten Winkel qp, mit der Geraden CD den veränderlichen Winkel t bilde. Ferner sei a der Bogen, den der Punkt D auf der Scheibe beschreibt, wenn dieselbe sich um einen Winkel a dreht, und v die entsprechende Abwicklung der Rolle.
Wie oben (in N° 4) nachgewiesen wurde, ist V == ftj sin (90- - t^) = a cos ilf
Amsler, VVetli's Plauimeler. 121
(da 90° — ^ der Winkel ist , den die Rollenaxe mit der Richtung der vom Berülirungspunkt auf der Scheibe durchlaufenen Bahn bildet). Es ist aber
w = cT) • ß also
u = « cT) cos i'
Kin in D auf AI) errichtetes Perpendikel treffe AC in B. die zu AD gezog^ene Parallele CE in E. so ist
(TT) • cos i/' = C E = (fB cos q) und daher
v= a . Cli cos qp Fiele die Projection der Rollenaxe mit der Ge- raden AB zusammen, und befände sich der Berüh- rungspunkt der Rolle in B, so würde sie einen Bogen
abwickein , während die Scheibe K sich um einen Winkel a dreht. Die Verbindung dieser Formel mit der vorangehenden giebt
V = u cos (p d. h. der Bogen , welcher bei der angenonmienen Stellung der Rolle D abgewickelt wird, unterscheidet sich von dem, welcher bei der normalen Stellung ab- gewickelt wird , nur durch den constanten Factor cos qp.
Stampfer und Bauernfeind scheinen übersehen zu haben, dass diese Bemerkung allein zum Beweis der in 2) und 3) bezeichneten Fälle nicht genügt. Denn oftenbar erfolgt hier eine Drehung der Laufrolle nicht bloss, wenn der Fahrstift sich in der Richtung des Lineals FII, sondern auch wenn er sich in der Rich- tung der Wagenbahn bewegt. Man erkennt aber
122 Amslfi, I)eclicr'> IMaiiiiucler.
leicht, (lass beim Unit'aliren einer ^ebcliloss cneu Figur die Suniine aller üreiiun<j;en der zweiten Art verschwindet.
Doehop's PlAnimoler. 24.
Prol'essor Üecher tiieille in Dinglers polyl. Jour- nal, Bd. 136 die Idee zu einem neuen Planimeler mit, deren practische Ausführung er aber noch nicht ver- sucht hatte. Die vorgeschlagene Einrichtung ist prin- cipiell richtig- 1), allein weit complicirter als die irgend eines Instrumentes dieser Art und ohne irgend einen practischen Vortheil. Namentlich ist die von dem Instru- ment zu erwartende Genauigkeit sehr klein, wie schon aus Folgendem hervorgeht: Die Ilaupltheile des Pia- nimeters bilden zwei auf einander wirkende Rollen, w^elche in derselben Weise spielen, wie die im Voran- gehenden durchgangig durch D bezeichneten Rollen; eine derselben , welche noch dazu auf polirtem Glas laufen soll, hat einen sehr bedeutenden Widerstand zu überwinden. Derjenige Theil also, dessen Spiel hei den bekannten Instrumenten die häufigsten Fehler erzeugt, und dessen Beseitigung am meisten zu wün- schen wäre, kommt hier doppelt und unter sehr un- günstigen Verhältnissen vor.
Wegen diesen practischen Rücksichten halte ich es für überflüssig , hier näher auf den Gegenstand einzugehen. — Es sei mir erlaubt anzuführen, dass
') Der in der augeführicn Abhandlung gegebene Kcwcis des Princips ist zwar an einer Stelle fehiorlialt.
Aiuslcr, Anforderungen .in einen Planiiucler. 12tt
ich schon vor etwa fünf Jahren die Zeichnung eines PJ^ninieters, welches auf dem nämh'chen Princip be- ruht, wie das Decher'sche , aber weit einfacher ein- gerichtet ist, einem Mechanilier zur Construction vor- legte, dass aber die Ausführung nach genauerer Ue- berlegung aus den genannten Gründen unterblieb.
licbor die Aiifordcrungoii , welchen ein praetisch braueiibarer Planimeter fi;enügen muss.
55.
In Praxi kommt es darauf an, die Inhalte gege- bener Flächen
1) mit einem bestimmten (irade von Genauigkeit,
2) mit dem geringsten Zeitaufwand,
B) mit möglichster Bequemlichkeit und ohne zu anstreng ende Aufmerksamkeit,
4) ohne kostbare Instrumente zu bestimmen. Je nach den Umstanden ist der eine oder andere dieser Punkte wichtiger. Sie sollen hier nach der Reihe erörtert werden.
Ueber die bei Flachenbestimmungen in der prak- tischen Geometrie festzustellenden Fehlergranzen, sowie über die durch verschiedene Methoden erreich- bare Genauigkeit herrschen selbst bei Fachmännern zuweilen etwas unbestimmte Vorstellungen , so dass es nicht überflüssig sein möchte, darüber einige all- uemeine Bemerkungen vorauszuschicken, bevor wir die Leistungen der Planimeter verijleichen.
Es kommen folgende Punkte in Betracht :
A) Welches ist die für irsend eine Untersuchung
124 Aiiittlei , Aiiiurdei'Uiigeii an einen l'laniineter.
in der Natur der Sache begründete Fehlergrän/.e, imd welche Norm ist in der Praxis festzuhalten?
B) Welches ist die unter Anwendung der ge- wöhnlichen Ilülfsmiltel, und
C) Welches die unter Anwendung der beschrie- benen Instrumente erreichbare (ienauigkeit?
Zu A. Eine möglichst genaue Flächenberechnung ist weitaus in den meisten Fallen mehn Sache der Ordnung als des practischen Nutzens: in der Regel ist nämlich der Flächeninhalt an und für sich nicht Zweck des Messens , sondern nur ein Factor einer gesuchten Grösse, deren übrige Faktoren nur in roher Annäherung zu ermitteln sind. — Beim Kataster z, B. dient die Flächenberechnung wesentlich nur als An- haltspunkt für die Werlhung der Grundstücke. AHein der Werth hängt zugleich von der Qualität, der Lage, dem Culturzustand etc. ab, alles Dinge, die sich nur sehr ungenau in Zahlen ausdrücken lassen. Selbst in den Ländern, wo man die O'i^htät am genausten in Betracht zieht, sind höchstens 32 Bonitätsklassen sta- tuirt; damit ist aber principiell zugegeben, dass die Bodenqualität und damit auch der Bodenwerth sich höchstens bis auf '/s? genau schätzen lasse, — In der That wird auch schwerlich Jemand entscheiden wol- len, ob ein Grundstück, was für 32 Frcs. verkauft wurde, nicht eigenthch 33 Frcs. werth gewesen wäre. Diese Unsicherheit wird noch dadurch vermehrt, dass die Beschafl'enheit eines scheinbar gleichartigen Ackers auf verschiedenen Stellen sehr ungleich sein kann.
Die genaue Feststellung des Preises für ein Grund- stück ist also blosse, durch verschiedenartige Zufäl- ligkeilen bedingte, Convenienz und die genaueste Ver-
Aiiisicr. Anrordcruiigcii an einen PInnimctcr. 125
messung kannte daher zu einer scharfen sachgemässen Werthiing' nicht dienen.
JNoch viel weniger wird es bei Werthung eines Bauplatzes mit Siciierheit und aus der Natur der Sache hervorgehend ermittelt werden können, ob ein Q\m- dratfuss z. B. 32 oder 83 Cts. werth ist, und insofern würde es auch genügen, die Ausdehnung des Platzes bis auf 3% genau zu kennen.
Dass also in den meisten Ländern eine grössere als die genannte Genauigkeit verlangt und die Fehler- gränze für Flächenbestimmungen auf 1 bis V3 Prozent festgesetzt wird , ist nicht eine aus der Natur der Sache, sondern aus der löblichen Rücksicht auf Ord- nung hervorgegangene, rechtlich conventionelle Be- stimmung ; wobei wohl die Erfahrung leitete, dass im Allgemeinen aus einer mit dem Messtisch aufgenom- menen Zeichnung der Flächeninhalt nicht viel genauer bestimmt werden kann.
Bei der Ausarbeitung von Strassen-, Eisenbahn- und Kanalbauprojecten bedarf man, um die Erdbewe- gung schätzen zu können, die Kenntniss einer grossen Anzahl von Flächen, namentlich der Querprofile. Aus den Querprofilen und ihren mittlem Abständen lässt sich nach dem üblichen Verfahren einmal nur ein an- genäherter Werth der auf- und abzutragenden Vo- lumina ableiten. Sodann kommt es aber für die Aus- führung eines Projectes nicht sowohl auf diese Vo- lumina, als vielmehr auf die Grösse der zu bewegenden Massen und auf die Mühe an, welche ihre Ausgrabung macht. Allein von einer Stelle zur andern können die Dichtigkeit des Materials, die Festigkeit etc. um viele Procente differiren, so dass auch hier eine ge- naue Flächenberechnung unnütz ist.
126 Ainsler, Antordoriiiigon an einen IManimeter.
Aoluilicli verhält es sich mit der Berechnung^ von Arheitsieistung^en , meteorologischen Daten etc. aus g raphischen Darslelhmgen .
Bei Berechnung von Maschinen- und Bauconstruc- tionen ist eine noch g;eringere Genauigkeit nöthig^, da immer eine mehrfaclie Sicherheit in Reciinung^ ge- bracht wird.
Es ist daher wohl keine Frage, dass wenn ein Pianimeter die umfahrnen Flächen bis auf 1/3 o/q genau misst , dasselbe für alle pr actischen Bedürfnisse ausreicht, und dass es daher verlorne Mühe ist, eine grössere Genauigkeit anzustreben.
Zu B. Jede Messung ist als fehlerhaft oder doch als unsicher anzusehen. Man hat zwischen dem a b- soluten und relativen Fehler zu unterscheiden. Der absolute Fehler ist der Unterschied zwischen dem wahren Werth einer Grösse und ihrem durch Messung gefundenen Betrag. Das Yerhältniss dieser Differenz zur gemessenen Grösse ist der relative Fehler. Wurde z. B. eine Strecke , deren wahre Länge 300Ü Fuss ist , = 3001,5 Fuss gefunden , so ist der absolute Fehler = 1,5 Fuss. der relative Fehler = 1,5 : 3000 =r)5f^- Das Mass der Genauigkeit ist der relative Fehler. Ebenso kann man zwischen absoluter und relativer Unsicherheit unterscheiden. Wir wol- len hierunter die äusserste Gränze verstehen, welche der absolute oder relative Fehler bei einer Messung nicht überschreiten kann. Ist man z. B. sicher, bei der Messung einer Linie von 2000 Fuss Länge keinen Fehler von 1 Fuss begangen zu haben, ohne indessen die einzelnen Zolle voriuirgon zu können, so ist die absolute Unsicherheil — I Fuss, die relative Unsicher- lieit = -T—-.
2(»0ü
XiDslei , Aiirordernngeii uii einen IMiiniiiicter ]07
Der FcJiler einer Messung, und ebenso ilirc Un- sicherheit, kann als aus zwei Theilen bestehend an- gesehen werden, deren einer der gemessenen Grösse proportional, der andere davon unabhängig- ist. — Sei z. B. a die wahre Höhe eines auf dem Papier ge- zeichneten Dreiecks, welche mittelst Zirkel und Mass- stab gemessen werden soll , m die Unsicherheit der Messung, so dass also dasMessungsergebniss zwischen (a 4- m) und (a — m) liegt, so kann man setzen
m = a a + ß wo ci und ß für alle unter den gleichen Umständen gemachte Messungen als constant anzusehen sind. Das erste Glied aa kann davon herridiren, dass die Grund- linie des Dreiecks nicht genau gerade, der angewen- dete Masstab nicht auf die richtige Masseinheit basirt ist etc. Das zweite Glied ß rührt von der Unvoll- kommenheit des Auges , von der Unsicherheit der Hand, von der Unbestinnntheit der Linien und Punkte, von der Breite der Theilstriche des Masstabes, von schlechter Bescliallenheit der Zirkelspitzen etc. her. Die relative Unsicherheit ist also
jm j^
a "' Ji
Sind die angewandten Instrumente von guter Be- schafieiiheit, so wird a sehr klein, und daher der re- lative Fehler nahezu umgekehrt proportional mit der (irösse der gemessenen Linie a sein.
Gesetzt nun , es bezeichnen a und a' die wahre Höhe und Grundlinie eines Dreiecks, m und ni' die absolute Unsicherheit der Messungen, so ist der wahre Inhalt des Dreiecks
J =^
t 2K Amslcr. Anrordcninofeii .111 einen l'lanimcter.
Der berechnete Inhalt liegt irgendwo zwischen
(a H- ni) (a' 4- m') , (a - m; (a' — m') ü • , 1
^^ — - und ~ -. Es ist aber, wenn
man das sehr kleine Glied ^^ vernachlässifft
(a^-m) (a'-j-m) aa' aa' / m in'
2 "= ~2~ + "2" ^ a "^ IT"
ra m'
a ' a
und ebenso
(a -rn) (a' — m')_ , i / f" 1 m'
J -J {■^ +
1 ' a ' aw
Die absolute Unsicherheit in der Bestimmung des
m I m' ^ a a'
Flächeninhalts ist daher =J { — + — ; und daher die
V a a' '
relative Unsicherheit =
m , m' a a'
d. h. sie ist gleich der Summe der relativen Unsicher- heiten bei Bestimmung von Höhe und Grundlinie.
Für die gewöhnlich bei Katastervermessungen an- gewendeten Instrumente und für gewöhnliche Arbeits- geschwindigkeit kann man setzen
« =0 ß = 0,l Millim. (wo der Werth für ß jedenfalls eher zu klein als zu gross angenommen wurde)
also m =m' =0,1 Millim. so dass die Unsicherheit bei der Flächenberechnung eines Dreiecks =
(-^ + A-) 0,1
^ a a' / ' ist, wo a und a' in Millimetern auszudrücken sind. Für a = 100, a' = 20 wird die Unsicherheit hienach
= (,4+ir) ^'* =0.006 =4-'/o circa.
Amsler, Aiirorderungoii an einen Planimclrr. |29
Für a = lü, a' = 5 wird dieselbe
(^ + 4) 0,1 = 0,03 = 30/0
Man sieht also , dass bei kleinen Dreiecken die Fehlergranze von '/s % sehr bald überschritten wird.
Polygone zerlegt man zur Berechnung in der Regel in Dreiecke , deren Inhalte man einzeln bestimmt. Seien di, 62, .... die Inhalte der ein Polygon bil- denden Dreiecke, nii, m2 ... die Unsicherheit der einzelnen Bestimmungen, so ist die relative Unsicher- heit für die Gesammtfläche
mi -f- '»2 -|- ■ • • • nf
dl + d2 -t- . . . d
wenn m und d Mittelwerthe zwischen den Grössen Uli, m2, . . . und di, d2 . . . bezeichnen; d. h. die relative Unsicherheit bei der Bestimmung der Gesammt- fläche ist eben so gross, als im Mittel die Unsicher- heit bei der Berechnung der einzelnen Dreiecke; die- selbe nimmt also nahezu proportional mit der Anzahl der Dreiecke zu, in welche man das Polygon zerlegt. Da übrigens in der Regel nicht alle Fehler mi , nii , . . . im selben Sinne begangen werden, so ist der wahr- scheinliche Fehler des Gesammtresultates kleiner, als die bei den einzelnen Dreiecksbestimmungen be- gangenen Fehler.
Die Unsicherheit wird etwas kleiner , wenn man die zu berechnende Figur nicht in Dreiecke, sondern durch Parallelen in Trapeze zerlegt, weil man hier für die gemessenen Parallelabstände eine Controlle in ihrer Summe hat. Nur muss man auf das Ziehen der Parallelen die gehörige Sorgfalt verwenden.
Krummlinig begränzte Figuren ersetzt man, ge- wöhnlich nach blosser Schätzung durch Polygone.
130 Aln^l(M', .\iir<)nlciiiii>;<>ii .\u citicn IMaitiiiieler.
welche iMsui Mach einem dieser heiden Verlahren he- htuulell. Die Grunze der Unsicherlieit ist aber hier, wegen der slallündenden Willkür nicht allgemein zu bezeichnen.
Weit bessere Resultate giebt die Anwendung der Simpson 's eben Regel. ') Bekanntlich ist dieselbe nur näberungsweise richtig; allein für die practische Anwendung und bei gehöriger Handhabung kann man sie als theoretisch g-enau, die danach erhaltenen Re- sultate als nur von Messungsfehlern behaftet ansehen. Bezeichnet man durch ß die Unsicherheit, welche bei
der Messung einer Strecke begangen wird, also durch
ß
-^ die Unsicherheit, welche bezüglich auf die Lage
jedes Endpunktes stattfindet . so kann die bei An- wendung der Simpson'schen Regel zu erwartende Un- sicherheit so ermittelt werden : Zeichnet man in und um die zu messende Fläche zwei Curven C und C, welche in der Entfernung ^ dem U?nfang parallel
') Die Simpsoirsche Rcpel kann aurh zur Berechnung iler ^l.i- lisclien Älornenle und Träi;heilsniomenle einer Fläche , und ullgeinein zur Herechnun" des Inlci^rals
/zdx=L anüewendet werden, wo z eine l)eliehi!ze Fuuclion von x l)e- zeiclinet , und das [niegrai auf ein heliebigcs Curvenstück Z auszudehnen ist. Zerlegl man nändich die Curve durch Ordinalen yo, yi, • . • y?,„ von gleichcra gegon.seiligen Ab- stand h in eine gerade Anzahl Stücke und bezeicinien /„ , Zi , ... Z2„, die den einzelnen Theilpunklen der Curve enl- sprecheu<len Werihe der Function Z, so kann man setzen
|.=A|Z„ + Z2.,. + 4cZi + /:, + ... +Z2„,-i) -h •2(/.2 + 4 +••. + Z2„,-!j) J Für Bestimmung des Flächeninhalts ist Z = y zunehmend, für Beslimmunc des statischen Moments =-^ , etc.
Auister, Anrurderuiigen an einen Planimetei. 131
laufen, so kann das fehlerhafte Messunosresullat den Inhalt einer der Ciirven C oder C oder irgend einer zwischen ihnen gezogenen Linie darstellen. Der Un- terschied zwischen der zu messenden und der von C und C' begranzten Fläche kann aber oll'enbar = + ^ gesetzt werden, wenn U den Umfang der gegebenen Fläche bezeichnet. Sei J der gesuchte Flächeninhalt, so ist daher die relative Unsicherheit
u ^ j
J ' 2
Zu C. Die mit einem Flanimeter erhaltenen Flä- cheninhalte sind mit einer Unsicherheit behaftet, welche doppelter Art ist. Der eine Theil entspringt aus der Beschafl'enheit des Instrumentes, der andere Theil aus der Manipulation desselben.
Die aus der Beschallenheit des Planimctcrs ent- springenden Fehler ridu'en entweder von falschen geo- metrischen Verhältnissen, oder von todtem Gang, oder von unrichtigem Spiel der Laufrolle her. Alle diese Fehlerquellen können aber in einem Grade beseitigt werden, welcher die wirklichen praktischen Bedürf- nisse weit übertriflt.
Am meisten Antheil an den Messungsfehlern hat das unrichtige Spiel der Laufrolle während ihrer glei- tenden Bewegung. Die daraus entspringende Unsicher- heit kann dem Wege proportional gesetzt werden, welchen die Rolle in der Richtung ihrer Axe durch- läuft. Die Grösse dieses Weges ist je nach der Auf- stellung des [nstrumentes verschieden, bei den altern Flanimetern ist er mindestens gleich dem doppellen kleinsten Durchmesser der zu messenden Figur. Beim Polarplanimeter ist er innner kleiner , wenn sich der Pol ausserhalb der zu messenden Fläche belindel.
13*2 Ainsler. Aiiroriloriiii;:ni an einen IManinicler.
BcKcichnel man durcli d einen »ewissen niiltiern Durchmesser der Fig"ur, diircli k einen Coenicient, der für eine bestimmte Laufrolle als constant anzunehmen ist, so kann die Unsicherheit der Masang^ahe der Rolle = Ad gesetzt werden. Sei u der von der Rolle ab- gewickelte den Inhalt der Figur messende Bogen, so
ist also die relative Unsicherheit = — . Der Inhalt der
u
Figur, also auch u, wächst wie das Quadrat von d, die Unsicherheit nimmt also proportional mit -r- ab. Allein u nimmt auch mit der angewendeten Ueber- setzung zu, ist daher um so grösser, je kleiner beim Wetli'schen Planimeter der Durchmesser der Rolle L und je länger beim Polarplanimeter die Entfernung CF ist. Die Unsicherheit ist daher auch diesen Dimen- sionen umgekehrt proportional (da der Zähler Ad nicht davon abhängt).
Bei VVetli's Planimeter kann die Uebersetzung ohne Unbequemlichkeit weiter getrieben werden, als beim Polarplanimeter; und in dieser Beziehung scheint mir Wetli's Instrument einen Vorzug vor dem mei- nigen zu besitzen, wo es sich um Erreichung der höchst möglichen Genauigkeit handelt , was indessen durch Versuche noch nicht ermittelt ist.
Was die aus der Manipulation der Instrumente entspringende Unsicherheit anbetrifft, so kann dieselbe für alle Planimeter als gleich angenommen und =
jj gesetzt werden, indem die grösste Abweichung des
gefundenen Inhalts vom wirklichen ein Flächenstreifen
ist, dessen Länge = dem Umfang der Figur, und dessen
Breite die grösste Abweichung des Fahrstifts von der
Contour der Fläche ist (vergl. das zu B Bemerkte).
AmsicT . Geiiaiii<,'keil doi Planimeluraii<;:aben. * ;{.'{
Es wurde oben naclioewieseii, dass l>€i Aiiweii- dimo von Zirkel und Masstal) die Unsiclierheit der Plächenbestimmuniren von Poly^ronen mit der Anzahl der Seiten zunimmt; bei der Anwendung der Piani- meter konunt dieser Umstand gar nicht in Betracht, wie aus dem Vorstehenden sich ergiebt. Je winkhger eine Figur ist, um so vortiieilhafter wird daher die Anwendung dieser Instrumente sein.
Vei'SHche über die Ci!en.auigkeit der Planimoferaiigaben.
•26.
üeber die mit Oppikofers Planimeler angestellten Versuche ist mir nichts Näheres bekannt. Dass die- selben nicht sehr gute Resultate gegeben haben mögen, scheint aus einer im Bulletin de la soc. d'encour. von 1841 enthaltenen Bemerkung hervorzugehen, wonach man sich genöthigt sah, den Metallkegel durch einen hölzernen zu ersetzen, welcher noch am besten ent- sprach. — Der todte Gang des mit der Laufrolle zu- sammenhängenden Zeigerwerkes betrug bei einem sol- chen von Ernst in Paris ausgeführten Instrumente, welches die Flächen in Hectaren angab, einen Are (wie der Verfertiger angiebt).
MiteinemWetli' sehen, von Chr. Starke in Wien angefertigten Planimeter stellte Stampfe r<) eine um- fassendere Versuchsreihe an. Bei Anwendung aller Sorgfalt in der Behandlung des Instrumentes betrug
') üinislers polyl. Jouinal, IM. IIG. •1. 10
134 Aiusler, (ienauigkcit der IMaiiiincteraii{;abcii.
im Mittel der relative Fehler einer Mes9un<> ;^— bis
^^ bei Flächen von 5 bis 7 Ouadratzoll. Die um- fahrnen Figuren waren in eine Metallplatte eing^edrehte Kreise. — Bei gezeichneten Figuren von circa 4V2 bis 11 Quadratzoll betrug der mittlere Fehler einer Messung circa -^^ bis j:^, wobei indessen eine ängst- liche Sorgfall beim Umfahren der Figuren absichtlich vermieden wurde. — Das untersuchte Instrument ge- nügt daher für praktische Zwecke bezüglich auf seine Genauigkeit vollkommen.
Hansen traf im Bau des Wetli'schen Planimeters einige Abänderungen , welche darauf abzielen , den todten Gang möglichst zu vermeiden und die im Vor- angehenden durch ß bezeichnete Unsicherheit klein zu machen.
Das Letztere erreichte er dadurch, dass er die Spitze des Fahrstiftes durch eine feine auf Glas ge- zeichnete Marke (einen kleinen Kreis) ersetzte, welche mit Hülfe einer Lupe längs der Umfangslinie geführt wird. Bauernfeind theilt in seiner oben genannten Abhandlung verschiedene Versuchsreihen mit, welche er mit einem Hansen'schen von Mechaniker Aus fei d in Gotha construirten Planimeter anstellte. — Bei gra- virten Figuren von 50 bis 656 Quadratlinien Inhalt, welche mit möglichster Sorgfalt umschrieben wurden, betrug der Fehler im Mittel aus 10 Messungen nur
^'•'^^ üöö ^'® Täööö" ^'® Dauer einer Beobachtung war im Mittel 1,2 bis 2,5 Minuten.
Was die Polar planimeter anbelangt, so wurde bis jetzt keines dieser Instrumente mit ganz beson- derer Sorgfalt construirt, so dass die grösstmögliche
Ainslor, <icnauigkcil ilor IMiininiotcrnnpniion \',\'^
Genaiilokeil dnmil hiilto erreicht werden können. Ein- mal feliiten hier die nötiiigen Hiilfsinitlel dazu; sodann aber schien es in practischer Hinsicht iibernüssi«» . Man
helraciitete die Instrumente als rerti<»-, sobald sie die
■j wirklich umfahrne Flache bis auf -j^^ genau angaben.
Dass aber eine bedeutend grössere Genauigkeit er- reichbar wäre, zeigt schon die Vergleichung des Po- larplanimeters mit dem Wetli'schen Planimeter, indem bei jenem mehrere Fehlerquellen gänzlich wegfallen, welche das letztere Instrument besitzt, wie z. B. die vielen Leitrollen, die horizontale Scheibe, der elasti- sche Draht, jede Art von Biegung durch Druck; es folgt aber auch aus der grossen üebereinstimmung, welche man bei wiederholten Messungen der nämlichen Figur erhält. — Die Beschaffenheit des Papiers, auf welchem die Rolle D läuft, übt einen ganz unmerk- lichen Einfluss auf ihr Spiel aus.
Ich glaube hier noch einige Bemerkungen übei- die für den Planimeter gewählte Einrichtung machen zu müssen, indem diese zum Theil mit seiner Ge- nauigkeit zusammenhängt. — Der leitende Gedanke bei der Gonstruction war, mit der ausreichenden Ge- nauigkeit die grösstmögliche Einfachheit, Solidität und Bequemlichkeit für den Gebrauch zu verbinden. Dem- nach wurde Alles vermieden, was das Instrument com- plicirt machen konnte, auch wenn dadurch gewisse Vortheile hätten erreicht werden können. So fehlen z. B. jede Art von Gorrectionsschrauben , da diese erfahrungsgemäss von den Practikern fast nie benutzl werden. Nöthig werdende Gorrectionen kann ein ein- sichtiger Practiker oder Mechaniker ohne dieselben anbrinüen. Ferner wurde jede Art von llebersetzung
136 Aiii»lei , Zeilersparniss tioi .Vii>^(Miclun^ der IMuiiitueter.
vermieden , denn es schien fienüg-end , noch solche Grössen an der Theihing^ der Rolle D ablesen zu kön- nen, welche in der Zeichnung wirklich darg^estellt und daraus entnommen werden können. - Endlich wurde der Hansenschen Marke mit Lupe ein einfacher Fahrstift für den gewöhnlichen Gebrauch vorgezogen, wiewohl jene Einrichtung grössere Genauigkeit gewährt. Denn einmal arbeitet man mit dem Fahrstift rascher , weil man dabei sich sehr bequem eines geraden oder Curvenlineals bedienen kann , um die Umfange der Figur zu ver- folgen ; sodann gewährt er den Vortheil, dass das Auge weniger anhaltend angespannt wird: endlich aber wurde angenommen , dass man mit der Spitze des Fahrstiftes die Linien ebenso genau verfolgen könne als mit der Reissfeder, womit sie gezogen wurden. — üebrigens iiesse sich die Hansen'sche Einrichtung für das Polar- planimeter auch so abändern, dass sie mit dem Lineal gebraucht werden könnte.
Zeitersparniss bei Anwendung der Planimeter.
27.
Was die mit den Planimetern zu erzielende Zeit- ersparniss betrifft, so ist der Unterschied für die verschiedenen Systeme nicht sehr gross. Nur arbeitet man bei Figuren, deren Umfange grösstentheils ge- rade sind , mit dem Fahrstifl rascher , als mit der Hansen'schen Marke.
Bauern feind, in der öfter genannten Abhand- lung, theilt eine sehr interessante Versuchsreihe mit, welche zeigt, dass die Zeitersparniss sehr bedeutend ist. Er Hess zwölf zusammenhängende , theils gerad-
Aiuslcr, Zeitersparnis« hei .\hwon(luii<; der Plaiiinieter. 137
lini^, theils krummlinitr beg^ränzte Parcellen eines Ka- tasterplaiis , sowie deren Gesammtfläche auf g^ewöhn- liciie Art und sodann mittelst eines Pianiineters zwei- mal berechnen. Die einzelnen Parcellen wurden zu- sammen in 4 Std. SB Min. berechnet; der Apparat o-ab die Fläche in 20 Min. Die Gesammtfläche wurde in 2 Std. 40 Min. berechnet, in 3 Min. durch den Planimeter bestimmt. Die Summe aller berechneten Parcellenflächen wich von der berechneten Gesammt- lläche um jr^t ab; die Summe der durch den Plani- meter bestimmten Massang^aben wich von dem durch Umfahren der Gesammtfläche erhaltenen Resultat nur um circa .-^^^ ab. - Es muss übrigens bemerkt werden, dass diese Resultate zum Theil auch desshalb so ausser- ordentlich günstig" für den Planimeter sprechen, weil die Umfangslinien der gemessenen Figuren, nament- lich des ganzen Complexes, sehr viele krumme Par- tien enthalten. Wo man es meist mit geradlinig bo- üränzten Figuren zu thun hat, ist der Unterschied weniger auffallend.
Das Poiarplanimeter hat bezüglich auf Zeit- ersparniss einige Vortheile vor den übrigen Plani- nietern voraus :
1) Es können grössere Figuren ohne vorgängii>e Zerlegung damit gemessen werden.
2) Das nämliche Instrument kann für verschiedene Landesmasse und auf verschiedene Massstäbe einge- stellt werden , wodurch manchmal Reductionsrech- nungen erspart oder vereinfacht werden. — Der Re- sitzer eines solchen Instrumentes kann sich übrigens dasselbe ohne Reihülle eines Mechanikers selber leicht für Jedes beliebige Mass einrichten.
138 AiDüler, llaiitlhabuit^ da-» l'oluiplaniiiielers-
3) In mehreren Landern l)eobaclitet man bei An- fertigung von Katasterplanen das Verlahren, dass man die Planhiältor, bevor sie von) Messliscii abyelosl werden, durch leine Linien in (^)iiadrale von bestimmler Seilenlange eintheilt. Gewöhnlich benutzt man dieses Liniennetz nur , um daraus bei der Verifikation etc. erkennen zu können , ob und um wie viel das Papier sich durch Finfluss der Feuchtigkeit verzogen hat. Hansen machte darauf aufmerksam , dass man die (Quadrate anwenden kann . um mit Hülfe eines Plani- meters sehr leicht den wahren Inhalt der dur(;h die verzogenen Figuren dargestellten Flachen zu erhal- ten. Hiezu ist es nöthig. einen Heductionsfactor zu berechnen und anzubringen . was bei Anwendung des Polarplanimeters ganz vermieden werden kann. Nämlich, nüsst man mit demselben ein solches Quadrat (oder mehrere zusammen), und zeigt sich eine Ab- weichung von dem anfänglichen iXormalinhalt, so darf man nur den Stab A um ein angemessenes kleines Stück in seiner Hülse verschieben . um sodann die Inhalte der Figuren in der i\ähe des untersuchten Ouadrates ohne Reduction richtig zu erhalten. Würde z. B. das Quadrat mn j^ zu gross gefunden, so darf
man nur die